Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
aus ihrem Dämmerzustand. Die Wendung erfolgte gleitend und vorsichtig, aber für kurze Zeit trat Fliehkraft auf.
       „Wahrscheinlich ist uns ein großer Meteorit entgegengekom- men“, meinte Melnikow.
       Schade, daß wir der Begegnung ausgewichen sind, dachte Wtorow. Unsere Qualen hätten wenigstens gleich ein Ende gehabt.
       Und wieder herrschte Schweigen, verfielen sie in den selt- samen Zustand zwischen Schlafen und Wachen.
       Selbst der Gedanke, daß sich durch die Wendung die Flug- lichtung geändert haben könnte, kam ihnen nicht.
       Der Zustand, in dem sie sich befanden, hätte zweifellos Mel- nikows Interesse erregt, wenn er noch eines klaren Gedankens fähig gewesen wäre. Der Hunger allein konnte ihr Gehirn un- möglich derart umnebelt haben. Doch auch Melnikow war alles gleichgültig.
       Sie standen unter dem Einfluß einer unbegreiflichen und un- erklärlichen Macht, die ihr Denken und Fühlen allmählich aus- löschte. Langsam, aber sicher verfielen sie in einen Schlaf, aus dem es kein Erwachen mehr zu geben schien.
       Mit einer gewaltigen Willensanstrengung befreite sich Mel- nikow plötzlich aus der Erstarrung und horchte.
       Nein, es war keine Sinnestäuschung! Irgendwo klopfte hart- näckig etwas. Laut, leise und wieder lauter.
       „Gennadi, hörst du?“
       Wtorow öffnete die trüben Augen:
       „Alles verschwimmt.“
       „Komm zu dir, Gennadi! Hör doch! Jetzt wieder.“
       Nun klopfte es deutlich an einer anderen Stelle. Wie es schien, kam das Klopfen näher.
       ,,Was ist das?“
       Beide waren nun hellwach.
       Das Klopfen horte auf. Dann ertonte es erneut und wieder an einer anderen Stelle.
       Darin lag System. Die einzelnen Geräusche waren ver- schieden stark.
       Lang, lang, kurz. Pause. Lang, kurz, kurz. Wieder eine Pause, lang. Eine längere Pause. Und wieder von vorn: Lang, lang, kurz...
       „Das hört sich wie Morsezeichen an“, sagte Melnikow.
       Wtorow schoß ein Gedanke durch den Kopf, der ihn förmlich elektrisierte.
       „Vielleicht ist es das Raumschiff der Erde“, sagte er unsicher.
       Und Melnikow blickte sich suchend um. Aber er fand nichts,
    womit er gegen die Wandung hätte klopfen können. Und wozu auch klopfen? Wenn das ein Mensch war, so befand er sich im luftleeren Raum, und dort gab es keine Schallübertragung.
       „Die Wände!“ befahl er abgehackt.
       Wtorow versuchte sich zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Zu verschlafen war er. Geradezu quälend wünschte er, sein Kopf möge wenigstens für einen Augenblick klar sein.
       Und wieder offenbarte sich deutlich der ungeheure Vorsprung, den die Wissenschaft des Phaeton vor der irdischen besaß. Das ging schon über die Grenzen vorstellbarer Technik hinaus. Rei- ner Sauerstoff strömte plötzlich in ihre Lungen. Ein unbekannter Geruch, der entfernt an Salmiakgeist erinnerte, machte sich kurz bemerkbar. Und wie durch Zauberei wurden ihre Gedanken wieder klar. Keine Spur mehr des Zustandes halber Bewußt- losigkeit. Sie fühlten sich wie neugeboren.
       Wtorow sah Melnikow fassungslos an. Er war frappiert. Sein Wunsch, den er so quälend geäußert hatte, war sofort und prä- zise in Erfüllung gegangen.
       „Die Wände“, wiederholte Melnikow.
       Wie Wtorow fühlte auch er sich plötzlich neu belebt, achtete jedoch nicht darauf. Er wurde von Ungeduld verzehrt. Er wollte sehen! So schnell wie möglich sehen, was draußen vorging!
       Das Klopfen hatte wieder aufgehört.
       Plötzlich aber ertönte es ganz nahe. Lang, kurz, lang.
       Jemand schlug mit einem metallenen Gegenstand gegen die Wandung des Raumes, in dem sie sich befanden.
       Lang, kurz, lang. Die Schläge waren deutlich und abgehackt. Sie wiederholten sich stets in derselben Reihenfolge.
       Jetzt bestand kein Zweifel mehr! Dort, ganz nahe, hinter der Wand, war ein Mensch!
       „Die Wände, Gennadij“
       Wtorow schien nicht zu hören. Er lauschte gespannt, und seine blaß gewordenen Lippen flüsterten:
       „Wo – seid – ihr. Wo – seid – ihr. Wo – seid – ihr. Das sind Morsezeichen. ,Wo seid ihr?' heißt das.“
       Melnikow schlug mit der Faust gegen die Wand. Sofort hörte das Klopfen auf. Dann ertönte es wieder, fieberhaft schnell.
       „Seid ihr noch am Leben?“ übersetzte Wtorow. „Antwortet!“
       „Die Wände, Gennadi!“ wiederholte Melnikow flehentlich zum

Weitere Kostenlose Bücher