Das Erbe Der Loge: Roman
hatte meine Mutter nie darüber gesprochen? War ich jetzt verpflichtet, hinter unserem enteigneten Besitz herzujagen? Wie sollte ich das anstellen?
Konnten mir die Kopien der Zeitungen und Kladden im Kofferraum dabei helfen? Oder waren es die vernichteten Informationen auf den Mikrofilmen, die mir genau dazu fehlen würden?
Fragen über Fragen, aber keine Antwort.
21
Das Handy riss mich aus meinen wirren Betrachtungen.
»Ich fasse es nicht. Das Ding geht ja mal bei Ihnen«, tönte Kögel.
»Wo stecken Sie? Ich brauche Sie in einer dringenden Angelegenheit. Können wir uns in einer halben Stunde vor Ihrem Haus treffen?« Dann drückte er das Gespräch weg, ohne auf eine Reaktion von mir zu warten.
»Was Wichtiges?« Hannah streichelte meine Nackenhaare. »Ich hoffe doch, dass wir beiden heute ein Familienfest feiern. Es gibt so viel zu erzählen.«
»Später vielleicht. Ich muss das alles noch verdauen«, versuchte ich mich aus der Einladung zu mogeln. Mir war einfach nicht danach, plötzlich in Familie machen zu müssen, die ich bisher nur in Form einer Botschafterin kennen gelernt hatte, die mit allen Wassern gewaschen zu sein schien. Und eines Auftragskillers. Und eines Redaktionshackers, wenn man Sam noch hinzuzählte.
»Schade«, schmollte Hannah. »Aber morgen Abend bist du fällig, und komm ja nicht auf die Idee, dich zu drücken. Ich schicke dir Joshuas gesamte Truppe auf den Hals.«
Die Drohung hatte ich heute doch schon einmal von Odilo gehört. Nur konnte ich mir vorstellen, dass drei Dutzend Pförtner in Unterhosen gegen drei nackte Leute aus Joshuas Gefolge nur lächerlich wirkten, und bestätigte brav den Termin.
Ich hatte schon befürchtet, dass Kögel mir hämisch grinsend aus dem BMW helfen und seine blöden Sprüche loslassen würde. Aber er hatte sich in den Hausgang zurückgezogen und unterhielt sich angeregt mit meinem speziellen Freund, dem Hausmeister.
»Wird das jetzt zum Dauerzustand?«, empfing er mich.
»Was?«
»Dass Sie unter dem Protektorat des Mossad stehen. Oder bereiten Sie bereits die Hochzeit vor?«
Er schob mich aus dem Haus und schaute sich nach dem BMW um, der gerade in einer Seitenstraße verschwand.
»Kommen Sie«, drängte er mich in einen Kleinwagen, der schlecht geparkt und halb auf dem Bordstein stehend zwischen die Wagen der Anwohner gequetscht war. »Ich brauche Ihre Hilfe. Dabei kann ich diese Jud... - Israelis nicht gebrauchen.«
»Was, zum Teufel, soll das noch? Ich bin müde und habe heute die Schnauze voll«, nörgelte ich.
»Ich habe Sam, oder besser, er hat mich. Er will aber nur mit Ihnen reden«, presste Kögel hervor und schlug eine Richtung ein, die mir bekannt vorkam.
»Warum verhaften Sie ihn nicht einfach?« Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Die Informationsflut des heutigen Tages begann mich zu ermüden und mir zugleich auf den Geist zu gehen.
Langsam musste ich mir eingestehen, dass mir das alles nichts mehr nutzen würde. Ende der Fahnenstange. Aus und vorbei, wenn ich es nicht schaffte, noch irgendeinen Verlag zu finden, der sich für einen von allen Seiten demontierten Journalisten interessierte. Und dazu fiel mir im Kölner Blätterwald keiner ein.
»Ich kann einen Israeli nicht verhaften«, murmelte Kögel. »Ich kann ihm nichts nachweisen, was gegen unsere Gesetze verstößt, außer dass es verboten ist, Steine auf ein Grab zu werfen. Und ob das zu einer Ausweisung führt, bezweifle ich.«
»Verstehe. Deshalb hat er Sie«, gähnte ich und versuchte mir vorzustellen, dass Susanne jetzt vielleicht mit einem Abendessen auf mich wartete. Mein Golf hatte lang genug auf dem Supermarktparkplatz gestanden. Ich schob den Gedanken beiseite und ersetzte den Traum durch ein Bett und ein Fass schäumendes Bier.
»Sam hat um Schutzhaft oder politisches Asyl gebeten.«
Jetzt gingen meine Träumereien aber zu weit, und ich riss die Augen auf.
»Wie bitte?«
»Sie haben richtig gehört«, lächelte Kögel gequält. »Ich habe einen Entscheidungsnotstand. Das würde politische Kreise ohne Ende ziehen. Ein Israeli bittet um politisches Asyl in Deutschland. Das hat es noch nie gegeben.«
Schlagartig fiel die Müdigkeit von mir ab und machte dem Jagdinstinkt eines alternden Trüffelschweins Platz.
Wenn diese Information stimmte, dann musste ich sie als Erster mit Leben füllen. Als Veröffentlichungsorgan bot sich für solch eine Meldung eine Presseagentur an; die zahlten ohnehin besser als der eigene Verlag.
»Und was hat er
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