Das Erbe Der Loge: Roman
musste man über eine Menge Devisen verfügen, denn die Deutsche Mark war noch nicht eingeführt und die Entnazifizierung noch nicht abgeschlossen.«
Darüber hatte ich mir allerdings noch keine Gedanken gemacht.
Ehemals selbstständige Regionalzeitungen waren während der Nazizeit »gleichgeschaltet« worden, und es bedurfte nach dem Krieg eines langwierigen Genehmigungsverfahrens, um wieder als selbstständiger Verleger eine Lizenz zu erhalten. Manche Verleger heute überregionaler Blätter hatten bei der Erlangung dieser Lizenz mehr Geschick bewiesen, andere weniger oder hatten sie aufgrund ihrer Vergangenheit nicht mehr erhalten.
»Sie meinen ...?«, versuchte ich einen aufkeimenden Gedanken in Worte zu fassen.
»Ich meine nicht, ich weiß«, schmunzelte Joshua, »dass Ihr Senior-Verleger Junke ein nichtjüdisches Mitglied der Loge war.«
»Und Sam sollte als euer Agent herausfinden, woher das Geld kam?«, tastete ich mich vorsichtig an den Hintergrund dieser beängstigenden Information.
Das bedeutete, dass ich unwissentlich meinem Chef zu nahe gekommen und meine Chance, in diesem Verlag jemals wieder Fuß zu fassen, gleich null war.
»Nicht nur das ...«, murmelte der kauende Riese und bog von der Autobahn Richtung Flughafen ab. »Sam hatte auch die Aufgabe, sich intern in die Kommunikationsleitungen einzuschalten, um die Art der Verbindungen eures Junior-Chefs Dr. Junke zu diesem Goldrausch zu prüfen.«
Mein Verleger und Goldrausch?
Diese Möglichkeit löste in mir eine Kettenreaktion von Gedanken aus, die in einer waghalsigen Vermutung mündete:
Die Stiftung und die Loge waren ein und dasselbe.
Joshua hatte nur beiläufig bei seinem Einbruch bei mir bemerkt, dass die Chesed nie aufgehört hatte zu bestehen.
Eine Hypothese jagte nun die andere. Hannah suchte verschollenes Vermögen der Logenmitglieder und Joshua die Drahtzieher, die sich über Jahrzehnte daran bereichert hatten. Waren diese ausfindig gemacht und zahlten nicht, dann wurden sie raffiniert aus dem Leben gezogen.
Aber was hatten Goldrausch, die Hinweiskarten auf seinen Namen und der Kasten damit zu tun?
»Sie muss ja nicht alles wissen.« Joshua klappte das Display ein, auf dem ich gerade noch erkennen konnte, dass sich der Golf auf dem Weg nach Köln befand.
Hannahs Mimik verhieß nichts Gutes. Demonstrativ deutete sie auf ihre Uhr, als der BMW an der Bordsteigkante ausrollte.
»Habe ich mir schon gedacht, dass bei zwei Männern einer zu viel ist, um sich an abgemachte Zeiten zu halten«, fauchte sie Joshua an, der keine Anstalten machte auszusteigen und nur grinste. »Du weißt genau, dass ich Unpünktlichkeit hasse. Kann mir mal jemand von euch Bauern mit dem Gepäck helfen?«
Da Joshua sich nicht rührte, stieg ich aus und griff mir die zwei Koffer, um sie gleich wieder abzusetzen.
»Himmel. Wie viel hundert Kilo Diamanten hast du da drin?«, stöhnte ich und wuchtete jetzt jeden einzeln in den Kofferraum.
»Keine Diamanten«, lächelte sie flüchtig und stieg hinten ein. »Das sind die Kopien der Unterlagen, die ich mitgenommen habe. Sie stehen zu deiner Verfügung. Mach damit, was du für richtig hältst, aber vernichte sie nicht. Du wirst sie noch brauchen.«
Ihr Feuerzeug klickte, und bald waberten die Rauchschwaden durch den Wagen.
Sie war blass und ungeschminkt, sah müde aus und spielte nervös mit ihrer Halskette. Ihre gewohnte Souveränität war der Unruhe der Tigerin kurz vor dem Sprung gewichen.
»Joshua, hör auf zu schlafen«, murrte sie, »fahr endlich zum Schloss. Wir haben genug zusammen, um diesem Goldrausch die Hölle heißzumachen.«
Joshua nahm seine Pranken vom Lenkrad, legte sie auf die Oberschenkel und sah mich an. »Wollen Sie jetzt endlich erzählen, was Sie mit dem Senator besprochen haben?«
»Falle. Dies ist eine Falle«, schrie alles in mir.
Die beiden haben sich telefonisch abgesprochen, um dich auszuquetschen, und du Rindvieh lässt dich auch noch durch einen simplen Trick mit einem Sender an deinem Golf direkt in ihre Hände locken.
Wie zur Bestätigung öffnete Joshua das Display wieder und suchte den Ausschnitt auf dem Stadtplan.
Susanne schien zu Hause zu sein. Der weiße Punkt bewegte sich nicht mehr und war nur zwei Blocks von meiner Wohnung entfernt.
»Wir hören.« Der Riese verlieh seinen Worten mit einem gefährlich gepressten Unterton Nachdruck, und Hannah stieß lautstark eine Qualmwolke von sich.
»Senator Goldrausch ist tot. In meinen Armen gestorben. Und irgendjemand
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