Das Erbe der Uraniden
aus Südafrika hält die Regierung der Vereinigten Staaten von Südamerika den Zeitpunkt für gekommen, den Bürgern der Südamerikanischen Union die Mitteilung zu machen, daß die Arbeiten Señor van der Meulens, ein mit Elektronenenergie getriebenes Raumschiff zu bauen, so weit vorgeschritten sind, daß das Flugschiff in absehbarer Zeit einen Probeflug antreten wird.
Die Welt verhielt den Atem. Das gestrige unerhörte Ereignis war überholt, übertrumpft. In der Südafrikanischen Union war die Erregung auf Siedehitze gesteigert und überschlug sich fast.
Schwindel! Bluff! Gestohlen! Die Ehre der jungen Nation berührt! Selbst die Gemäßigten sprachen von Anmaßung, verlangten schnelle Untersuchung.
Die Meldungen der offiziellen Büros schienen bestrebt, die Gemüter zu besänftigen, gossen jedoch nur Öl in die Flammen. Sie schlossen mit der Erklärung, daß auf jeden Fall die Priorität auf Seiten der Südafrika-Union wäre und wiesen darauf hin, daß die, die es wagten, ein ähnliches Unternehmen ins Werk zu setzen, die volle Verantwortung dafür zu tragen hätten.
Die Heere von Berichterstattern rannten hier und dort gegen undurchdringliche Mauern… Das war die erste Folge. Die Werft in Johannesburg, die Werft in Buena Vista waren durch stärkste Sicherungsmaßregeln geschützt, im weiten Umkreis zu Luft und Land abgesperrt und von todbringenden Hindernissen umgeben.
Zwei kleinste Lokalzeitungen, in Transvaal der ›Witwaters Advertiser‹ in Gran Chaco der ›Monitore del Vermejo‹, erhoben sich in wenigen Tagen zu Blättern von Weltbedeutung.
Ebenso wie der Botschafter der Südamerikanischen Union in Kapstadt hatte der der Südafrikanischen Union in Buenos Aires einen längeren Besuch im Auswärtigen Amt gemacht. Die Folge davon war, daß die offiziellen Blätter der beiden Regierungen sich über alles, was den Bau der Raumschiffe betraf, ausschwiegen. Die beiden kleinen Lokalblätter waren die Organe der beiden um die Wette bauenden Werften geworden. Sie wurden die Herolde, welche die Taten Harrods und van der Meulens der Welt verkündeten, wobei es häufig geschah, daß die Herolde selbst in argen Streit gerieten und sich mit schärfsten Waffen bekämpften.
Während sich die Welt in den mannigfachsten Vermutungen erging, wie das Wettbauen der beiden Konkurrenten Harrod und van der Meulen enden würde, wer zuerst den Flug zur Venus antreten würde und wer das Rätsel dieser mystischen Nachrichten von dem Nachtgestirn lösen würde, brachte der Berliner Funkdienst folgende überraschende Mitteilung:
»Es ist durch genaue Rahmenpeilungen festgestellt, daß die rätselhaften Zeichen, die von den schwebenden Sternwarten von Greenwich und Berlin aufgenommen wurden, zweifellos von der Venus kommen. Ferner ist es gelungen, den Sinn dieser Zeichen zu ermitteln. Es sind Bildtelegramme in Kartesischen Koordinaten.«
Kopfschüttelnd, ungläubig hörte jedermann diese Kunde. Nur wenige gab es, die überhaupt verstanden, was die Erklärung bedeuten solle. Da kam am nächsten Tag die Radiomeldung aus Berlin, daß in Abänderung des Abendprogramms Professor Franke von der Berliner Warte einen Vortrag über seine Beobachtungen halten werde.
Kaum war jemals ein Vortrag des Rundfunks mit größerer Spannung, größerem Interesse erwartet worden. Es waren Millionen, die in der Abendstunde am Lautsprecher saßen.
»Meine Herrschaften! Die Presse hat sich in der letzten Zeit schon genügend darüber ausgelassen, mit welchen Schwierigkeiten es verknüpft ist, wenn zwei Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen, einander gegenübersitzen und sich verständigen wollen. Es ist das eine tatsächliche Unmöglichkeit. Und doch gibt es Menschen, die imstande sind, diese Unmöglichkeit zu überwinden. Das sind die Leute der den meisten von Ihnen so unsympathischen Wissenschaft, der Mathematik.
Wenn ich die Behauptung aufgestellt habe, daß es uns möglich geworden ist, die Zeichen von der Venus zu entziffern, so werde ich bei dem Versuch, es Ihnen zu beweisen, wohl von vielen schlecht verstanden werden. Doch auf die Gefahr hin, Mißverständnis oder Unglauben zu begegnen, werde ich doch kurz erzählen, wie wir zu der Entdeckung gekommen sind.
Jener Lehrsatz des Pythagoras, den wohl die meisten von Ihnen in Erinnerung haben, gab den Schlüssel, das Geheimnis zu lösen. Die Wesen dort oben – ich möchte hier die bestimmte Vermutung aussprechen, daß sie uns technisch weit voraus sind –, gaben mit ihren Signalen
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