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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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sondern mehrere. Sie lagen gleich- weit voneinander entfernt und waren aus ebensolchen Stämmen geschichtet, wie Balandin und er sie an den Stromschnellen ge- sehen hatten. Aber das Schiff flog so schnell darüber hinweg, daß man sie nicht genau betrachten konnte.
       „Ich sehe einen Staudamm aus Holz!“ Saizews Stimme zitterte vor Erregung. Das gleiche meldeten Balandin und Knjasew.
       Das Raumschiff flog gerade auf den Westzipfel des Sees zu und drehte, über die linke Tragfläche geneigt, nach Süden. Weder Belopolski noch Melnikow hatten den Staudamm sehen können.
       „Wo sehen Sie einen Staudamm?“ fragte Konstantin Jewgen- jcwitsch.
       „Er liegt schon hinter uns“, antwortete ihm Balandin. „Aus dem See fließt ein kleiner Fluß ab, den ein Wehr aus fest zu- sammengefügten Balken absperrt.“
       „Dieser See ist noch rätselhafter als die Stromschnellen“, sagte Melnikow. „Aber er ist lang genug. Wir werden hier landen.“
       „Auf keinen Fall auf dem Wasser“, entgegnete Belopolski in ungewöhnlichem Tonfall. „Nur am Ufer.“
       „Am Ufer ist kein Platz, es ist zu schmal.“
       „Dann am Fluß, dort, wo wir ursprünglich landen wollten.“
       „Aber warum denn nicht hier?“ fragte Melnikow, jedoch nach einem Blick auf den Kommandanten verstummte er. Solch einen Ausdruck wie in diesem Augenblick hatte er bei seinem Lehrer und Freund noch nie bemerkt. Sein Gesicht war mit tiefen Runzeln bedeckt, er wirkte strenger als sonst, und jeder Zug darin, der Glanz der Augen und das Zittern der Lippen ver- rieten, daß der Gelehrte zutiefst aufgewühlt war. Unablässig musterte er den spiegelglatten See, und auf seinem Gesicht ver- härtete sich gespannte Erwartung.
       Reglos lag der See. Nicht das geringste Lebenszeichen war zu erkennen. Ebenso tot lag das flache Ufer, auf dem riesige Bäume und orangefarbene Sträucher wuchsen. Nichts rührte sich. Nur das dichte Laub tanzte im Wind.
       Ohne weitere Fragen zu stellen, steuerte Melnikow auf den Fluß zu. Er lag ganz in der Nähe des Sees. Nicht mehr als einen Kilometer entfernt.
       Schon als sie das erstemal zu den Stromschnellen kamen, hatte Melnikow eine Stelle ausfindig gemacht, die sich zur Lan- dung eignete. Es war ein langer und breiter Uferstreifen, ein Feld, auf dem das Schiff ungehindert landen und von dem es auch wieder starten könnte. Das Gelände war eben und schien völlig trocken zu sein; dort wuchs das gelbbraune Gras.
       „Beeil dich!“ sagte Belopolski. „Ein Gewitter zieht auf!“
       Melnikow verständigte die Besatzung durch ein Klingel- zeichen von der bevorstehenden Landung.
       Als die vorgesehene Stelle in Sicht kam, wurden die Trieb- werke abgestellt. Das riesige Schiff glitt, rasch langsamer wer- dend, auf das Ufer zu. Das schwere Achterschiff sank tiefer.
       Kamows Konstruktion, die eine Landung mit Hilfe von Stützarmen vorsah, verlangte vom Piloten äußerste Konzentra- tion und Präzision jeder Bewegung. Das Landemanöver war so schwierig, daß der Autopilot trotz aller Anstrengungen der Kon- strukteure den Menschen dabei nicht ersetzen konnte. Belo- polski und Melnikow hatten lange Zeit gebraucht, um diese Kunst zu erlernen; denn es war keine Technik mehr, sondern Kunst. Mit außerordentlicher Genauigkeit mußte der Augen- blick abgepaßt werden, in dem das Schiff im Zustand labilen Gleichgewichts gleichsam in der Luft stillzustehen schien. In einem kleinen Übungsraumschiff hatten sie Dutzende Male die- ses Manöver auf der Erde ausgeführt.
       Aber es war unvergleichlich schwieriger, solch ein gigantisches Schiff wie die „SSSR-KS 3“ mit Hilfe der Stützarme zu landen. Der Kommandant übertrug diese verantwortungsvolle Aufgabe daher in Anbetracht seines Alters dem jüngeren Kollegen, des- sen Hand sicherer war und der, wie man allgemein sagte, über- haupt keine Nerven besaß.
       Melnikow sah nicht mehr auf den Bildschirm. Er konzentrierte sich ganz auf den Höhenmesser und das Tachometer. Die beiden Zeiger sanken rasch auf Null.
    „Eins“, sagte Belopolski gepreßt.
       Das hieß, daß das Achterschiff noch einen Meter über dem Erdboden hing. Noch eine Sekunde ... zwei Sekunden ...
       „Die Stützarme“, kommandierte Melnikow.
       Belopolski drückte auf einen Knopf.
       Sie verspürten einen sanften Stoß – das Heck hatte den Boden berührt. Im selben Augenblick wurden die Stoßdämpfer aus- gefahren. Zitternd kam das

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