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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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auf, darunter auch GENDO LTD.   Erik bog ab. Ihm war, als müsste er sich zum Atmen zwingen, ein, aus, ein . . .
    Er hielt auf dem für Gendo-Mitarbeiter reservierten Parkplatz, stieg aus und lief zum Eingang. Wie hunderte, tausende Male zuvor schob er seine I D-Karte in das Lesegerät und tippte den Code ein, ohne seinem Tun oder der Umgebung irgendwelche Beachtung zu schenken.
    Du hast die Arbeit fortgesetzt, die ich in Deutschland begonnen habe
. . .
    Erik ging rasch durch die Gänge und fuhr mit dem Lift nach oben, bis er im Eingangsbereich seiner Firma stand und das Licht einschaltete. Er passierte den halbrunden Empfangsschalter, ging über den Flur ins Labor und blieb dort zwischen den Tischen stehen. Außer Atem sah er sich um. Die Computer summten, die Signalleuchten der PC R-Geräte brannten. Hinter der Scheibe zum Clean Room glänzten die Zentrifugen, Autoklaven, Chromatographen und Mikroskope.
    Er richtete den Blick auf den Computer, dessen Speicher das wichtigste Produkt der Firma enthielt, das DN A-Datenbank -Sys tem . Sein Lebenswerk.
    Und das seiner Mutter.
    Man konnte es einsetzen, um gezielt Medikamente zu entwickeln. Man konnte es einsetzen, um Erbkrankheiten zu entdecken – und auszumerzen.
    Um die menschliche Rasse zu veredeln.
    Und man konnte es einsetzen, um Menschen nach beliebigen Kriterien zu klassifizieren. Mit seiner Hilfe konnte man »Rassen« identifizieren.
    Seine Mutter hatte Unrecht. Rasse oder Politik konnten nach |333| wie vor die Grundlage für eine Klassifizierung von Menschen in erwünschte und unerwünschte Personen bilden. Erik wollte so gern die Augen davor verschließen, was mit dem DN A-Daten bank-System von Gendo
tatsächlich
in China oder einer anderen Diktatur gemacht wurde. Er wusste auch von dem Sterilisationsgesetz in China, von dem seine Mutter gesprochen hatte, aber man hatte ihm gegenüber den Wortlaut des Gesetzes schöngeredet und immer wieder betont, wie schwer es sei, alle Nuancen sinngetreu in westliche Sprachen zu übersetzen.
    Mit einem Satz war Erik bei seinem Laptop. Er riss ihn an sich und wollte ihn am liebsten zu Boden schleudern. Doch dann sah er sein Spiegelbild im Glasschrank und hielt inne. Wem nützte das? Er war für die Mitarbeiter der Firma verantwortlich. Alles, was die Arbeit von Gendo beschädigte, gefährdete die Arbeitsplätze seiner Kollegen.
    Erik legte den Computer auf den Tisch zurück und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er kämpfte gegen die Tränen an.
    Auf einmal schoss ihm ein irrsinniger Gedanke in den Kopf. Konnte es sein, dass seine Mutter auch jetzt noch unmittelbar Einfluss auf die Arbeit von Gendo nahm? Und wenn ja: Worauf richtete sie dann ihr besonderes Augenmerk?
    Erik ging in das Großraumbüro, wo niedrige Trennwände die einzelnen Arbeitsplätze abteilten. An einem der Schreibtische nahm er Platz. Intuitiv hatte er den Tisch von Carl Möller gewählt, Mutters »Entdeckung«.
    Erik tippte sein Passwort ein und öffnete das Intranet von Gendo. An Carl Möllers Dateien kam er nicht heran, er versuchte es auch erst gar nicht. Stattdessen warf er einen Blick auf die Protokolldateien der wichtigsten DN A-Datenbanken – und stutzte.
    Carl hatte erst vor kurzem eine große Datenmenge aus den LGC/FS S-Dateien kopiert.
    Warum?
    FSS stand für
Forensic Science Services
, die Zentrale für Kriminaltechnik, der sich die Polizei Großbritanniens bediente, und deren riesige DN A-Datenbank von der privaten Firma LGC gepflegt |334| wurde. Einige kleinere Firmen, darunter Gendo, kümmerten sich als Subunternehmer um einen Teil des DN A-Datenbe stands .
    Erik fiel kein einziger Grund ein, warum Carl sich für seine Arbeit die Dateien hätte kopieren sollen.

|335| 47
    Auf der Straße in Teheran ging die amerikanische Flagge in Flammen auf, und die aufgebrachte Menschenmenge schrie ihre Parolen. Der Nachrichtensender analysierte das aktuelle Stadium der Iran-Krise. Es folgten Aufnahmen von der Sitzung des U N-Sicherheitsrates . Wieder einmal waren der Kreml und das Weiße Haus im Umgang mit dem Konflikt auf unterschiedliche Linien eingeschwenkt.
    Ingrid löste den Blick vom Bildschirm und ging wieder rastlos im Haus auf und ab. An Schlaf war nicht zu denken. Sie war traurig und sie war wütend, auf sich und auf ihren Sohn. Ihr Herz hämmerte noch immer, es fühlte sich an, als käme es nie mehr zur Ruhe.
    Sie verstand Erik ja durchaus. Sie hatten damals am Institut für Eugenik unverzeihliche Fehler gemacht. Aber die deutsche Medizin

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