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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Temperament. Aber Rüdiger war auch kein Dummkopf. Bislang jedenfalls häufte er eher Ruhm und Ehre in der Schlacht und im Turnier an als Blessuren.
    Gerlin lächelte. »Irgendwann wird auch er sesshaft werden«, meinte sie dann. »Und sag selbst – wäre es nicht eine Beruhigung, ihn an Dietmars Seite zu sehen, wenn …«
    Florís nickte, bevor er weiterlas.
    Und dann, als alle Ritter sich schon zurückgezogen hatten, gesellte sich Herr Rüdiger noch zu mir – ich konnte die Ehre kaum fassen. Aber er fragte ganz freundlich nach Euch, Mutter und Pflegevater, und meinen Geschwistern, und er verriet mir, dass er natürlich nicht aus England zurückgekommen sei, um Ludwig zu fordern. Was ich selbstverständlich auch keinen Herzschlag lang geglaubt habe …
    Florís lachte. »Manchmal meine ich, Dietrichs Stimme zu hören, wenn der junge Mann so altklug tut. Er ist ein genauso heller Kopf wie sein Vater.«
    »Verfügt jedoch Gott sei Dank über einen starken Schwertarm«, fügte Gerlin hinzu. Sie hatte ihren ersten Gemahl von Herzen gerngehabt, aber über Dietrich hatte sie sich Zeit ihrer jungen Ehe nur sorgen müssen. Der Jüngling war überaus klug gewesen, aber von schwacher Gesundheit und fast erschreckend ungeschickt im Umgang mit Waffen aller Art. »Aber nun lies weiter!«
    Tatsächlich ist er hier, um mir im Kampf um Lauenstein beizustehen, wenn es an der Zeit dafür ist. Wobei ich mich immer häufiger frage: Ist es nicht bald an der Zeit? Die älteren Ritter meinen, ich brauche noch mehr Erfahrung, um Herrn Roland zu fordern. Aber der Kronprinz meint, ich solle ein Heer aufstellen. Und nun Herr Rüdiger …
    Florís hielt inne, als er die Blässe in Gerlins Gesicht sah. War es an der Zeit? Solange Dietmar lebte, hatten er und Gerlin nichts anderes getan, als den Jungen auf diesen Kampf vorzubereiten. Gerlin hatte nach dem Tod seines Vaters mit dem Kleinkind aus Lauenstein fliehen müssen. Roland von Ornemünde, ein weit entfernter Verwandter, hatte die Burg usurpiert – Gerlin hatte den kleinen Dietmar nur durch eine lebensgefährliche Flucht vor ihm in Sicherheit bringen können. Ihre Odyssee war schließlich in Loches geendet – weit entfernt von den fränkischen Landen, in denen Lauenstein lag. Die Burg gehörte zum Bistum von Mainz, allerdings hatte der Bischof nie viel Interesse daran gezeigt und keinerlei Anstalten gemacht, Gerlin im Streit um ihr Land zu unterstützen. Das traf auch für den gesamten anderen fränkischen Adel zu sowie für den deutschen Kaiser. Sofern der Usurpator seine Abgaben zahlte – und das war offenbar der Fall –, schien es ihm egal zu sein, wer die Burg verwaltete.
    Allerdings war Roland auch nie als Herr von Lauenstein bestätigt worden, nicht einmal, nachdem er Luitgart, die Witwe von Dietrichs Vater, zur Frau genommen hatte. Der Adel ächtete Roland von Ornemünde – aber er machte keine Anstalten, ihn aus der Burg zu werfen. Gerlin hatte lediglich Offerten erhalten, ihren Sohn an den Höfen der Würdenträger aufziehen und zu einem möglichst starken Ritter ausbilden zu lassen. Um die Rückeroberung seines Lehens sollte er sich dann selbst kümmern. Und nun war es eben so weit. Oder doch beinahe …
    Gerlin rieb sich die Stirn. Gut, Dietmar hatte seine Schwertleite gefeiert. Aber er war doch fast noch ein Kind …
    … Herr Rüdiger, der mich wirklich hart herannimmt, um mich für den Kampf gegen den Usurpator meiner Burg zu wappnen. Ich bin ihm dafür überaus dankbar – aber ich werde doch fast froh sein, wenn mir die Reise nach Mainz nun eine Atempause gewährt. Wie Ihr sicher wisst, wird Friedrich der Staufer noch vor dem Christfest in Mainz zum König gekrönt. König Philipp entsendet den Kronprinzen und eine Eskorte von Rittern, um der Krönung beizuwohnen. Auch ich wurde ausgewählt, Herrn Ludwig zu begleiten, und Herr Rüdiger wird sich uns ebenfalls anschließen. Vielleicht ergibt sich dabei ja die Möglichkeit, ein wenig Urlaub zu erbitten, damit ich mir die Feste Lauenstein ansehen kann. Das jedenfalls meint Herr Rüdiger, und mich lässt natürlich allein der Gedanke keine Ruhe finden. Bitte betet für eine sichere Reise nach Mainz und eine gesunde Wiederkehr …
    Gerlin hätte es nicht zugegeben, aber ihr fiel ein Stein vom Herzen. Vorerst war die Entscheidung aufgeschoben, noch brauchte sie ihren Sohn nicht in den Kampf zu schicken.
    Euer Euch liebender Sohn und Pflegesohn, Dietmar von Ornemünde zu Lauenstein
    Florís las den Namen voller Stolz.
    »Er

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