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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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allerdings, Seine Exzellenz der Bischof wird das anders sehen. Erzürnen wir ihn nicht, Frau Gerlin …«
    Gerlins Herz klopfte schneller, als er »wir« sagte. So war es früher immer gewesen, eine verschworene Gemeinschaft zwischen Florís und Salomon und später Gerlin – damals mit dem Wunsch, den jungen Dietrich zu schützen. Aber Salomon schien sich auch heute noch für sie und Lauenstein verantwortlich zu fühlen. Sie lächelte ihn an.
    »Dann bitte ich einen Pagen, Euch beim Umzug zu helfen«, gab sie nach. »Und ich danke Euch für Euer Verständnis. Ihr werdet heute Abend doch an meinem und Dietmars Tisch sitzen, nicht wahr?«
    Salomon wollte schon ablehnen, aber dann verbeugte er sich doch. »Es wird mich freuen«, sagte er zu.

Kapitel 4
    D er Bischof traf am Nachmittag ein und zeigte sich sehr leutselig. Dietmars und Gerlins Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht – Siegfried von Eppstein fragte nicht, was sein Lehnsmann Dietmar von Lauenstein in Toulouse getrieben hatte. Hauptsache, er war jetzt wieder da und die Burg in festen Händen. Der Bischof von Mainz war von jeher eher Politiker als Kirchenmann – die Wahrung seiner Pfründe interessierte ihn weit mehr als jede Ketzerei. Allerdings schien es ihm etwas leidzutun, dass er nie aktiv in irgendeinen Krieg verwickelt gewesen war. Er war ein begeisterter und kundiger Zuschauer bei Ritterspielen und wollte nun alles über die Belagerung von Lauenstein wissen. Vor allem die Trutzburg interessierte ihn.
    »Beeindruckend, wirklich beeindruckend! Das ist also eine Trutzburg – ganz aus Holz, Herr Dietmar, ja? Wirkt erstaunlich robust! Und der Ausblick von da oben muss ja unglaublich sein … Was meint Ihr, wäre es wohl möglich, den Bau morgen mal zu besichtigen?«
    »Noch jemand, der gern Belagerung spielt«, scherzte Rüdiger gegenüber Geneviève – und wusste nicht, wie Recht er damit behalten sollte.
    Vorerst aber entwickelte sich das Fest auf Burg Lauenstein nicht anders als vergleichbare Veranstaltungen auf jeder Feste im Abendland. Die Gastgeber hießen die Gäste willkommen, und die anwesenden Frauen ehrten sie je nach Verwandtschaft, Rang und Einfluss mit einem Kuss. Dann traf man sich im großen Saal, wobei die Gäste nach strengen Regeln an verschiedene Tische gebeten wurden. Den erhöhten Ehrentisch teilten sich an diesem Abend Dietmar und Gerlin, der Bischof und Sophia, die tief errötete, als sie sich als seine Tischdame wiederfand, sowie Rüdiger und Geneviève. Der Medikus gesellte sich bescheiden dazu – und Luitgart von Ornemünde lud sich schließlich selbst ein. Sie hatte den Bischof am Nachmittag empfangen – er konnte ihre Einladung kaum abweisen – und schon einige Becher Wein mit ihm geleert. Gerlin bezweifelte allerdings, dass sie ihn in irgendeiner Weise gegen die Lauensteiner beeinflussen konnte. Siegfried von Eppstein mochte sich ihre Klagen geduldig angehört haben, aber die Erbfolge stand für ihn längst fest.
    »Wobei Gott der Herr es aufs Schönste fügte, dass sich die ehemals streitenden Parteien hier nun minniglich verbinden!«, freute sich der Bischof und prostete Sophia zu.
    Er fand die junge Frau erkennbar entzückend. Und auch Geneviève hätte sich keine Sorgen machen müssen. Siegfried von Eppstein sprach das Thema Albigenser nicht an – oder beschränkte sich doch zumindest auf etwas, das er für eine harmlose Neckerei hielt.
    »Ihr habt Euch wirklich auf das Angenehmste entwickelt, Herrin Sophia!«, schmeichelte er der jungen Braut, die höfisch mit ihm plauderte und ihm zwischendurch beflissen Fleisch und Soße auf seinen Teller füllte. »Natürlich seid Ihr mir auch damals in Mainz schon aufgefallen, aber da wart Ihr doch noch ein … hm … etwas ungeschliffener Diamant. Jetzt dagegen … die Herrin Leonor hat Euch trefflich erzogen – und das mitten in einem Nest von Ketzern!« Er lachte, als Sophia sich auf die Lippen biss. »Ihr habt doch nicht selbst mit dem verwerflichen Irrglauben der Albigenser geliebäugelt?«
    Sophia schlug brav ein Kreuzzeichen – was die Angelegenheit gewöhnlich erledigt hätte. Allerdings mischte sich jetzt Luitgart mit schrillem Lachen in die Unterhaltung.
    »Sophia ist fest im Glauben!«, behauptete sie. »Aber vielleicht seht Ihr Euch die schwarze Hexe, die uns der Bruder der Herrin Gerlin ins Haus gebracht hat, mal näher an. Wart Ihr nicht Albigenserin, Frau Geneviève?«
    Gerlin fragte sich, woher sie das wusste.
    Geneviève wurde blass und suchte sichtlich

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