Das Erbe der Vryhh
sagte er. »Sie erhalten meine Antwort bis morgen mittag. Sind Sie damit einverstanden?«
Sapato stand auf und winkte leger zum Abschied. »Lassen Sie sich nur Zeit. Bessere Waren als diese finden Sie nirgends.« Er schlenderte aus dem Zimmer.
Der Ajin runzelte die Stirn, starrte auf den Chip und schob ihn mit der Fingerspitze fort. »Na?«
»Ist ziemlich selbstsicher, nicht wahr?«
»Allerdings.«
»Ich würde sagen, er ist ein guter Geschäftsmann; von ihm bekämst du erstklassige Ware für dein Geld, und Nachschub. Und Ersatzteillieferungen wären ebenfalls abgesichert. Andererseits dürfte sein Preis höher sein als der der anderen. Und bestimmt hat er Feinde. Das könnte alles komplizierter machen und selbst hier zu nachteiligen Auswirkungen führen. Ein gefährlicher Mann, ein wenig instabil - und ein schlimmer Gegner. Ganz sicher das, was er von sich behauptet. Sapato ist weder ein Pajungg-Spion noch ein Aufschneider.«
»Ja.« Der Ajin berührte den Sensor. »Schickt Colgar herein.«
Taggert! Shadith hielt unwillkürlich die Luft an, konzentrierte sich dann darauf, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Damit war er also die ganze Zeit über beschäftigt. Hat sich eine neue Identität zugelegt. Und bestimmt ist sein persönlicher Hintergrund hieb- und stichfest. Sie bedachte ihn mit einem weiteren Blick und fragte sich, wie sie ihn so rasch erkannt hatte. Das lichte weiße Haar existierte nicht mehr; sein Schädel war jetzt kahl und glänzte wie poliertes Parkett. Er wirkte hartgesotten und erfahren und klug, wie eine Statue aus Metabeton. Nichts war übriggeblieben von dem lächelnden Mann, der Kinder mochte und stundenlang mit seinen eigenen Sprößlingen zusammensaß, ihnen Märchen und Abenteuergeschichten erzählte. In der Rolle des Waffenschmugglers war er so gefährlich wie ein altes Schwert, dessen Klinge das Blut Tausender getöteter Feinde geschmeckt hatte.
Gefährlich auch für Shadith - obwohl er sicher nichts davon ahnte.
Er mußte die erstbeste Gelegenheit wahrnehmen, den Ajin zu erledigen. Die Zeit seines Aufenthalts an diesem Ort war sehr begrenzt. Verdammt! Wenn ich nur wüßte, woraus die Falle besteht und wie sie funktioniert-dann könnte ich ihn warnen. Hm. Sein Glück ist mein Pech. Wenn Taggert den Ajin umbrachte oder ihn nach Dusta verschleppte, so bedeutete das ein ebenso rasches wie unangenehmes Endes ihres Lebens in dem neuen Körper, eine erschreckende Verschwendung von gesundem Fleisch. Zwar war Shadith bereit, ihr Leben in dem Leib zu beschließen, den sie gewählt hatte, doch andererseits wollte sie jenes natürlich Ende so lange wie möglich aufschieben, hoffte sie darauf, ein hohes Alter zu erreichen und zu genießen. Was für eine verzwickte Lage! Sie betrachtete kurz die Darstellung auf dem Schirm. Ähnlich beschaffen wie die Sapatos, ebensoviel Blut, eine ebenso geschickte suggestive Wirkung. Himmel, Taggert, wie konntest du nur … Meine Güte, sei nicht dumm, Schatten; er tut nur seine Arbeit. Und es wird Zeit, daß du seinem Beispiel folgst.
Kurz darauf war die Vorführung zu Ende, und der Ajin nahm den Chip aus dem Gerät und legte ihn neben die beiden anderen.
»Höchst eindrucksvoll. Sie erhalten meine Antwort bis morgen mittag. Sind Sie damit einverstanden?«
Colgar/Taggert stand auf, bedachte den Ajin mit einem knappen Nicken und verließ das Zimmer, wobei er sich so lautlos und geschmeidig bewegte wie eine jagende Raubkatze.
Der Ajin lehnte sich in seinem Sessel zurück und lächelte.
»Nun, Glückskind, was hältst du von jenem Mann?«
»Wenn du ein Messer auf ihn richtest, dürfte die Klinge stumpf werden. Hat das Charisma eines Felsens und ist vermutlich ebenso hart. Erstklassige Ware, ein guter Preis, kein Handeln. Entweder du nimmst das Angebot an oder läßt es. Kein Mann, den man mögen oder ablehnen kann. Nutz ihn wie eine Maschine. Er wird dich nicht hereinzulegen versuchen; andererseits mußt du bei ihm für alles bezahlen, selbst für die Ölflekken auf den Gewehrkolben. Was seine anderen Qualitäten und Eigenschaften angeht - keine Ahnung.« Shadith beobachtete den Ajin und wartete darauf, wie er auf diese Worte reagieren mochte. Sie machte sich kaum Sorgen: Bisher hatte er durch nichts zu erkennen gegeben, daß er wußte, was in ihr vor sich ging, wenn sie lächelte.
Dr Ajin schob die Chips hin und her. »Welcher, Glückskind?
Wessen Waren soll ich kaufen?«
Plötzlich sah sich Shadith mit einer Versuchung konfrontiert, die fast
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