Das Erbe der Vryhh
Öffnung, die sichtbar wurde, als ein kleiner Teich wie von Geisterhand bewegt zur Seite glitt, fiel tiefer und tiefer in einen steinernen Schacht hinein, in eine lichtlose Finsternis, sank und sank - bis es schließlich sanft aufsetzte, in einem gewaltigen Gewölbe tief im Innern des Tafelbergs. Licht flammte auf, als der Schweber eine ovale und einige Meter über dem eigentlichen Höhlenboden befindliche Plattform berührte.
Loguisse formulierte ein einzelnes Wort: »Krasis.« Ohne sich mit einer Erklärung für ihre beiden Begleiterinnen aufzuhalten, drehte sie ihren Sessel um, stand auf und schritt in Richtung der Luftschleuse. Das Schott öffnete sich vor ihr und schwang nicht wieder zu. Mit einer gelassenen Selbstsicherheit, die sofort eine Bestätigung fand, trat sie in die Leere, und direkt unter ihren Füßen materialisierte eine weiße Keramikscheibe, die sie langsam zu Boden herabließ. Aleytys lächelte und entspannte sich. Kell hatte nicht die geringste Chance, in diesen Dom zu gelangen. Einen Schritt vor Shareem betrat sie die Schleuse und beobachtete, was weiter unten geschah.
Als Loguisse sich dem Boden näherte, kam eine große Gestalt aus goldgelb glänzendem Metall aus einem Seitentunnel hervor.
Sie bewegte sich mit anmutiger Eleganz, und nach einigen Metern blieb sie abwartend stehen. Ein weiteres Exemplar der phantastischen Androiden in den Diensten der Vrya. Das Geschöpf- wenn diese Bezeichnung angemessen war - schien entzückt über die Rückkehr seiner Herrin zu sein, das spürte Aleytys deutlich. Aber wie konnte ein aus elektronischen Schaltkreisen und Elaborationskristallen bestehendes Kunstwesen so intensive Empfindungen entwickeln? Wieso war es überhaupt dazu in der Lage, irgend etwas zu fühlen?
Loguisse trat von der Scheibe und schickte sie mit einem knappen Wink zur Luftschleuse zurück. »Kell«, sagte sie. »Du kennst seine Tricks. Er darf nicht zu uns gelangen.« Der Androide drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit, aus der er gekommen war.
Shareem schob sich an Aleytys vorbei, begab sich auf die Scheibe und erreichte kurz darauf den Boden. Aleytys sah dem Androiden nach, verwirrt von den Beziehungen zwischen Loguisse und ihren Konstruktionen. Ganz offensichtlich hielt die Herrin dieses Domes nichts von besonderen Empfangszeremonien. Roboter und Androiden - wenn auch nicht ganz so komplexe und prächtige wie diese - gab es nicht nur auf Vrithian, sondern auch auf anderen Welten, doch die meisten Leute, die sie herstellten oder besaßen, verlangten ein unterwürfiges Gebaren von mechanisch-elektronischen Dienern, die menschlichem Aussehen nachempfunden waren. Ihr gefiel, daß Loguisse von einem derartigen Verhalten nichts hielt. Andererseits jedoch bereitete ihr das auch ein gewisses Unbehagen, und diese Besonderheit machte die Tetrade noch geheimnisvoller. Sie trat auf die Scheibe, die Shareem zu ihr zurückgeschickt hatte, und schwebte zu Boden. Es geht los, dachte sie. Ich werde mir der Möglichkeiten bewußt, die sich mir aufgrund meines neuen Status bieten. Sie verließ die Scheibe und machte Anstalten, einige Worte an Loguisse zu richten, überlegte es sich dann jedoch anders und schwieg. Loguisse sah sich um, nickte und schritt durch den Tunnel, in dem der Androide verschwunden war.
»Ruh dich hier aus, solange du möchtest.« Loguisse deutete auf einen Sensor neben der Tür. »Wenn du etwas brauchst - ein Knopfdruck genügt, und deine Dienerin erscheint.« Sie deutete ein Lächeln an und ging.
Aleytys betrachtete ihr kleines und schlichtes Zimmer. Wie sie zufrieden feststellte, war alles in bester Ordnung. Gleichzeitig aber sah die Kammer so aus, als sei sie lange Zeit in Plastik eingehüllt gewesen und als habe gerade jemand das Siegel gebrochen. Sie nickte. Das bestätigte nur ihre gegenwärtige Einschätzung Loguisses. Die Tetrade zog ihre Androiden lebenden Personen vor. Die Kunstwesen gingen schweigend ihren Aufgaben nach und ließen sie in Ruhe. Es lag Loguisse nichts an Besuchern. Ganz gleich, wie sehr sie das Gegenteil behaupten mochte: Im Grunde genommen waren ihr Aleytys und Shareem so unwillkommen wie Flöhe, die ihren jung gebliebenen Körper heimsuchten. Wenn sie weiterhin ihr Wohlwollen genießen wollten, schloß Aleytys, sollten sie möglichst rasch eine Möglichkeit finden, ihren Dom zu verlassen und andernorts unterzukommen. Aleytys gähnte. Der lange Tag hatte sie erschöpft. Sie entkleidete sich, duschte, streckte sich anschlie
ßend in dem
Weitere Kostenlose Bücher