Das Erbe der Phaetonen
Was die Phaetonen konnten, können wir auch.“
„Wenn doch bloß bald Nacht wäre!“ rief Korzewski aus.
Aber bis zum Sonnenuntergang war es noch weit. Am näch- sten Tag, dem achten August, würde gerade „Mittag“ sein. Tags- über jedoch war auf ein Zusammentreffen mit den Venusianern nicht zu rechnen. Soviel stand bereits fest, die Planetenbewoh- ner kamen bei Tageslicht nicht hervor.
„Wann haben denn die Phaetonen mit den Venusbewohnern verkehrt?“ fragte Belopolski.
„Nur nachts“, antwortete Melnikow. „Ihrem ,Film' nach zu urteilen, sind sie tagsüber nicht mit den Bewohnern dieses Pla- neten zusammengetroffen. Wahrscheinlich wollten sie sie nicht im Schlaf stören.“
„Wir müssen es genauso halten.“
„Um so mehr“, pflichtete Korzewski ihm bei, „als die ,Schild- kröten' womöglich nicht schlafen. In Abwesenheit der Venusia- ner könnten sie über uns herfallen.“
„Warten wir die Nacht ab“, entschied Belopolski endgültig.
Unter Anleitung Saizews gingen Knjasew, Romanow und Paitschadse daran, einen Hangar für die Montage des Flugzeugs zu errichten. Belopolski beabsichtigte, eine ganze Reihe von Er- kundungsflügen über den Bergen und der Umgebung des Sees in einem Umkreis von tausend Kilometern durchzuführen.
Die Bäume konnten sie zum Bauen nicht verwenden – sie waren zu groß.
So errichteten sie den Hangar neben dem Raumschiff aus Stahlträgern und Reserveplatten. Saizew verdroß es, daß sie keine zerlegbaren Hangars von der Erde mitgenommen hatten.
„Um wieviel einfacher wäre jetzt die Arbeit!“ sagte er.
„Daran zu denken wäre Ihre Sache gewesen“, hielt Belo- polski ihm vor.
„Man kann schließlich nicht alles vorhersehen“, sagte der Chefingenieur seufzend.
Begreiflicherweise stand das Raumschiff der Phaetonen die ganze Zeit über im Mittelpunkt des Interesses der Besatzung von „SSSR-KS 3“. Alle wollten gern mit eigenen Augen seine ungewöhnlichen Räumlichkeiten, die merkwürdigen, durchsich- tig werdenden „Metallwände“ der Röhren und das wunderbare Schema des Sonnensystems mit den sich bewegenden zehn Pla- neten sehen. Die von Wtorow gemachten Fotografien gingen mehrmals durch alle Hände, und Melnikow mußte immer wie- der vom Aufenthalt in dem geheimnisvollen Schiff berichten.
Doktor Andrejew untersuchte die beiden Kundschafter gründlich, entdeckte jedoch keinerlei Anzeichen einer Vergif- tung durch die Luft im Raumschiff. Offenbar war sie für den Menschen unschädlich. Mikroorganismen aber konnten die Jahr- tausende kaum überdauert haben.
„Der Aufenthalt dort ist ungefährlich“, meldete er Belopolski.
Die Mitglieder der Expedition baten, der Reihe nach das Raumschiff besuchen zu dürfen, doch nach kurzer Beratung mit Melnikow schlug Belopolski es ihnen ab. Ihm war zwar klar, daß sie eigentlich eine Untersuchung vornehmen müßten, aber ebenso wie Melnikow befürchtete er unliebsame Überraschungen.
„Das beste ist“, sagte er, „bis zur nächsten Expedition die Finger davonzulassen. Hier sind erstklassige technische Fach- kräfte nötig.“
Dagegen ließ sich nichts einwenden. Das Raumschiff vom fünften Planeten gab in technischer Hinsicht Rätsel über Rätsel auf. Niemand wußte, wo die Triebwerke untergebracht und welcher Art sie waren, wie das Steuerungssystem funktionierte und vor allem, wie die Triebwerke zu betätigen waren. Daß sie noch funktionstüchtig waren, stand so gut wie außer Zweifel. Die Technik des Raumschiffs war offensichtlich noch völlig intakt.
Trotz allem kamen sie nicht umhin, das Schiff noch einmal zu untersuchen. Melnikow und Wtorow hatten zuwenig gesehen. Sie mußten Aufnahmen von all seinen Teilen zur Erde mit- bringen, damit sich die Fachwissenschaftler eine genauere Vor- stellung von ihm machen und sich über seine Konstruktion klar- werden konnten. Belopolski wußte, daß man ihm, falls das nicht geschah, Vorwürfe machen würde, und mit Recht.
Schweren Herzens entschloß er sich zu einem zweiten Besuch.
„Du und Gennadi Andrejewitsch, ihr wart bereits im Raum- schiff, und ihr wißt, wo die Türknöpfe sind“, sagte er zu Mel- nikow. „Außerdem habt ihr schon die Luft dort geatmet. Sollte sie trotz allem schädlich sein, wäre es unsinnig, auch die anderen noch der Gefahr auszusetzen. Ihr beide müßt noch einmal hin und alles, jede kleinste
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