Das Erbe Der Loge: Roman
als Grund angegeben?«, drängte ich Kögel, der mal mit der linken, mal mit der rechten Hand versuchte, während der Fahrt sein Feuerzeug in den Jackentaschen zu suchen.
Ich drückte den Zigarettenanzünder neben dem Aschenbecher und reichte ihn ihm.
»Ich hatte mir überlegt, wie ich mit Sam ins Gespräch kommen könnte«, begann er die Sache spannend zu machen. »Vorzuwerfen hatte ich ihm ja nichts. Also konnte ich auch nicht so einfach in den Verlag latschen und ihn befragen, und zu Hause scheint er selten zu sein. Hat wohl irgendwo eine Freundin. Dann habe ich ihn spätabends nach Dienstschluss abgepasst. Anfangs war er misstrauisch, wegen der Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung oder so. Erst als ich ihm versicherte, dass mich das als Mordkommission nicht interessiert, sprudelte er plötzlich los. Er sei in Lebensgefahr und ich solle ihn in Schutzhaft nehmen ...«
»Ja, und ...?«, versuchte ich seine Denkpause zu verkürzen.
»Er faselte etwas von einer Stiftung ...« Pause.
Stiftung? Bei mir gingen die Alarmglocken an. Die Verbindung des Senators zum Verleger, wie Joshua unbedacht erklärt hatte?
»Weiter«, drängte ich, aber Kögel schob nur das Zigarillo von einem Mundwinkel in den anderen und konzentrierte sich auf den Verkehr.
Was war denn heute mit ihm los? Er war doch sonst so gesprächig und schnell mit Erklärungen bei der Hand, auch wenn sie sich größtenteils auf Vermutungen stützten.
Der Wagen hielt vor der Synagoge, ohne dass Kögel ein weiteres Wort gesprochen oder meine Fragen mit einer körperlichen Reaktion als »empfangen« bestätigt hatte.
»Da drin ist er. Mir fiel nichts Besseres ein.« Er deutete auf das Gebäude. »Sagen Sie ihm, dass er mehr erzählen muss, bevor ich ihn wirksam schützen kann, oder er soll sich an seine Botschaft wenden. Was mir überhaupt die beste Möglichkeit zu sein scheint, bevor sich hier die Geheimdienste in die Wolle kriegen. Ich bin zu alt, um mich noch auf politische Spielchen einzulassen.«
Er drückte mir einen Zettel in die Hand, auf den er drei Telefonnummern gekritzelt hatte.
»Was ist das?«
»Wenn es Probleme geben sollte, dann rufen Sie die an. Eine davon wird schon zu erreichen sein. Geht Ihr Handy mal für eine Weile?«
Ich prüfte den Ladezustand des Gerätes. Der Akku war noch voll.
Er nickte zufrieden und löste meinen Sicherheitsgurt, der surrend in die Halterung zurücksprang.
»Viel Glück. Passen Sie auf sich auf. Ich habe keine Lust, Steinchen auf Ihr Grab zu legen.«
Während ich auf die Synagoge zuging, versuchte ich krampfhaft zwischen meinem knurrenden Magen, einem durstigen Gaumen und dem müden Körper zu vermitteln, bloß nicht schlapp zu machen und meinem Gehirn noch die letzten Reserven zur Verfügung zu stellen.
Irgendetwas war in den letzten zwei Tagen geschehen, das ich übersehen hatte. Aber was?
Schritt für Schritt ging ich noch einmal alles durch. Aber es waren einfach zu viele Informationen, die hinten und vorne nicht zusammenpassen wollten.
Das Schloss, der Senator, die Stiftung, der kontaminierte Kasten, Odilo. Ein Schreiben meiner Mutter, das mich plötzlich einen Erzeuger haben ließ, einen Kögel, der überraschend die Lust am Jagen verloren hatte, und nun einen Sam, der auf meinen Verleger angesetzt worden war und jetzt vor einer Stiftung auf der Flucht zu sein schien.
Mich fror, und ich bedauerte es das erste Mal in meinem Leben, keine Waffe zu besitzen, verscheuchte den Gedanken aber gleich wieder.
Als ich den Umgang damit hätte lernen können, fand ich es wie viele meiner Studienkollegen schicker, den Wehrdienst zu verweigern und in den Sozialdienst zu gehen. Da konnte man sich bei einem Joint und einer Flasche billigen Fusel so richtig gegen das Establishment auflehnen und die Welt verbessern.
Aber nichts hatte sich geändert, als wir nach dem Studium um einen Job hechelten und lernen mussten, dass immer noch das Kapital zeigte, wo es langging. Und wir hatten uns angepasst.
»Du hättest doch den Umgang mit einer Waffe lernen sollen«, murmelte ich in mich hinein und probierte, ob die Synagogentür verschlossen war.
Sie ließ sich öffnen, und ich fühlte eine Hand, die mich in den fast finsteren Gebetsraum zog und die Tür hinter mir verschloss.
»Endlich sind Sie da. Kommen Sie. Der junge Mann wartet. Ich habe es geahnt, dass es mit dieser Konstellation Schwierigkeiten geben wird. Sie haben sicher Hunger und Durst.«
Der Rabbi eilte mit weit ausgreifenden Schritten voran und
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