Das Erbe Der Loge: Roman
löschte im Vorbeigehen die gesamte Beleuchtung des Gebetsraumes.
Wir folgten dem Weg, den ich schon einmal mit Hannah und Joshua gegangen war, und fanden uns in der Küche wieder.
Er bedeutete mir, Platz zu nehmen, und beeilte sich, zwei Bier und belegte Brötchen aus dem Kühlschrank zu zaubern.
»Wissen Sie, das alles regt mich so auf, dass ich alleine nichts hinunterbekomme. Daher bin ich froh, dass Sie da sind. Dieser Kommissar war mir nicht geheuer.«
Es folgten noch eine Platte mit Brötchen und einige Bierchen, bis sich bei uns die Anspannung löste.
»Wo ist der junge Mann jetzt?«, fragte ich und fegte die Brösel mit der Handkante vom Tisch.
»In meinem Büro und macht sich nützlich. Unser Computer spinnt, und er meint, dass er das wieder hinbekommt.«
Der Rabbi war ein vertrauensseliger Mensch, einen Mann wie Sam, der vor keinem Passwort Halt machte, unbeaufsichtigt mit seinen Daten allein zu lassen. Aber ich sagte nichts.
Mich interessierte etwas ganz anderes. »Was hat Sie bewogen, mich mit dem Senator zusammenzubringen? Gibt es eine Verbindung, die ich kennen sollte?«
Der Rabbi nickte und konzentrierte sich kurz. »Die Familie Goldrausch war schon immer ein Gönner der Kölner Synagogengemeinschaft. Vor dem Krieg war es der Senior, der auf unserem Friedhof beigesetzt ist, nach dem Krieg sein jüngerer Bruder. Bis vor wenigen Jahren ließ es sich der Senator nicht nehmen, regelmäßig am Schabbat hier zu beten. Dann verließ ihn langsam seine Gesundheit, und er glich seine Abwesenheit durch großzügige Spenden aus, wofür wir ihm ewig dankbar sein werden.
Warum ich Sie mit ihm zusammenbringe, hat mit diesem Buch zu tun, das mir Frau Motzkin und kurz darauf Sie mit dem gleichen Exemplar gezeigt haben.«
Er holte uns noch zwei Flaschen. Der Mann wurde mir langsam sympathisch in seiner warmen Offenherzigkeit, die nichts von einer Art Selbstdarstellung erkennen ließ.
»Wissen Sie, bei dem Buch hat mich etwas irritiert. Ich habe den Eindruck, dass diese Bücher nur gedruckt worden sind, um etwas zu verheimlichen. Denn die Texte aus der Thora sind so aus dem Zusammenhang gerissen, dass sich jeder Schriftgelehrte die Haare raufen würde, wie man eine biblische Botschaft derart verstümmeln kann.«
»Was meinen Sie mit › verstümmeln‹?«, horchte ich auf. Waren es nicht nur die Mikropunkte, die nach Odilos Prüfung erst nach dem Krieg angebracht worden sein konnten und in meinem Buch, das ich dem Verleger entwendet hatte, offensichtlich fehlten?
»Wissen Sie, ich habe mir das, nachdem Sie fort waren, überlegt. Es war schon eine geniale Idee, die Identität der Logenbrüder hinter diakritischen Zeichen zu verstecken, in einer Schrift, die ein Unkundiger ohnehin nicht entziffern konnte. Also konnten die Textfragmente auch nicht zufällig gewählt worden sein. Sonst hätte es gereicht, irgendein fortlaufendes Kapitel aus der Thora oder einem anderen Buch des Tanach - des Alten Testaments, wie Sie sagen würden - zu nehmen. Da hätte man ausreichend Markierungen einbauen können. Nein, es muss eine Übereinstimmung zwischen den Texten und der Stelle geben, an der die Umlaute platziert sind. Daher habe ich Sie mit Senator Goldrausch zusammengebracht. Denn ich erinnerte mich, dass er diese Art von Buch einmal erwähnte und sagte, dass darin das ganze Vermögen der Loge stecke.«
»Zusammengebracht? Sie haben vorher mit ihm gesprochen?«
Der Rabbi machte ein Gesicht, als hätte ich die dümmste Frage der Welt gestellt.
»Natürlich. Ich konnte Ihnen doch ohne seine Genehmigung nicht seine Adresse geben. Da habe ich ihn angerufen und erzählt, dass mir zwei Bücher vorgelegt worden waren, die auf die Loge hinweisen, und er hat sofort zugestimmt, dass man Sie vorlässt.«
»... ich hatte Sie schon früher erwartet...« Diesem Ausspruch des Senators hatte ich keine Bedeutung beigemessen.
Irgendwie musste Joshua vorher von meiner Ankunft im Schloss informiert worden sein. Aber wie? Der Rabbi war es sicher nicht. So weit reichten meine verrohten Menschenkenntnisse noch, dass er eine grundehrliche Natur hatte und anscheinend noch nicht einmal vom Tod des Senators wusste.
Ich schob den Gedanken für später auf, denn die Lösung dieser Frage brachte mich momentan keinen Schritt weiter.
»Kann ich jetzt bitte mit Sam sprechen?«
Der Rabbi schaute auf seine Uhr.
»Ja, natürlich. Der junge Mann müsste das Problem jetzt gelöst haben. Aber bitte, wenn es möglich ist... verstehen Sie mich
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