Das Erbe der Phaetonen
Ende. Er „verlangte“, daß die Wand spreche.
Die zwölf vernahmen eine Stimme. Sie sagte in sechs Spra- chen dasselbe, was die vier schon vorher gehört hatten.
Die Männer waren versucht zu antworten: „Wir sind hier, sprecht!“ Aber wie drückte man so etwas nicht mit Worten, son- dern durch Vorstellungen aus?
„Helfen Sie mir!“ bat Wtorow.
„Kehren wir nach oben zurück und überlegen wir dort“, schlug Kamow vor.
Die Aufgabe war klar, aber sie wurde dadurch nicht leichter.
Der phaetonische Automat sprach offensichtlich nur auf eine ganz bestimmte einzige Vorstellung an. Sobald er diese Vorstel- lung oder dieses Bild wahrnahm, würde er es an einen anderen Mechanismus weiterleiten, der seinerseits den Aufzeichnungs- mechanismus in Gang setzte. Erst dann würden die Menschen zu „hören“ bekommen, was weiter zu geschehen hatte. Eine andere Prozedur war nicht denkbar.
Welches Bild, welche Vorstellung aber mußte vor dem inne- ren Auge Wtorows erstehen? Welche Tätigkeit war für Wissen- schaftler typisch? Es gab ihrer doch Tausende.
Das Ganze glich der Suche nach einer unbekannten Zahl, die man zu finden hoffte, indem man alle möglichen Zahlenkombi- nationen durchging.
Hoffnungslos!
„Aber darüber müßten sich die Phaetonen doch im klaren gewesen sein“, war die einhellige Meinung. „Es gilt, eine ein- fachere Lösung zu suchen.“
Wie oft vergessen die Menschen die weisen Lehren der Anek- dote vom Ei des Kolumbus oder der Krylowschen Fabel von der Schatulle. So merkwürdig es klingt, aber es ist gar nicht so leicht, einfach zu denken. Oft vermuten die Menschen Kompliziertheit dort, wo sie gar nicht vorhanden ist!
So war es auch in diesem Falle.
Wieder wies, wie seinerzeit im Laboratorium, Semjonow den richtigen Weg.
„Sie suchen ein Bild, das mit dem Wort ‚Wissenschaftler' im Zusammenhang steht“, sagte er. „Aber schafft nicht schon das Wort selbst die notwendige Vorstellung? Wenn wir das Wort ‚Wissenschaftler' hören oder aussprechen, stellen wir uns doch nicht einen Fußballspieler oder Opernsänger vor.“
„Ihrer Meinung nach brauchte ich also nur zu sagen: ‚Die Wis- senschaftler sind hier'?“ fragte Wtorow skeptisch. „Und das Wort ,hier' erweckt ebenfalls eine ganz bestimmte Vorstellung?“
„Ja, meiner Meinung nach ist es so“, erwiderte Semjonow.
„Warum genügt es dann bei den fünfeckigen Türen nicht, wenn ich sage: ,Öffnet euch'?“
„Haben Sie es denn überhaupt schon versucht? Vielleicht sind die Automaten der Phaetonen viel empfindlicher, als wir glau- ben. Das hier ist doch etwas völlig anderes als ein Raum- schiff.“
„Auf jeden Fall scheint Ihre Hypothese recht einleuchtend“, meinte Kamow. „Ganz mechanisch sind wir bisher genauso vor- gegangen wie im phaetonischen Raumschiff. Machen wir also einen Versuch.“
„Und wenn es wirklich so ist“, fügte Melnikow hinzu, „müß- ten außer Gennadi Andrejewitsch auch noch andere den Auto- maten in Gang setzen können.“
„Das hieße, daß jeder von uns ...“
„Ja, jeder“, erwiderte Melnikow überzeugt.
Die zwölf stiegen wieder in den Schacht.
In ganz normalem Ton, als spreche er mit einem unsichtbaren Gesprächspartner, sagte Wtorow:
„Die Wissenschaftler sind hier.“
Bei diesen Worten achtete jeder der Anwesenden darauf, daß auch in seinem Gehirn die bestimmte, notwendige Vorstellung entstand: Hier, in diesem Raum, befinden sich Menschen, die mit der Wissenschaft zu tun haben.
Da alle im voraus gewußt hatten, was gesagt werden würde, konnten auch die des Russischen nicht Mächtigen mitwirken. So entstanden zwölf, der Frequenz nach unterschiedliche, aber dem Sinn nach gleiche Bioströme.
Vielleicht hatten die Phaetonen gerade das beabsichtigt? Viel- leicht hatten sie auf einen kollektiven Gedanken gerechnet, der es ihnen ermöglichte, die Konstruktion und die Einstellung, ihres Apparates zu vereinfachen?
Tatsächlich! Die Lösung erwies sich als richtig.
Hinter der Wand klickte es, als falle etwas Metallenes zu Boden. Melnikow und Wtorow erkannten das Geräusch sofort wieder. Genauso hatte es im Raumschiff der Phaetonen geklun- gen.
Und was seinerzeit mit den Türfünfecken geschehen war, wie- derholte sich nun mit einer der Wände. Sie „schmolz“ und ver- schwand.
Eine
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