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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Geneviève gab ihm bereitwillig nach, auch als er dann die Bänder ihres Kleides löste. Sie hatte sehr bald gelernt, die körperliche Liebe zu schätzen – wieder etwas, wofür sie sich schuldig fühlte. Der Graf von Toulouse hatte sich nicht getäuscht: Geneviève de Montalban war eine leidenschaftliche Frau. Und sie hatte am Minnehof der Herrin Leonor einiges darüber erfahren, wie man seinen Gatten glücklich machte. Nur zufällig natürlich und äußerst missbilligend. Aber jetzt erinnerte sie sich und teilte mit Rüdiger, der ihren Körper mit Küssen bedeckte, ungeahnte Wonnen.
    Diesmal riss die beiden jedoch ein Kichern aus ihrer Zweisamkeit. Der Ritter mit seinen seit Jahrzehnten geschulten Reflexen reagierte sofort und griff nach seinem Schwert. Rüdiger hatte während der Reise verbissen trainiert, die Waffe mit seiner gesunden Hand zu führen. Dabei sprang er auf und gab Geneviève den Blick auf einen Spalt in der Holzwand der Kemenate frei – und auf ein rundes, grinsendes Bubengesicht. Der Kleine schrie erschrocken auf, als er Rüdigers Schwert sah, und verschwand.
    Auch Geneviève erschrak zu Tode. Hoffentlich war das Kind nicht gefallen, die Kemenate musste doch hoch über der Erde liegen … Sie erreichte den Durchgang fast gleichzeitig mit Rüdiger – und beide sahen gerade noch zwei kleine Jungen, die sich blitzschnell über eine behelfsmäßige Strickleiter nach unten hangelten und dann über die Wiese davonrannten. Das Gemach lag auch längst nicht so hoch über dem Erdboden, wie Geneviève geglaubt hatte – kaum mehr als vier Ellen. Der fantastische Blick ergab sich aus der allgemein hohen Lage der Burg.
    »Was ist das denn?«, fragte Geneviève belustigt, als sie den ersten Schrecken überwunden hatten. Rüdiger inspizierte den Durchgang jetzt genauer: Offensichtlich hatte jemand ein paar Nägel entfernt und damit die Möglichkeit geschaffen, die Wandbretter zur Seite zu schieben. Zumindest ein schlanker Mensch konnte leicht hindurchschlüpfen. »Ein Fluchtweg?«
    Rüdiger lachte. »Wohl eher ein Einstieg! Die Jungen waren doch nicht zum ersten Mal da, wahrscheinlich spielen sie hier regelmäßig ›Belagerte Burg‹.«
    »Oder ›Befreiung der Prinzessin‹«, meinte Geneviève. »Das sieht mir mehr nach dem Werk eines Erwachsenen aus. Oder eines Halbwüchsigen, der mit seiner ›Dame‹ allein sein will.«
    Rüdiger grinste. »Ich kann’s den Leuten nicht verdenken«, bemerkte er. »Die Bauernhäuser haben meist nur eine Stube, und die teilt man sich mit der ganzen Familie und den Hühnern.«
    Geneviève lächelte verschwörerisch. »Also wirst du’s nicht Frau Gerlin sagen und veranlassen, dass der Durchgang geschlossen wird?«
    Rüdiger schüttelte den Kopf. »Ach was! Dietmar wird die Burg sowieso in absehbarer Zeit abreißen – sie ist ja ein Schandfleck für Lauenstein, wenn sie hier verrottet. Und so lange sollen sie sich hier ruhig amüsieren – samt ihrer frechen kleinen Zuschauer!« Er wies auf die flüchtenden Kinder.
    »Wobei ich allerdings wirklich geschlossene Kemenaten bevorzuge«, meinte Geneviève. »Komm, gehen wir hinunter. Lass uns sagen, du müsstest vor der Feier am Abend noch etwas ruhen …«
    Rüdiger runzelte die Stirn. »Du willst mich wohl den Rest meines Lebens als Invaliden vorführen!«, rügte er sie. »Immer dann, wenn es dir gerade passt. Aber warte nur ab, ich räche mich! In ein paar Monaten wird dein Bauch so dick sein, dass du es bist, die Ruhe braucht!«
    Am Nachmittag wurde in der Burg der Bischof erwartet. Sein Gefolge würde sämtliche freien Kemenaten belegen. Salomon machte Gerlin förmlich seine Aufwartung und bot an, seine Wohnung dem Bischof zur Verfügung zu stellen.
    »Seine Exzellenz hat früher schon hier geweilt, noch zu Lebzeiten von Dietrichs Vater«, erklärte er. »Er wird erbost sein, wenn ihm die besten Gemächer verwehrt werden – und wenn er obendrein hört, dass Ihr sie einem Juden zur Verfügung gestellt habt …«
    Gerlin rieb sich die Stirn. »Aber Ihr braucht eine komfortable Unterkunft«, wandte sie ein, »die obendrein nicht zu hoch liegt … Ihr müsst Euch von der Reise erholen.«
    Sie bemühte sich, nicht zu mitleidig auf das steife Bein des Medikus zu starren.
    Salomon winkte ab. »Ich kann mich in jedem Bett ausstrecken.« Er senkte den Blick. »Und die schönsten Nächte meines Lebens verbrachte ich ohnehin in einem Gauklerkarren. Nicht immer braucht man weiche Kissen, um zufrieden zu sein. Ich schätze

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