Das Erbe der Phaetonen
erkundigte sich Woloschin.
„Vier Minuten“, antwortete Kamow.
Er saß neben dem diensthabenden Funker, bereit, dem Raum- schiff zu antworten, dessen Nachricht bereits auf dem Weg zur Erde war. Dicht vor Kamow schwebte die dunkle kleine Öff- nung des Mikrofons. Das feine Metallnetz zitterte kaum merk- lich. Unter dem Fußboden des Funkraums arbeiteten die mäch- tigen Generatoren, deren Energie in wenigen Minuten Kamows Stimme erfassen und in unermeßliche Fernen tragen würde. Die Richtantenne der Station war auf die Venus eingestellt, in deren Nähe sich die „SSSR-KS 3“ befinden mußte.
Die vier Minuten waren vorüber.
Kaum hatte der große Zeiger den Strich auf dem Zifferblatt erreicht, als im Lautsprecher deutlich die Stimme Toporkows ertönte: „Hier Raumschiff! Hier Raumschiff ‚SSSR-KS 3'! Ant- worten Sie! Gehe auf Empfang!“
„Wir hören Sie! Sind empfangsbereit!“ antwortete der Funker.
Jetzt hieß es acht Minuten warten.
„Die Antenne ist genau eingestellt“, sagte der Funker, wäh- rend er den Sender abschaltete. „Nach der Lautstärke zu ur- teilen, haben wir das Raumschiff richtig erwischt.“
„Und wo befindet sich jetzt das ‚Rätsel'?“ fragte unvermittelt Woloschin.
„Wie es scheint, in derselben Richtung“, antwortete Kamow. Ebenso wie Woloschin dachte er daran, daß sich gleich erweisen mußte, ob sich hinter dem „Rätsel“ das Raumschiff „SSSR-KS 3“
verbarg. „Ich werde Kasarin anrufen und die Frage klären. Aber nicht jetzt. Erst nach der Sendung.“
Woloschin nickte. Er wußte, daß Kamow wegen seiner Toch- ter besondere Ursache hatte, besorgt zu sein.
„Achtung!“ sagte der Funker.
Die Uhr zeigte vierzehn Minuten nach eins.
„Hier Raumschiff ‚SSSR-KS 3'. Sende eine Mitteilung des Leiters der wissenschaftlichen Gruppe der Expedition, Pai- tschadse...“
Kamow und Woloschin wechselten einen Blick. Was hatte das zu bedeuten? Weshalb nannte Toporkow Paitschadse Leiter der wissenschaftlichen Gruppe, nicht aber Kommandant des Raumschiffes? Wer war dann Kommandant? Wo war Professor Balandin geblieben?
„Neben einem Bergsee, zu dem die ,SSSR-KS 3', Hinweisen der Venusianer folgend, geflogen ist, wurde ein Raumschiff ent- deckt. Allen Anhaltspunkten nach ist es vor vielen tausend Jah- ren von einem untergegangenen Planeten unseres Sonnensystems, dem Phaeton, gekommen ...“
Die drei lauschten mit angehaltenem Atem.
Der letzte Start
„Für mich steht außer Zweifel, daß die Phaetonen mittels eines besonderen Apparates mit den Venusianern gesprochen haben“, schloß Melnikow seinen Bericht. „Leider gibt es keinerlei Hin- weise, was das für ein Apparat war.“
„Da kann ich Ihnen Auskunft geben“, sagte Toporkow, „Ge- nauso einen oder zumindest einen ähnlichen haben Konstantin Wassiljewitsch und ich nämlich konstruiert. Die Venusianer geben zweifellos Laute von sich, allerdings im Bereich der Ultra- schallwellen, deshalb können wir sie nicht hören. Um mit ihnen sprechen zu können, brauchen wir einen Schalltransformator. Wie gesagt, es ist schon einer fertig. Er transformiert den Ultra- schall auf eine für unser Ohr wahrnehmbare Frequenz. Sobald die Venusbewohner in der Nacht zum Vorschein kommen, wer- den wir sie sprechen hören.“
„Wie sind Sie denn darauf gekommen?“ fragte Belopolski.
„Ohne Biologe zu sein?“ fragte Toporkow verschmitzt. „Ich bin eben drauf gekommen, wie Sie sehen. Ein Zufall ist mir zu Hilfe gekommen. Als Sie vom Grund des Sees zu uns zurück- kehrten, beobachtete ich auf dem Bildschirm die Venusianer; dabei bemerkte ich plötzlich auf der Mattscheibe des Schall- lokators ganz bestimmte Linien. Sie entstanden jedesmal, wenn die Venusianer etwas durch Gesten zu erklären versuchten. Der Lokator ,hörte' etwas. Sie wissen, er arbeitet mit Ultraschall. Da kam mir die Idee. An den Stromschnellen habe ich dann, wäh- rend die Venusianer arbeiteten, die Probe aufs Exempel ge- macht. Es gelang mir sogar festzustellen, daß die Frequenz der von ihnen ausgehenden Schallwellen an der Schwelle unseres Hörbereichs liegt. Konstantin Wassiljewitsch hat mir geholfen, und nun steht der Apparat zu Ihrer Verfügung.“
„Damit haben Sie uns einen großen Dienst erwiesen“, sagte Belopolski. „Sobald wir die Venusbewohner hören können, ist das Erlernen ihrer Sprache nur noch eine Zeitfrage.
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