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Das Erbe der Uraniden

Titel: Das Erbe der Uraniden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Frage ist nicht nötig.« Canning zog ein Zeitungsblatt aus der Tasche, reichte es van der Meulen. »In der letzten Sitzung in Buenos Aires wurde diese Frage bereits an das Medium gerichtet. Ein Teilnehmer hat die Antworten des Mediums mitgeschrieben und in der Zeitung veröffentlicht.«
    Van der Meulen nahm das Blatt und las den Zeitungsbericht vor. Lachte dann laut los. »Nun, da wären wir ja ein ganzes Stück klüger. – Gott schickt einen Engel, der mit seinen Flügeln den Brand ausweht. Ja, ja! Schade, Don Roberto! Die gespannte Neugierde, mit der ich diese Majadevi erwartete, ist durch diese etwas reichlich kindliche Antwort um einige Grade gesunken.« -
    »Mag sein, Mr. van der Meulen, daß die Worte des Mediums sich gedruckt etwas naiv ausnehmen. Wenn Sie aber weiterlesen, werden Sie finden, daß der Eindruck der gesprochenen Worte auf die Teilnehmer der Sitzung sehr stark gewesen ist. Wie überhaupt…«
    »Lassen wir den Streit, Don Roberto, wir werden ja gleich mit eigenen Augen und Ohren das Wundermädchen kennenlernen.«
    »Gewiß, ich denke, der Inder wird bald anfangen können. Gehen wir!«
    Canning wandte sich lachend zu den Damen. »Der Kerl ist von einer exemplarischen Häßlichkeit. Wie der zu der schönen Enkelin kommt, erscheint mir reichlich dunkel. Denn diese Majadevi ist ein hervorragend schönes Geschöpf. Der Alte ist übrigens sehr besorgt um sie. Mein Majordomo wollte ihn in der oberen Etage installieren, die Enkelin im Erdgeschoß. Der Inder protestierte aber so lange, daß ich mich schließlich ins Mittel legen mußte. Nun sind sie beide im Erdgeschoß einlogiert. Wie schon gesagt, Sarata hütet das Mädchen wie seinen Augapfel, wie’s scheint. Gehen wir gleich in den großen Speisesaal!«
    Dort fanden sie zu ihrem Erstaunen das Medium allein auf einem Stuhle sitzend.
    Beim Eintritt der Gesellschaft erhob sich das Mädchen, ging ein paar Schritte auf sie zu und erklärte in ziemlich geläufigem Englisch, ihr Großvater sei nach unten gegangen, noch etwas zu holen.
    Hortense trat mit Violet auf die Fremde zu und reichte ihr die Hand. Vergebens suchte sie nach passenden Worten, um eine Unterhaltung anzuknüpfen. Sie, die Weltgewandte, wußte dem seltsamen Gast gegenüber nur ein paar banale Redensarten zu finden.
    Die Fremde sprach nur wenige Worte, zeigte überhaupt eine seltsame Zurückhaltung. Das blasse Oval des schönen Gesichtes blieb Starr. Die Augen, jetzt teilnahmslos, fast leer der Blick, jetzt unruhig umhersuchend wie in Erwartung oder – Furcht. Und doch lag über der schlanken, fast kindlichen Gestalt ein seltsamer Liebreiz.
    Violet in ihrer impulsiven Art glaubte den Bann brechen zu können. Sie schob ihren Arm unter den Majadevis, zog sie in mutwilliger Gangart der Glasveranda zu, wo der Radioapparat gerade noch die letzten Takte eines Tanzes hören ließ. Dabei sprudelte sie über von lustigem Geplauder. Die Fremde folgte nur schwach widerstrebend. Ihre leichtgebräunten Wangen röteten sich, als ob sie eine schamhafte Schüchternheit überwinden müsse. In ihren Augen leuchtete es hell auf, ein Schein von Freude zuckte über ihre Züge.
    Dann blieb das Mädchen plötzlich stehen. Seine Augen blickten in zögernder, wortloser Angst zu dem gegenüberliegenden Saaleingang, durch den eben Sarata trat.
    Der Inder trat zu dem Mädchen und sprach ein paar Worte in indischer Sprache zu ihr. Majadevi nickte und schritt aus dem Saal.
    »Während meine Enkelin sich umkleidet, darf ich den Herrschaften vielleicht ein paar Worte über ihr Schicksal sagen.
    Ich hatte eine einzige Tochter, mit der ich eine Zeitlang in Peschawar lebte. Ein russischer Kaufmann, der öfters nach Peschawar kam, heiratete sie und nahm sie mit sich nach Andijan. In dem großen Aufstand sind die beiden ums Leben gekommen. Ich befand mich auf der Reise zu ihnen. Als ich nach Andijan kam, fand ich Majadevi bei mitleidigen Leuten, die sich des verwaisten, hungrigen Geschöpfes angenommen hatten.
    Das arme Kind, es war damals vierzehn Jahre alt, kannte mich nicht wieder und folgte mir nur widerstrebend. Es war durch die schrecklichen Ereignisse halb wahnsinnig geworden. Man hatte Majadevi bewußtlos in den Armen der toten Mutter gefunden. Ich begab mich mit ihr nach Lahore. –
    Natürlich hörten auch wir in Lahore von dem aufsehenerregenden Flug Jonas Lees zum Mond und der Wahrscheinlichkeit, daß er dort umgekommen sei.
    Es war am Abend vor jenem Tage, an dem die Leichen Lees und seiner Gefährten im

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