Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
Observatoriums die Sonne aufging, übernahm das nächste, weiter westlich gelegene die Beobachtung. Das Kosmische Institut in Moskau stand mit allen Observatorien der Welt in Funkverbindung.
       Das ringförmige Raumschiff konnte nicht verlorengehen. Die geringste Änderung seiner Flugrichtung oder –geschwindigkeit würde man sofort der „SSSR-KS 3“ mitteilen, und Belopolsjki würde dementsprechend den Kurs ändern.
       Natürlich fiel bald dieses, bald jenes Observatorium wegen Bewölkung aus, aber stets konnte ein anderes dafür einsprin gen, über dem der Himmel klar war. Es gab genug Observa- torien auf der Erde.
       Die ganze Welt lebte nur dem einen Wunsch, daß der „Phae- tone“ seine Geschwindigkeit nicht erhöhte ...

       Die „SSSR-KS 3“ beschrieb einen großen Bogen. Um Zeit zu sparen, hatte Belopolski beschlossen, bei unverminderter Ge- schwindigkeit und mit kleinstmöglichem Radius zu wenden. Er wußte, daß jede verlorene Minute verhängnisvoll sein konnte. Wenn Melnikow und Wtorow wirklich noch am Leben waren, brachte nur rasche Hilfe Rettung.
       Belopolski litt schmerzlich unter dem Bewußtsein, einen nicht wiedergutzumachenden Fehler begangen zu haben. Weshalb hatte er verboten, über die Vorfälle auf der Venus zur Erde zu berichten? Früher oder später hätte es ja doch geschehen müssen. Es wäre unverantwortlich gewesen, das Schreckliche bis zur Rückkehr zu verheimlichen. Was war mit ihm passiert? Was für komplizierte und schwer erklärbare Vorgänge hatten sich in sei- ner sonst stets so ausgeglichenen Psyche abgespielt? Durch seine Schuld waren zwei, und wenn man die Zeit für den Rückflug roch hinzurechnete, vier Tage verlorengegangen. Um wieviel einfacher wäre es gewesen, bereits zwei Tage zuvor umzukeh- ren. Um wieviel größer wären da die Aussichten auf Rettung der beiden Genossen gewesen, deren mutmaßlicher Tod ihn aus dem Gleichgewicht gebracht und veranlaßt hatte, jenen ver- brecherischen (jawohl, verbrecherischen, dachte Belopolski) Be- fehl zu geben.
       Hätte sich Paitschadse nicht kurzentschlossen über die An- ordnung des Kommandanten hinweggesetzt und Toporkow be- fohlen, mit der Erde Verbindung aufzunehmen – was wäre dar- aus geworden? Bei diesem Gedanken überlief es Belopolski eis- kalt. Man hätte ihn für Wtorows und Melnikows Tod verant- wortlich gemacht, er ganz allein wäre an ihrem Ende schuld ge- wesen. Aber auch jetzt... Wer weiß, vielleicht war es schon zu spät, vielleicht war schon zuviel Zeit vergeudet, waren die, die man hätte retten können, bereits umgekommen – durch sein Versagen.
       Belopolski machte sich schreckliche Vorwürfe, doch keiner von der Besatzung bemerkte es. Sie sahen den gewohnten Be- lopolski vor sich: den „eisernen Kapitän“, den ruhigen, unbeug samen, entschlossenen und fordernden Vorgesetzten. Die Ner- venanspannung beim Start von der Venus schien bei ihm keine Spuren hinterlassen zu haben.
       Aber so schien es nur. Innerlich war Belopolski nicht mehr der alte, war er ein gebrochener Mann. Für immer, das wußte er genau. Es kostete ihn große Anstrengung, sich wie gewohnt zu geben. Nur das Bewußtsein, daß außer ihm niemand das Raum- schiff steuern konnte, hielt ihn aufrecht. Er würde das Steuer- pult für immer verlassen, sobald die „SSSR-KS 3“ wieder auf dem Kosmodrom von Kamowsk gelandet war. Dieser Flug war sein letzter. Nie mehr würde er ein Raumschiff durchs Weltall lenken. Paitschadses Befürchtungen jedoch waren grundlos – an Selbstmord dachte Belopolski keinen einzigen Augenblick. Wie sehr ihn das Ganze auch erschüttert hatte, Kleinmut kannte er nicht. Er war nur unendlich müde.
       Doch jetzt galt es, an andere Dinge zu denken. Kamows An- weisungen mußten befolgt werden, und mit gewohnter Energie ging Belopolski an ihre Ausführung.
       Paitschadse versuchte vergeblich, das ringförmige Raumschiff zu entdecken. Der Refraktor im Observatorium der „SSSR-KS 3“ war zu schwach, als daß man mit seiner Hilfe bei einer derarti- gen Entfernung ein so kleines Objekt hätte ausmachen können. In drei Tagen hatten sie sich über zehn Millionen Kilometer von der Venus entfernt.
       Somit mußten sie sich ganz auf die Hinweise von der Erde und auf mathematische Berechnungen verlassen. Wie bereits gesagt, hatte sich Belopolski entschlossen, in kürzester Zeit zur Venus zurückzukehren. Das Raumschiff sollte einen Halbkreis nach links beschreiben, dann geradeaus

Weitere Kostenlose Bücher