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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Nur Dietmar schien vor Tatendrang kaum zu halten. Gerlin musste lächeln, als ihr einfiel, wie sie den in rechte Bahnen lenken konnte.
    »Dietmar, ich denke, ich werde euch jetzt allen Quartiere anweisen und das Badehaus anheizen lassen, damit ihr euch später erfrischen könnt. Vielleicht begibst du dich vorher noch rasch in die Räume der Frau Luitgart und bittest sie förmlich um die Hand ihrer Tochter. Rüdiger möchte dich vielleicht begleiten …«
    Rüdiger grinste und zwinkerte seiner Schwester zu. Gerlin fühlte sich erleichtert. So verändert er war, seinen Humor hatte er nicht verloren.
    »Wir verabschieden dann auch gleich auf würdige Weise den Herrn Leopold«, bemerkte er.
    Gerlin lachte und fühlte sich so frei und beschwingt wie seit Jahren nicht mehr, als sie die jungen Frauen und den Medikus die Stiegen hinauf zu den Wohnräumen führte. Salomon fiel es schwer, die Treppen hinaufzusteigen, aber er wehrte ab, als Geneviève anbot, ihn zu stützen. Er war stolz, er wollte keinen siechen Eindruck auf sie machen. Und sie selbst …
    »Ich freue mich«, sagte sie leise, als sie ihm die Tür zu den komfortabelsten Gemächern öffnete, die Lauenstein zu bieten hatte. »Ja, ich freue mich.«

Kapitel 3
    S ophia machte sich schön, soweit es die spärliche Ausstattung zuließ, die sie in den Satteltaschen mitgeführt hatte. Gerlin hatte dafür gesorgt, dass ihr dunkelgrünes Unterkleid und die mattgrüne Surcotte wenigstens gelüftet und geplättet worden waren, als Sophia aus dem Badehaus kam. Die junge Frau bürstete sich das Haar vor dem wunderschönen venezianischen Spiegel, den sie in ihrer Kemenate vorfand. Gerlin hatte sich ungern davon getrennt – schließlich war es das letzte Geschenk ihrer Ziehmutter Eleonore gewesen. Aber ein Spiegel verlangte nach dem Bild einer schönen Frau, einer jüngeren – ihre zukünftige Schwiegertochter hätte der Königin Eleonore gefallen. Das Medaillon, das Dietmar Sophia damals in Mainz geschenkt hatte, war Gerlin viel wichtiger. Er hatte es ihr bei seiner Heimkehr zurückgegeben, und sie würde es wie einen Schatz hüten.
    Sophia wirkte beschwingt und glücklich, als sie mit wehendem Haar und vom Bad leicht gerötetem Gesicht die Stiegen hinuntertanzte. Miriams Mantel brauchte sie nicht mehr – niemand lauerte ihr im Burghof auf.
    Luitgart verdarb ihr die gute Stimmung allerdings rasch. Sie warf nur einen kurzen Blick auf ihre Tochter, als diese eintrat. Sophia, die eigentlich eine Umarmung erwartet hatte, knickste verunsichert.
    »Du hängst also dein Mäntelchen nach dem Wind?«, fragte Luitgart hämisch.
    Sophia errötete. »Ich verstehe nicht …«, sagte sie leise. »Aber ich … ich bin froh, wieder hier zu sein …«
    Luitgart schnaubte. »Natürlich. Darauf zielte doch alles. Sehr elegant eingefädelt, junge Dame! So viel Raffinesse hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
    Sie goss sich Wein ein, ohne Sophia welchen anzubieten. Dabei ertappte sich ihre Tochter gerade bei der seltenen Überlegung, dringend eine Stärkung zu brauchen.
    »Ich hab nichts eingefädelt«, verteidigte sich Sophia. »Was denn auch und warum? Ich …«
    »Du hast dein Erbe verteidigt«, sagte Luitgart mit müdem Lachen. »Ob dein Vater und ich dabei auf der Strecke blieben, hat dich nicht gekümmert. Aber jetzt hast du ja, was du willst – du wirst Herrin auf Lauenstein.«
    Sophia sah sie hilflos an. »Aber ich wollte Lauenstein doch gar nicht. Lauenstein war mir ganz egal, ich … ich wollte nur ihn … nur Dietmar.«
    Luitgart lachte jetzt schallend. »Dann warten wir mal ab, wie lange er dich will! Dem passtest du nämlich auch sehr gut in den Kram. Der Erbe und die Erbin … niemand wird irgendetwas anfechten …«
    Sophia hätte anführen können, dass Dietmar sie nicht heiraten musste. Sein Anrecht auf Lauenstein war völlig unumstritten. Aber Luitgart lebte in ihrer eigenen Welt.
    Die junge Frau wandte sich ab, eingeschüchtert und traurig. Sie wünschte sich Trost, aber dann wagte sie es kaum, an die Tür von Dietmars Kemenate zu klopfen. Von drinnen war angeregtes Geplauder zu hören, Sophia erkannte die Stimmen von Rüdiger, Dietmar und Gerlin. Gerlin, die freundlich gewesen war, aber sie eigentlich trotzdem hassen musste. Die Feindin ihrer Mutter – die Frau, die ihren Vater getötet hatte …
    Sophia wollte gehen, aber dann straffte sie sich. Sie musste, sie wollte auf Burg Lauenstein leben. Also musste sie sich mit Dietmars Familie arrangieren.
    Geneviève öffnete

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