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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zu sein. Ihre Zirkelschwestern und -brüder hatten hiermit leben müssen, begleitet von Verheerung und Gefahr. Daß sie so lange gewartet hatten, ließ sich als Beweis für die große Liebe interpretieren, die sie Amaiki entgegenbrachten. Sie war beschämt, als sie sich daran erinnerte, mit welcher Beiläufigkeit sie jene Empfindungen akzeptiert hatte, als sie sich auch an den Zorn entsann, der in ihr entstand, als der Zirkel aufbrach. Das Leben im Dom:
    . Nie herrschte wirklich Mangel an Nahrungsmitteln und
    Bequemlichkeit, und außerdem war sie dort sicher gewesen. Bisher hatte sie sich nicht einmal vorstellen können, was außerhalb der Energiebarrieren geschah, was während der kaum zwei Jahre ihrer Abwesenheit dem Hochland und dem dort lebenden Volk zugestoßen war.
    Amaiki ließ Ymori hinter sich zurück und folgte dem Verlauf der Erntestraße, die in die Felder führte. Dort jedoch gab es zu viele Zäune. Das zwang sie dazu, die Geschwindigkeit drastisch zu reduzieren, und außerdem befürchtete sie, sich in diesem Bereich zu verirren. Sie griff in den Werkzeugkasten, nahm den Schneider zur Hand und stellte ihn so ein, daß der Strahl mehrere Meter lang wurde. Dann steuerte sie den Schlitten auf die Straße zurück und legte das Gerät so bereit, daß sie sich damit jederzeit verteidigen konnte.
    Sie verbrachte den Rest des Tages damit, wachsam und in geringer Höhe über den sanft geneigten Hang zu fliegen, an dem sich die Straße entlangwand, mied mit einem weiten Umweg die Nähe zweier weiterer verlassener Siedlungen und sah keine anderen lebenden Wesen als nur einige Greifvögel, die weit oben am Himmel ihre Kreise zogen. Tod und Zerstörung. Weshalb hatte Hyaroll das alles geschehen lassen? Ein schleichender Prozeß, der sich über Jahre hinzog - so etwas ereignete sich nicht von heute auf morgen. Oder doch? Amaiki erinnerte sich an Wasserknappheiten, daran, wie die Pflanzen auf den Feldern nach und nach eingingen.
    Jahr um Jahr - und doch ging es den Familien recht gut, gab es für alle genug zu essen und keinen Grund zu verzweifeln und zu befürchten, im nächsten Jahr werde es noch schlimmer. Und tatsächlich: Der Regen ließ die Hoffenden nicht im Stich, auch wenn er mit jedem verstreichenden Jahr geringer wurde. Damals, als entschieden wurde, sie, Amaiki, solle eine der fünfzehn Diener Hyarolls sein, war das Leben im Dum nicht mehr ganz so fröhlich gewesen, doch es hatte keinen Anlaß zu Verzweiflung gegeben.
    Nach dem Sonnenuntergang verfinsterte sich der Tag rasch.
    Amaiki war spät aufgebrochen und beabsichtigte daher, während dieser Nacht nicht zu ruhen, doch nachdem sie zweimal von der Straße abgekommen war und den Schlitten dabei fast in ein Wrack verwandelt hätte, fuhr sie langsamer, bis sie ein verlassenes Gehöft erreichte. Sie hielt es nicht für angeraten, im Haus zu schlafen, denn das mußte das erste Ziel von Plünderern sein, und deshalb begab sie sich in einen leeren Schuppen. (Es stank darin wie in einem Tedo-Stall; doch im Scheinwerferlicht zeigte sich kein Schmutz - die Bewohner dieses Anwesens hatten nicht einmal Stroh oder eine Decke zurückgelassen.)
    Das Holz wies keine Risse auf, durch die Licht nach draußen dringen und sie verraten konnte. Amaiki nahm eine kalte Mahlzeit ein, erhitzte mit Hilfe des tragbaren Herdes Wasser für Tee und hockte sich anschließend auf die Türschwelle. Ab und zu trank sie aus dem Becher und beobachtete, wie der wächserne Araxos am Himmelsgewölbe emporkletterte und sich in den nächtlichen Dunst am Zenit hüllte. Das Problem, dachte sie, besteht nicht etwa in der Intensität des Lichtes, sondern darin, wie es fokussiert wird.
    Erst jetzt fällt mir auf, wie wichtig Schatten sind, um Entfernungen einzuschätzen. Sie nahm den Becher in beide Hände, und die Wärme des Tees glitt durch ihre Arme und vereinte sich mit der des Leibes. Irgendwo in der Finsternis heulte ein Edinga den Mond an, und kurz darauf stimmten andere in seinen Gesang ein. Amaiki schauderte und trank den Tee, leerte den Becher und war überaus froh, daß sie sich dazu entschlossen hatte, den Weg nicht fortzusetzen und sich von den trügerischen Schatten in die Irre führen zu lassen. Das Gefühl der Einsamkeit legte sich ihr wie ein schweres Gewicht auf die Schultern, und sie war versucht, ebenso zu heulen wie die Edinga. Noch niemals zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so allein gefühlt. Selbst im Dom gab es einen Naish, an den man sich kuscheln konnte, wenn das Empfinden

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