Das Erbe der Pandora
gehabt habe.«
Evan kniff die Augen zusammen und sah
Iris eindringlich an, so als versuchte er, sich etwas vorzustellen. »Ein
Zigarillo. Ja, ganz genau. Wäre ein nettes Gegenstück zu Ihrem
Mädchen-von-nebenan-Look.« Sein Grübchen vertiefte sich, als er sie anlächelte.
Du Mistkerl, dachte Iris. Flirtest mit
deiner Chefin? Du bist wirklich ein unverschämtes Schwein. Sie ignorierte seine
Bemerkung und seinen Blick und betrat den Fahrstuhl. Er war leer. Sie drückte
auf die Taste für die Eingangshalle.
»Was ist mit mir, Evan? Welche Art von
Zigarre würde zu meinem typisch amerikanischen Mädchen-von-nebenan-Look
passen?« fragte Liz mit einem Zwinkern in den Augen, während sie sich in die
hintere Ecke des Fahrstuhls stellte. Mit ihrem Haarschopf aus dunklen wirren
Locken, den der Mode vorauseilenden Klamotten, ihrem auffälligen Make-up und
dem riesigen Busen trotz ihrer großen, streichholzdünnen Statur war sie alles
andere als das Mädchen von nebenan, und das wußte sie. Liz’ selbstkritischer
Esprit war eines der Dinge, die Iris besonders an ihr schätzte.
»Für Sie, finde ich, wäre eine zwanzig
Zentimeter lange dicke Havanna das richtige.«
»Gibt es keine längeren?« fragte Toni
anscheinend enttäuscht. »Kann eine Frau nicht mindestens dreißig Zentimeter
bekommen?«
Die drei lachten. Iris hätte
eingestimmt, aber sie erinnerte sich plötzlich daran, daß sie die Chefin war.
»Sachte, sachte, Leute! Diese Unterhaltung wird langsam zu zweideutig für den
Arbeitsplatz.« Fast zu sich selbst sagte sie: »Es ist schon manchmal langweilig
für eine Chefin.«
Der Aufzug hielt mehrere Male, um
Fahrgäste mitzunehmen, die die Fahrstuhlkonventionen beachteten und schweigend
mit dem Gesicht zur Tür und mit herunterhängenden Armen mitfuhren. Iris’ Gruppe
unterhielt sich hinter ihnen unbekümmert weiter.
»Ach, Iris«, schimpfte Liz und stemmte
die Hände in ihre schmale Hüfte. »Du hast immer sofort schmutzige
Hintergedanken.«
Toni fügte hinzu: »Sie haben mir doch
gerade gesagt, daß eine Zigarre manchmal eben nur eine Zigarre ist.«
Iris verschränkte die Arme und lehnte
sich in die Ecke des Fahrstuhles. »Hmm.«
»Jetzt sagt sie es auch«, meinte Evan.
»Was hat hmm zu bedeuten?«
»Das macht sie manchmal ganz gern.
Stellt sich an den Rand und beobachtet die Leute stillschweigend.« Liz hielt
sich die Hand an den Mund und flüsterte laut: »Sie wissen es vielleicht noch
nicht, aber im Büro ist Miss Thorne auch unter dem Namen Eisprinzessin
bekannt.«
Evan sah Iris an, als sähe er sie zum
ersten Mal. »Aha?«
Toni verteidigte Iris. »Ach, kommen
Sie. Iris ist nicht eiskalt, und sie verhält sich sicherlich nicht wie eine
Prinzessin.«
»Ich sehe den Spitznamen als
Kompliment«, sagte Evan. »Sie lehnt sich sozusagen gelassen zurück und
beobachtet die Situation. Es bedeutet, daß sie durchdacht und bewußt handelt
und keine Frau unüberlegter Taten ist. Ich sehe es genau vor mir.«
Iris hob eine Augenbraue.
»Iris unüberlegt?« sagte Liz. »Ha!
Mensch, man käme nicht einmal auf die Idee, diese zwei Worte in einem Satz zu
gebrauchen.« Sie stupste Iris an. Es war ein Witz unter Freundinnen. Im Laufe
der Jahre hatte Liz es schon öfter erlebt, daß Iris sich in die verschiedensten
Situationen unüberlegt und Hals über Kopf hineinkatapultiert hatte, um erst
über die Konsequenzen nachzudenken, wenn es schon zu spät war.
Evan betrachtete Iris erneut
abschätzend mit seinen finsteren Augen. Es bestand kein Zweifel, entschied sie,
er flirtete mit ihr. Er hatte mit Sicherheit dieses gewisse Etwas. Sexappeal.
Animalische Anziehungskraft. Wie immer man es auch nennen mochte, Evan hatte es
in Hülle und Fülle und wußte es. Dieser Mann hatte etwas an sich, daß all ihre
Alarmglocken in Bereitschaft versetzte. Er war gefährlich. Er war
gleichbedeutend mit Problemen. Und er arbeitete für sie. Trotzig hielt sie
seinem unverschämten Blick stand.
Schließlich sagte Iris: »Wie lange
wollt ihr eigentlich noch über mich in der dritten Person reden, so als wäre
ich gar nicht
da?«
»So lange du uns läßt.« Liz lachte
munter.
Der Fahrstuhl erreichte die Lobby, und
alle strömten hinaus. In der Eingangshalle war es dunkler als gewöhnlich, da
der Regen verhinderte, daß die Sonne durch die drei Stockwerke höher
eingebauten Oberlichter schien. Sie gingen um die Ecke und wurden von lachenden
Menschen und angeregten Gesprächen begrüßt. Die Happy Hour, die fast immer zwei
Stunden
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