Das Erbe der Pandora
— verbanden die drei Straßen miteinander. Die Straßen waren zusätzlich
durch eine steile Zementtreppe verbunden, die in den zwanziger Jahren gebaut
worden war. Am Fuße des Hangs unterhalb des Casa Marina Drive lag der Pacific
Coast Highway. Eine Zementbrücke führte über die vier, ständig überfüllten
Fahrspuren. Auf der anderen Seite der Brücke führte eine Wendeltreppe hinunter
zum Casa Marina Beach.
»Wie geht’s deiner Mutter?« fragte
Bridget.
»Gut«, antwortete Iris knapp.
»Sie freut sich sicherlich über dich
und Garland.«
»Sie weiß nichts von mir und Garland.
Und das wird sie auch nicht, bis ich relativ sicher bin, daß unsere Beziehung
von Dauer ist. Also sag ihr nichts.«
»Nervt sie dich immer noch damit, daß
du heiraten sollst?«
Iris sah ihre Freundin ausdruckslos
an.
»Deine Mutter redet immer noch gern
ein Wörtchen mit, wie?«
»Das ist untertrieben. Man könnte
denken, daß meine Schwester, ihre drei Teenager und ihre ständigen Eheprobleme
mit meinem Schwager meine Mutter ausreichend beschäftigen. Aber sie findet
immer noch genügend Zeit, um ihre Nase in meine Angelegenheiten zu stecken.«
»Was ist mit Garland? Denkt er ans
Heiraten?«
»Ich weiß es nicht. Er wurde erst vor
zwei Jahren geschieden. Er hat zwei Kinder, eins auf dem College, das andere
noch auf der Highschool. Wir haben das Thema noch nicht angesprochen.«
»Und du?«
»Ich hab schon daran gedacht.«
»Wunder über Wunder!«
»Halt die Klappe.«
Die Straße verlief vorbei an Häusern,
die verstreut an den Abhang gesetzt worden waren, wo immer die Erde stabil
genug erschien, um ein Gebäude zu tragen. Dazwischen standen einheimische
Platanen, buschige Eichen, Kakteen, Salbeipflanzen, Bougainvillea, wilder Senf
und Weizen. Das dichte, immergrüne Gebüsch war die Heimat von Eidechsen,
Taschenratten, mitunter einer Klapperschlange und mehreren Lagern obdachloser
Menschen.
Die Häuser in Casa Marina waren in
allen möglichen Größen und Formen gebaut. Da standen winzige Bungalows mit
Holzstreben, die in den zwanziger Jahren weit abseits der Straße errichtet
worden waren, mit großen Rasenflächen davor, gepflegten Blumenbeeten und weißen
Lattenzäunen neben riesigen, brandneuen Bauten im Minimalisten-Design mit
Glasbausteinen und versetzt angeordneten Terrassen, die den gesamten
verfügbaren Platz auf ihrem Grundstück einnahmen, so daß die Haustüren fast
direkt an der Straße lagen. Ein paar alte Villen waren noch übrig — die meisten
von ihnen waren in den dreißiger Jahren von Leuten aus der Filmbranche gebaut
worden. Das Haus von Kip und Bridget war eines davon: eine türkis- und weißfarbene
spanisch-gotische Villa, die 1932 von einer damals berühmten blonden Sexbombe
gebaut worden war. Es war das einzige Haus auf dem Gipfel des Hügels.
In den meisten Gärten hinter den
Häusern befanden sich Terrassen, die bis zur Klippe reichten. Einige Anwohner
hatten ihren Teil des Hügels mit Stahl- und Betonstützen gesichert und mutig
Swimmingpools, Terrassen und teure Gärten angelegt. Eben diese Verschönerungen
schufen manchmal ideale Gelegenheiten für Touristenfotos, wenn die rutschende
Erde alle Pools und Terrassen am Hang verstreute und die Überreste abgebrochen
in der Luft zu hängen schienen.
Iris hielt den Triumph mitten auf der
Straße an einer Stelle, von wo aus man den Ausblick auf die Küste genießen
konnte. Durch die helle Sonne, die sich auf dem ruhigen Meer spiegelte,
schimmerte der Himmel blau-weiß. »Wow!«
»Welch ein schöner Tag.«
»Man kann von Point Dume bis nach
Palos Verdes sehen«, meinte Brianna mit ihrer piepsigen Stimme hinter ihnen.
»Das stimmt, mein Schatz«, sagte
Bridget. »Und was ist dieser Schatten dort hinten im Meer?«
»Santa Catalina Island. Die Insel
liegt fast fünfzig Kilometer weit weg.«
Bridget drehte sich um und kniff
Brianna ins Bein. »Sehr gut!«
Iris ließ den Ausblick auf sich
wirken. »Das gibt mir wirklich viel, den Horizont und die Erdkrümmung sehen zu
können. Das beruhigt mich. Davon kann ich nie genug bekommen.«
»Ich bin glücklich, daß ich das hier
mit dir teilen kann, gerade weil in meinem eigenen Haus so ein Chaos herrscht.«
»Was ist ein Chaos, Mommy?«
»Unordnung, mein Schatz.«
»Weil Summer geht, haben wir niemanden
mehr, der im Haus aufräumt?«
»Ja.« Bridget zwinkerte Iris zu. »Aber
wir werden jemanden finden.«
»Summer wird mir fehlen«, verkündete
Brianna. »Sie war witzig. Warum muß sie
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