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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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die ihre ausladenden Äste schützend über die Pflanzen von niedrigerem Wuchs breiteten, gedrungene Bäume mit tief gefurchter Rinde und Büsche, die übervoll waren von roten und orangefarbenen Blüten. Dazwischen entdeckte sie auch andere Arten von niederem Wuchs, die mit ihren großen, fächerartigen Blättern jeden Sonnenstrahl aufzufangen suchten, den die Kronen der Baumriesen durchließen. Die Pflanzen dicht über dem Erdreich waren sogar noch vielfältiger und so sehr ineinander verwachsen, dass es ihr unmöglich schien, sie auseinander zu halten. Dichtes Grün in unzähligen Schattierungen wechselte mit Blüten und Dolden in allen Farben des Regenbogens, an denen sich große Insekten, farbenfrohe Falter oder Vögel labten.
    Der Wald war voller Leben und die Luft erfüllt vom Gesang der Vögel. Schlangen und Eidechsen durchschwammen das Wasser, und immer wieder scheuchten sie im Vorbeifahren Wild auf, das seinen Durst am Ufer löschte.
    Je weiter sie kamen, desto mehr traten die Ufer zurück. Der Fluss verbreiterte sich stetig, und immer öfter spürten sie die Wärme der Sonnenstrahlen auf der Haut.
    Ajana schloss die Augen und atmete tief durch. Die lieblichen Düfte, das friedliche Gleiten des Bootes und die überwältigende Kulisse des Dschungels weckten in ihr ein Gefühl des Friedens und der Geborgenheit, das sie lange vermisst hatte. Es war das erste Mal seit ihrem überstürzten Aufbruch aus Sanforan, dass sie sich wohl fühlte.
    Das erste Mal? – Nein!
    Ajana lächelte versonnen. Wie von selbst wanderten ihre Gedanken zurück zur vergangenen Nacht, und eine heiße Woge des Glücks durchströmte sie. Niemals zuvor war sie Keelin so nahe gewesen. Der Gedanke an die zärtlichen Stunden in seinen Armen jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken. Er liebte sie, und sie liebte ihn, was immer auch kommen mochte. Diese wunderbare Nacht unter den Sternen Nymaths konnte ihnen niemand mehr nehmen. Und wenn der Abschied auch näher rückte, so wusste sie doch, dass sie die Erinnerung daran – diese einmalige und unendlich kostbare Erinnerung – immer in ihrem Herzen tragen würde.
     
    Als die Sonne im Zenit stand, glitten sie an einer Siedlung vorbei. Die Hütten wirkten verlassen, die wenigen Boote lagen einsam auf dem sandigen Uferstreifen. Ajana reckte sich, um besser sehen zu können, aber der Fluss trug sie davon, ehe sie einen zweiten Blick auf das Dorf werfen konnte.
    Am Nachmittag bot Keelin ihr an, das Boot allein zu steuern, damit sie sich ausstrecken und etwas ruhen konnte.
    Blinzelnd beobachtete sie den Wechsel von Licht und Schatten im Blätterdach über dem Fluss, lauschte auf das Plätschern des Wassers und die Stimmen des Waldes und genoss die sanft schaukelnden Bewegungen des Bootes. Es war ein wunderbares Gefühl, einfach so dahinzugleiten, und sie wünschte sich, es würde niemals aufhören, als gäbe es kein Morgen und keine Ungewissheit.
    Was ist, wenn es mir nicht gelingt, hierher zurückzukommen?
    Da war er wieder, der Gedanke, der sie schon den ganzen Tag quälte und den sie immer wieder aufs Neue zu verdrängen suchte. … Wenn ich ihn nun niemals wiedersehe?
    Ajana schluckte hart. Für einen Augenblick wünschte sie sich die Eifersucht und Enttäuschung zurück, mit der sie aus Sanforan fortgeritten war. Damals war ihr alles so einfach erschienen, so klar.
    Der Gedanke, dass Keelin sie nicht liebte, hatte unsäglich wehgetan, aber er hätte ihr den Abschied leicht gemacht.
    Und jetzt?
    Keelins zärtliche Berührungen und seine liebevollen Worte hatten nicht nur die Mauern eingerissen, die sie um ihre Gefühle errichtet hatte, sie hatten auch den Weg frei gemacht für die Verzweiflung und Verzagtheit, die sie dahinter eingesperrt hatte. Nun stürmten sie auf sie ein, die Fragen, auf die es keine Antwort gab, die Hoffnungen, von denen sie nicht wusste, ob sie sich erfüllen würden, und die nagenden Zweifel, die Wenn und Aber, die sich augenblicklich einstellten, sobald sie eine der beiden Möglichkeiten erwog. Dabei wusste sie sehr wohl, dass sie keine Wahl mehr hatte. Die Würfel waren längst gefallen. Weder die gemeinsame Nacht, noch das, was Keelin und sie miteinander geteilt hatten, mochten noch etwas daran ändern, dass sie Nymath verlassen würde. Sie würde gehen, und er würde zurückbleiben, zum Warten verdammt, bis sie eines fernen Tages zu ihm zurückkehrte.
    Und wenn es mir nicht gelingt, hierher zurückzukommen?
    Ajana presste die Hände auf die Ohren, als

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