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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Kakao kochen, in der Hoffnung, dass der sie mehr beruhigte als der Kräutertee. Alkohol würde nur ihre Erregung verstärken, und Schlaftabletten mied sie so lange bis es gar nicht mehr anders ging.
    Sie bereute zutiefst, Erik von dem Uranversteck erzählt zu haben, das Rolf gekannt hatte. Andererseits hatte es Eriks Aufmerksamkeit |338| von Ingrids Vergangenheit abgelenkt, und zwar überraschend effektiv. Woher wusste Erik überhaupt etwas von Rolfs Mitarbeit am Uranforschungsprogramm der Nazis? Hatte Rolf etwa vor seinem Tod mit ihm darüber gesprochen? Und wenn ja, wie viel hatte er preisgegeben?
    Langsam wurde Ingrids Beklemmung von Ärger überlagert. Und von großer Sorge. Erik durfte nicht in Dinge hineingezogen werden, deren Ausmaß und Brisanz er nicht einschätzen konnte. Sollte sie ihren Sohn warnen?
    Nein. Das würde sein Interesse nur weiter steigern.
    In Ingrids Nase drang der Geruch von etwas Angebranntem. Sie eilte zum Herd und schob zornig den Topf mit der übergekochten Milch auf die Arbeitsplatte aus Granit.
    Es wurmte sie, dass sie auch über die anderen Dinge nicht den Mund gehalten hatte. Erik verstand schlicht und einfach nicht ihre Ansichten zur Eugenik und Genetik, und es war dumm von ihr, ihm ohne Not ihre Standpunkte darzulegen.
    Ihre Wege an der Wissenschaftsfront hatten sich nun getrennt, das war eine Tatsache, die sie um keinen Preis hinnehmen wollte. Plötzlich ergriff sie eine unbändige Wut, und Ingrid warf den Topf mit der angebrannten Milch so heftig ins Spülbecken, dass die Reste auf ihr Kleid spritzten.
    Während sie zitternd an der Spüle lehnte, wurde ihr klar, dass sie Carl warnen musste. Erik war nicht dumm, ganz und gar nicht, er war durchaus in der Lage herauszufinden, was vor sich ging.
     
    Erik saß mit Katja im Wohnzimmer, wo nur Tisch- und Stehlampen brannten. Der Regen trommelte gegen das Fenster, der Wind schlug das lose Kabel der Satellitenantenne gegen die Hauswand.
    Erik hatte Katja von dem Gespräch mit seiner Mutter erzählt, und Katja hatte fassungslos zugehört.
    Jetzt sagte Erik unvermittelt: »Carl hat übrigens große Dateien vom FSS kopiert. Weißt du warum?«
    |339| »Carl? Er hat damit doch gar nichts zu tun.«
    »Eben. Du musst morgen in die Firma gehen und die Sache klären.«
    Katja überlegte kurz, dann entgegnete sie: »Das kann nicht dein Ernst sein. Du siehst Gespenster . . .«
    »Bitte, Katja. Tu mir den Gefallen.«
    Erik nahm seinen Laptop vom Tisch und fing an, nach bestimmten Informationen zu suchen. Er hatte vorgehabt, Katja auch von dem Uranversteck zu erzählen, aber jetzt war er sauer, dass Katja ihn in seinen Befürchtungen nicht so ganz ernst zu nehmen schien. Er überlegte, ob er am nächsten Morgen auch Kontakt zur finnischen Polizei aufnehmen sollte. Konnte das Ganze etwas mit dem Mord an Robert Plögger zu tun haben?
    »Sieh dir das an«, sagte Erik zu Katja und zeigte ihr die Resultate, die er mit Hilfe der Suchmaschine gefunden hatte.
    »Ich bekam vom
Pioneer Fund
ein großes Stipendium. Ich wusste damals zwar, dass die Stiftung umstritten war, verstand aber nicht, in wie enger Verbindung sie zur Eugenik stand . . .«
    »Wir reden morgen weiter, du musst jetzt schlafen«, sagte Katja, ohne einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. »Dir bleiben ohnehin nur vier Stunden . . . Warum musst du unbedingt gleich morgen früh schon wieder nach Berlin? Hätte das nicht etwas Zeit? Vielleicht hättest du dann auch schon den Brief vom Rechtsanwalt aus Helsinki . . .«
    »Nein«, erwiderte Erik kurz und bündig. »Ich fliege morgen früh. Geh ruhig schlafen, ich würde gern ein bisschen allein sein. Ich komme gleich nach.«
    Katja verließ das Zimmer ohne ein Wort, offensichtlich besorgt, aber auch ein wenig beleidigt. Obwohl er wusste, dass es falsch war, hatte Erik jetzt keine Lust, sich darüber Gedanken zu machen. Stattdessen gab er den Namen »Josef Mengele« in die Suchmaschine ein.
    Nachdem er die Resultate eine Weile studiert hatte, ging er die Treppe hinauf und sagte von der Schlafzimmertür aus zu Katja: »Ich gehe kurz auf den Speicher.«
    |340| »Warum?«
    »Darum.«
    Er hatte keine Lust, irgendetwas zu erklären, auch Katja nicht.
    Bevor er nach oben ging, warf er einen Blick ins Kinderzimmer. Olivia schlief fest, sie schnarchte sogar leise. Emil wälzte sich unruhig hin und her.
    Wie sollte er den beiden eines Tages die Wahrheit über ihre Großeltern erzählen? Oder über ihren Urgroßvater? Aber: War das überhaupt

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