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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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man noch richtig forschen konnte. Jetzt war er zurück und tat wieder, was andere von ihm verlangten.

    Um halb vier an diesem kühlen Nachmittag Ende März vertrödelte Nigel seine Zeit, anstatt sie inmitten der Register zu verbringen. Der Tag war nicht schlecht gelaufen, dachte er. Selbst der Gentleman vorgerückten Alters am Nebentisch, der seinen Apfel derart langsam schälte, dass das Fruchtfleisch sich bereits rostbraun verfärbt hatte, als er ihn schließlich in den Mund steckte, schaffte es nicht, ihm den Tag zu verderben. Er hatte seiner Klientin die Entdeckung des Grabs von Cornelius Tiplady telefonisch mitgeteilt. Ihre Freude war groß gewesen. Und bevor er dann zum FRC kam, hatte er einen Zwischenstopp in den National Archives in Kew eingeschoben, um einige Stunden für eine weitere Klientin, eine Mrs. Carnell, Nachforschungen anzustellen. Ein Grinsen unterdrückend überlegte er nun, was er ihr später am Telefon sagen solle, wenn er ihr mitteilte, dass er die Wahrheit über einen ihrer Vorfahren namens Silas Carnell herausgefunden hatte. Dieser war in den 1840er Jahren auf See gestorben, und sie hatte ihn bezahlt, um mehr über seinen Heldentod zu erfahren.
    Die Sache war nur, dass Silas alles andere als heldenhaft gestorben war. Nigel hatte zwar Schiffsmeldungen ausgegraben, die bestätigten, dass der Matrose auf See den Tod gefunden hatte. Allerdings nicht im Gefecht. Silas war nämlich zur Strafe gehenkt worden. Was hatte er verbrochen? Er hatte es mit einer der Ziegen getrieben, die zur Milchversorgung mit an Bord waren. Im Sturm ist einem jeder Hafen recht, dachte Nigel. Bizarrerweise wurde nicht nur Silas hingerichtet, auch der Ziege schnitt man die Kehle durch.
    Er war drauf und dran, draußen eine zu rauchen und so noch mehr Zeit zu verplempern. Gerade als er den Rolltabak und das Zigarettenpapier aus der Tasche fischen wollte, schreckte ihn das Klingeln seines Handys hoch. Es hatte
schon ein paar Jahre auf dem Buckel und besaß die Größe eines Ziegelsteins. Er sah keinerlei Notwendigkeit, es einzutauschen, und sein Provider (oder wie auch immer diese Kerle sich nennen mochten) hatte längst aufgegeben ihn davon überzeugen zu wollen, auf ein neueres Modell umzusteigen. Wenn er die Wahl hätte, würde er sich downgraden lassen, dann würde er nämlich ganz aufs Handy verzichten.
    Er überlegte, ob er das Klingeln ignorieren solle. Die Nummer sagte ihm nichts. Zudem war das Telefonieren hier - seiner Meinung nach zu Recht - verpönt. Wer dennoch zum Handy griff, riskierte die Attacke eines wutentbrannten Siebzigjährigen mit halb geschältem Obst als Waffe. Da die einzige Person, die sich außer ihm noch im Raum befand, jedoch gerade in Richtung Toilette verschwunden war, wollte Nigel es riskieren. Schließlich brauchte er jeden Auftrag.
    »Nigel Barnes«, meldete er sich.
    »Guten Tag, Mr. Barnes.«
    Es war eine Frauenstimme mit ausgeprägtem Dialekt, den Nigel jedoch nicht einer bestimmten Region zuordnen konnte.
    »Hier spricht Detective Sergeant Heather Jenkins von der Metropolitan Police. Tut mir leid, dass ich Sie mit meinem Anruf so überrumple.«
    Die Polizei? Was konnte die von ihm wollen? Im Bruchteil einer Sekunde ging er die letzten Wochen durch, konnte sich aber an keine Ordnungswidrigkeit erinnern. Ihm schnürte sich die Kehle zu. Aber doch nicht …
    »Kein Problem«, wisperte er schließlich.
    »Wir fragen uns, ob Sie uns vielleicht bei den Ermittlungen zu einem Fall behilflich sein könnten.«
    Erleichterung machte sich in ihm breit, vermischt mit
Aufregung. Unterschwellig hegte er auch den Verdacht, es könne sich um einen Scherz handeln. »Was für eine Art von Fall denn?«
    »Ein Mord.«
    Nigels Gedanken rasten auf der Suche nach einer passenden Erwiderung. »Ja«, gelang es ihm hervorzustoßen.
    »Gut. Hören Sie, ich möchte darüber nicht so gern am Telefon sprechen. Können wir uns treffen? Vielleicht bei Ihnen im Büro?«
    Das brachte Nigel in Verlegenheit. Sein »Büro« befand sich in seinem Appartement in Shepherd’s Bush, und zwar im ziemlich beengten Wohnzimmer.
    »Ich bin heute nicht im Büro, Detective Sergeant«, log er.
    »Oh«, kam die enttäuschte Antwort.
    »Ich befinde mich gerade im Family Records Centre.«
    »Ach, das kenne ich«, erwiderte Heather.
    Lancashire, schoss es Nigel durch den Kopf. Ihr Dialekt war eindeutig aus der Gegend.
    »Gibt es da was, wo wir uns ungestört unterhalten können?«
    Nigels Hirn kam endlich auf Touren. Die Kantine ging

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