Das Erbe des Blutes - Roman
erinnern, an welchen Stellen
diese Verletzungen ihm zugefügt werden würden, indem er sich ins Gedächtnis rief, wo Eke Fairbairn überall verletzt worden war, doch der Schmerz und die Betäubungsmittel hatten ihn so durcheinandergebracht, dass er sich nicht länger als ein paar Sekunden auf eine Sache konzentrieren konnte. Das Zeitgefühl hatte er schon seit längerem verloren.
Er schien ein weiteres Mal wegzudriften. Als er wieder zu Bewusstsein kam, hatte Karl das Tape entfernt. Foster war desorientiert und murmelte wirres Zeug. Jedes Wort bedeutete Anstrengung für ihn. Hogg ignorierte ihn einfach.
Hinter den Kisten war ein gedämpftes Geräusch zu vernehmen.
»Langsam wachen alle auf«, sagte Hogg.
Foster hörte ihn irgendeine Flasche öffnen. Aus dem Augenwinkel verfolgte er, wie er hinter einen Stapel Kisten verschwand. Er konnte einen mit matter und verwirrter Stimme stöhnenden Mann hören. Der Killer gab ein tiefes »Sch!«-Geräusch von sich, dann tauchte er mit einer Spritze in der Hand wieder auf.
»Wer ist da drin?«, wollte Foster wissen. Bei dem Fall von 1879 hatte es nur fünf Opfer gegeben. War das hier das sechste?
»Das ist jemand, der mir in den letzten Wochen zur Hand gegangen ist, ohne es zu wissen. Allerdings hat er langsam doch Verdacht geschöpft. Trotzdem hab ich eine gute Wahl getroffen: Anstatt zur Polizei zu gehen, hat er Geld für sein Stillschweigen verlangt.« Er lächelte. »Seinen Lohn wird er später bekommen.«
Foster kämpfte, um bei Bewusstsein zu bleiben. Er schätzte, dass die Beinfraktur offen war, da die Knochenstücke die Haut durchbohrt hatten. Ohne umgehende Behandlung
würde das Bein wohl brandig werden. Selbst wenn er hier rauskäme, stünden die Chancen schlecht, dass es gerettet werden konnte. Gefesselt und betäubt, der Körper misshandelt, sah er kein Entkommen.
»Haben Sie alle hierhergebracht?«, fragte er. Foster wollte so viel wie möglich rausbekommen, auch wenn es nicht mehr von Bedeutung war.
»Bis auf Ellis«, antwortete Hogg außer Sichtweite. »Den habe ich in einer gemieteten Wohnung gehabt. Hat mich jede Menge Beruhigungsmittel gekostet, aber das war mir die Sache wert, obwohl ich ein bisschen falsch dosiert hab. Man lernt nie aus. Für die anderen war der Ort hier ideal: Man kann den Transporter unterstellen, und es ist sicher. Gibt keine neugierigen Nachbarn, und ich hab alles schalldicht gemacht. Ihre Schreie kann keiner hören.«
»Waren sie alle am Leben, so wie ich hier, als Sie …«
»Ja. Auf demselben Bett. Unter Drogen, aber sie haben es mitbekommen. Das wollte ich so.«
Foster wurde übel. Die Wut gab ihm Kraft. Es kam überhaupt nicht in Frage, dass er hier mit gebrochenen Knochen liegen und auf seinen Tod warten würde.
»Sie morden nicht, um alles zu rächen«, zischte Foster. »Diese Menschen waren unschuldig. Sie machen das hier, weil Sie es genießen, Sie sadistischer Bastard. Nur weil Sie glauben, Sie hätten einen Grund und wegen so einem pseudointellektuellen Stuss von wegen die Luft würde einen beeinflussen. Das macht Sie keinen Deut besser als Ihren Vorfahren. Sie sind sogar noch schlimmer.«
Dann hielt er - gezwungenermaßen - inne. Es kostete ihn einfach zu viel Kraft. Nachdem er wieder Luft bekam und erneut den Willen aufbrachte, den Killer weiter zu reizen, spürte er ihn plötzlich neben sich stehen.
»Sie wissen doch sicher, bei welchem Knochen es am meisten wehtut, wenn man ihn bricht, oder?«, flüsterte die Stimme direkt in sein Ohr.
Foster wollte die Antwort gar nicht wissen. »Scheißkerl.«
Mit vor Wut hochrotem Kopf applizierte der Killer wieder das Tape. Dann hob er den Vorschlaghammer und ließ ihn mit ganzer Kraft auf Fosters Schlüsselbein sausen. Er spürte sofort, dass es in der Mitte durchbrach. Ein brennender Schmerz schoss durch Nacken und Schulter bis in seine rechte Seite.
Foster wollte einen Schrei ausstoßen, konnte aber nicht, weil das Tape es unmöglich machte.
Als er sich krümmte, verschwand der Killer, kehrte aber mit einer Spritze zurück, die er in Fosters Arm rammte.
Es wurde schon langsam dunkel, als Heather und Nigel sich auf den Weg zum Prince of Wales machten. Die Angestellten gaben ihnen eine Beschreibung der letzten paar Minuten vor Fosters Verschwinden. Dass er auf der Suche nach Karl Hogg hergekommen sei, mit ihm zusammen was getrunken habe und dann - wahrscheinlich betrunken - zusammengebrochen sei. Einer der Angestellten behauptete, er habe einen benebelten
Weitere Kostenlose Bücher