Das Erbe der Vryhh
erzählte, was sich ereignet hatte, seit der Ikanom mit ihr aus dem Herzen des Domes zurückgekehrt war.
Am nächsten Tag rief Kell erneut an.
Ikanom gab Aleytys Bescheid, und daraufhin wandte sie sich an Shareem. »Kann ich ihn irgendwie lokalisieren?«
»Beauftrage den Kephalos damit. Und … hm … Wenn er sich in seinem Dom aufhält und die dortige Einrichtung nicht allzu sehr verändert hat, müßte ich das eigentlich feststellen können, wenn ich seine Umgebung sehe.«
»Also sollten wir schon aus diesem Grund mit ihm sprechen.«
Aleytys drehte sich zu Ikanom um. »Versuch herauszufinden, wo er sich aufhält - ohne daß er etwas davon bemerkt. Leite den Anruf in dieses Zimmer, aber laß uns zuvor noch ein wenig Zeit.« Sie nahm in einem Sessel Platz, sah dem Androiden nach und bedachte Shareem mit einem Lächeln. »Vielleicht solltest du dich ihm nicht zeigen - wenn er glaubt, es nur mit mir zu tun zu haben, gibt er sich möglicherweise eine Blöße.«
»Er weiß, daß ich hier bin.«
»Könnte sein. Vielleicht aber auch nicht. Lassen wir es darauf ankommen.«
Shareem nickte und wich zur Seite, so daß sie zwar den Schirm sehen konnte, sich jedoch nicht mehr im Erfassungsbereich der Übertragungskamera befand.
Kurz darauf zeichnete sich das Gesicht Kells auf der Projektionsfläche ab, die Züge gelassen, ein dünnes Lächeln auf den Lippen. Er wirkte so ruhig und selbstsicher wie ein Verkäufer, der insgeheim versuchte, seinen Kunden einzuschätzen. »Wie ich sehe, hast du dir eine neue Frisur zugelegt.« »Vorher war es mir zu warm. Was willst du?« »Ich möchte dir gratulieren.«
Aleytys lachte leise. »Und feststellen, ob ich deinen kleinen Scherz überlebt habe.«
»Das wußte ich in dem Augenblick, als die letzte Rakete explodierte.«
»Du hast dir zuviel Zeit gelassen, Vetter.« »Ich bin nicht dein Vetter, Dreckgesicht. Nenn mich nicht noch einmal so.« Er verlor einen Teil seiner Beherrschung, zwang sich dann dazu, erneut zu lächeln.
Aleytys schenkte der Zurechtweisung überhaupt keine Beachtung und fuhr fort: »Du hast zu sehr triumphiert, Vetter, dich zu früh auf meinen Tod gefreut. Damit ließest du Reem genug Zeit, sich an den Tod ihrer Mutter zu erinnern.« Sie schüttelte den Kopf. »In Zukunft jedoch rechne ich nicht mehr mit solchen Fehlern, die sich auf deine Überheblichkeit gründen. Ich erwarte klügere Aktionen deinerseits, Vetter. Oder ist auch das ein Fehler?«
»Du hast den größten Fehler gemacht, als du hierherkamst, Dreckgesicht.«
»O nein, Vetter, mein größter Fehler bestand darin, dich wie ein menschliches Wesen zu behandeln. Ich hätte dich als die Schlange töten sollen, die du bist.«
»Verschwinde von hier. Verlaß Vrithian. Du hast hier nichts zu suchen, Halbling. Du gehörst nicht hierher.«
»Du wirst immer langweiliger, Vetter, wiederholst dich dauernd.
Bist du jetzt fertig?«
Das Bild auf dem Schirm verblaßte zwar innerhalb eines Sekundenbruchteils, doch Aleytys und Shareem hatten noch Gelegenheit zu sehen, wie sich das Gesicht Kells in eine Fratze der Wut verwandelte. Aleytys drehte den Sessel herum. »Nun?« »Er befindet sich in seinem Dom.«
»Zumindest derzeit.« Aleytys runzelte die Stirn. »Warum hat er mich überhaupt angerufen? Das gibt mir zu denken …«
»Keine Ahnung. Nicht in erster Linie deshalb, um dich zu verhöhnen. Um festzustellen, ob du noch lebst.«
»Hmmm. Ich weiß nur wenig von ihm, doch aus dem, was du mir von ihm erzählt hast, läßt sich schließen, daß er niemals direkt zuschlägt. Er ist so aschlaverflucht heimtückisch und durchtrieben, daß ich einfach nicht begreife, warum er nicht an einer Vergiftung stirbt, wenn er sich vor Zorn die Lippen blutig beißt.« Sie klopfte mit den Fingern auf die Armlehne des Sessels. »Vielleicht hat er überall auf dieser verdammten Welt Fallen für mich vorbereitet.
Hmm. Sagtest du nicht, er hätte zwei Tage nach dem letzten Raketenangriff angerufen?«
»Das berichtete mir Ikanom.«
»Und du hast den Kephalos aufgefordert, besonders wachsam zu sein und ihm nicht zu trauen?«
»Mhm.«
»Dann mag das Gespräch eben ein neuer Schachzug Keils
gewesen sein. Die Frage ist nur: Was hat er diesmal vor?« Aleytys stand auf und wanderte nervös umher. »Was? Was?« Sie strich sich über das kurze Haar - bis die Locken sich glätteten und die Strähnen kleine Stacheln auf ihrem Haupt bildeten. »Ich war zu verdammt arrogant, Reem, habe ihn wie eine Närrin verspottet. Ein Fehler,
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