Das Erbe der Phaetonen
bleiben von nun an in ununterbrochener Funkverbindung. So werden Sie schließ- lich, von der Erde aus gelenkt, das Raumschiff finden.“
Acht Minuten später kam die Antwort:
„Haben alles verstanden. Gehen jetzt an Ausführung Ihres Planes. ,SSSR-KS 3' wird sofort wenden. Bleiben von nun an in ständiger Funkverbindung. Teilen Hoffnung auf glücklichen Ausgang. Belopolski. Gehe auf Empfang.“
„Wünsche viel Erfolg“, antwortete Kamow kurz.
Mehr war nicht zu sagen. Alles Notwendige hatte er Belo- polski mitgeteilt. Nun galt es den Plan zu verwirklichen. Er war unter den gegebenen Umständen der einzig mögliche, und die Regierungskommission hatte ihn ohne Zögern angenommen.
Durch Hinweise von der Erde geleitet, mußte die„SSSR-KS3“ spätestens in drei Tagen jene Stelle erreicht haben, an der sich das Raumschiff der Phaetonen befand. Den an diesem Morgen gemachten Beobachtungen zufolge näherte es sich wieder der Venus mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Kilometern in der Sekunde. So schnell konnte nötigenfalls auch die „SSSR-KS 3“ fliegen. Falls der „Phaetone“ seine Geschwindigkeit nicht noch steigerte, würde es Belopolski also gelingen, ganz dicht heran- zugehen. Dann konnten Melnikow und Wtorow oder, wenn es schon zu spät war, ihre Leichname übernommen werden.
Aber wenn der „Phaetone“ nun doch seine Geschwindigkeit steigerte?
Kamow hielt das für unwahrscheinlich. Seiner Meinung nach stand es außer Zweifel, daß das ringförmige Raumschiff ge- steuert wurde. Sein ganzes Verhalten sprach dafür. Ungesteuert mußte es auf die Sonne zufliegen. Steuern aber konnten es nur die an Bord befindlichen Menschen, nämlich Melnikow und Wtorow. Ein Autopilot war nicht imstande, das Schiff ohne sichtbares Ziel „hin und her zu jagen“. Nur Menschen konnten das – sie hatten es gelernt.
„Wenn es in dem Raumschiff einen Autopiloten gibt“, hielt man Kamow entgegen, „ist er wahrscheinlich ganz anders kon- struiert als unser. Es handelt sich um die Technik einer Welt, die uns weit voraus ist. Wir wissen nicht, was das für ein Me- chanismus ist und was er zu leisten vermag. Es ist durchaus mög- lich, daß der ,Phaetone' zunächst auf die Sonne zugehalten hat, jedoch als er sich ihr gefährlich näherte, automatisch wieder um- kehrte. Das gleiche passierte dann bei der Annäherung an die Venus. Die Automatik bewahrt das Raumschiff vor dem Sturz auf die Himmelskörper. Daraus resultiert sein merkwürdiges Verhalten.“
Kamow konnte die Logik dieser Argumente nicht bestreiten, dennoch beharrte er auf seiner Meinung. Dabei ließ er sich mehr vom Gefühl und dem leidenschaftlichen Wunsch leiten, es möge so sein, wie er glaubte, als von der Vernunft.
Obwohl also unter den Mitgliedern der Kommission über die- sen Punkt unterschiedliche Ansichten bestanden, wurde der Be- schluß, die „SSSR-KS 3“ zum Raumschiff der Phaetonen zu schicken, einstimmig gefaßt. Die Meinungsverschiedenheiten waren rein theoretischer Natur.
Die Nachricht von den tragischen Vorgängen auf der Venus ging um die ganze Welt. Die Bevölkerung in allen Ländern wünschte von Herzen, daß Melnikow und Wtorow, die in eine Situation geraten waren wie kein Mensch vor ihnen, gerettet würden. William Jenkins, der gerade erst vom Mars zurück- gekehrt war, bot sich und sein Raumschiff zur Hilfe an, doch mußte dieses Angebot abgelehnt werden. Der Flug von der Erde bis zum „Phaetonen“ hätte zu lange gedauert. Nur die „SSSR-KS 3“ hatte Aussicht, Melnikow und Wtorow noch lebend anzutreffen. Sieben, acht, ja sogar zehn Tage konnte ein Mensch ohne Nahrung auskommen, aber auf keinen Fall anderthalb Monate.
Die Vorstellung, im Raumschiff der Phaetonen könnten sich noch Nahrungsmittel befinden, stieß auf entschiedenen Wider- spruch. Ganz abgesehen davon, daß es gefährlich war, unbe- kannte Dinge zu essen, mußten auch die Phaetonen in der lan- gen Zeit, die sie auf der Venus zubrachten, ihre eigenen Vor- räte aufgebraucht und gelernt haben, sich auf der Venus selbst Nahrung zu beschaffen. Außerdem war kaum anzunehmen, daß sich organische Stoffe, wie gut sie auch konserviert sein mochten, Jahrtausende halten könnten.
Eile tat not.
Die astronomischen Observatorien aller Länder vereinbarten, den „Phaetonen“ ununterbrochen zu beobachten. Wie einen Stafettenstab reichten sie ihn einander weiter. Sobald am Hori- zont des einen
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