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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Er hatte versucht sich vorzustellen, wie sie wohl aussah.Von der Stimme her hörte sie sich jung an: vielleicht in seinem Alter, Anfang dreißig. Dieses Unterfangen hatte er jedoch bald aufgegeben, da alles, was vor seinem geistigen Auge auftauchte, Bilder eines griesgrämig dreinblickenden Mannweibs waren, dessen sanfte feminine Seite durch jahrelange Ermittlungsarbeit in der brutalen und unbarmherzigen Männerwelt verloren gegangen war.
    Zwei Personen stiegen die Treppe herunter. Etwas an ihrer Haltung verriet, dass sie Polizisten waren. Die Frau trug einen eng anliegenden dunklen Hosenanzug. Die schwarzen Korkenzieherlocken hatte sie hinten zusammengebunden, ihre kajalumrandeten Augen ließen sie unterkühlt wirken. Seine Ängste schienen begründet zu sein. Sobald sie die verrauchte Luft roch, rümpfte sie ihre Nase. Doch als sie ihn erblickte und begriff, dass er ihre Verabredung sein musste, weil sich sonst niemand im Raum befand, schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln, das ihr Gesicht mit Leben erfüllte und Wärme ausstrahlte. Ein ungekünsteltes Lächeln. Er grinste zurück.
    Die Schöne, schloss er. Das bedeutete vermutlich, dass der große, untersetzte Kerl mit den Getränken in der Hand, der
völlig gelangweilt neben ihr herlief, das Biest sein musste. DS Jenkins stellte ihn als DCI Grant Foster vor. Nachdem Foster den Kaffee abgestellt hatte, spürte Nigel, wie eine Riesenpranke seine zarte feuchte Hand packte und fest zudrückte. Der Detective maß über eins achtzig. Sein kurz geschorenes Haar war wohl eine Reaktion auf seine sich immer deutlicher abzeichnenden Geheimratsecken. Dem Gesicht sah man an, dass es schon ein paar Schlägereien hinter sich hatte. Im Gegensatz zu seiner Kollegin lächelte er Nigel nur kurz an.
    Nigel nahm wieder Platz, die beiden Polizisten setzten sich ihm gegenüber.
    »Bisschen wenig Sauerstoff hier unten«, meinte DS Jenkins und rümpfte abermals die Nase. »Ist wohl das Raucherzimmer hier.«
    Nigel nickte. »Beni hat gemerkt, dass es ein paar verzweifelte Seelen gibt, die gern gleichzeitig …«
    Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass sein Unbehagen darüber, diesen Ort als Treffpunkt gewählt zu haben, nicht nur etwas mit Sorge um ihr Wohlergehen zu tun hatte. Beni verkaufte Sandwiches, deshalb verstieß dieser Raum gegen das Gesetz. DS Jenkins hörte förmlich den Groschen bei ihm fallen.
    »Keine Sorge«, versicherte sie ihm daraufhin. »Geheime Raucherhöhlen sind unser geringstes Problem.« Sie sah sich um, nahm die Tasche von der Schulter und stellte sie neben sich auf den Boden. »Eigentlich gar nicht so schlecht hier«, sagte sie. »Hat Charakter. Mir gefällt so was immer besser als eine dieser anonymen Ketten.«
    »An diesem Ort gibt es schon seit ungefähr Anfang des siebzehnten Jahrhunderts einen Coffeeshop«, meinte Nigel.
    »Wirklich?«

    »Ja. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. So toll ist der Kaffee hier auch nicht, doch er schmeckt wenigstens nach was. Und besonders gemütlich find ich’s ebenfalls nicht, aber man fühlt sich besser, wenn man einen unabhängigen Laden mit ein bisschen Geschichte im Hintergrund unterstützt, als eine dieser gesichtslosen Monopolketten.«
    Sie lächelte ihn erneut an. »So, so.«
    »Sie sind also Ahnenforscher?«, unterbrach DCI Foster sie ungeduldig, das vorangegangene Gespräch ignorierend.
    »Mehr so was wie ein Familienhistoriker«, antwortete Nigel.
    »Dann gibt es da wohl einen Unterschied, oder was?«
    »Keinen besonders großen. Aber Sie können sich gar nicht vorstellen, wie beleidigt sich manche fühlen, wenn man die falsche Bezeichnung wählt.«
    »Ist damit denn viel Geld zu machen?«
    Nigel zuckte mit den Schultern. Nein, dachte er. »Man kann davon leben.«
    »Wie wird man so was denn?«
    »Das ist ganz unterschiedlich«, entgegnete Nigel. »Ich habe Geschichte studiert und in den Sommerferien für jemanden recherchiert, der den Stammbaum von Kunden auskundschaftet. Eine Weile habe ich das als Vollzeitjob gemacht. Dann ist er auf einer Konferenz mitten im Vortrag über das Finanzwesen im frühen Mittelalter tot umgefallen: Herzinfarkt. Danach übernahm ich den Laden.«
    Im letzten Jahr habe ich versucht, den Job an den Nagel zu hängen, dachte er. Aber wie bei der Mafia bin ich einfach nicht davon losgekommen.
    »Und es gibt wirklich genügend Leute, die Ihnen Geld geben, damit Sie ihre Vorfahren aufstöbern?«
    »Ja. Ahnenforschung ist eine ziemlich beliebte Beschäftigung.
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