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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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auf die kleine Toilette neben der Treppe. Dort zog er hastig das Handy aus der Tasche und schickte an eine Nummer, die er auswendig gelernt hatte, eine SMS, deren Text lediglich aus der Zahl 3 bestand.
    Als er ins Zimmer zurückkam, waren die anderen verschwunden. Verwundert stand Malek in dem leeren Raum.
     
    Mit einer klangvollen Tonfolge meldete das Mobiltelefon den Eingang einer SMS.   Nachdem die Mitteilung geöffnet war, erschien auf dem im Halbdunkel leuchtenden Display die Zahl 3.
    |392| Der Mann legte das Mobiltelefon auf den leeren Sitz neben sich. An dem Gestell vor ihm waren elektronische Armaturen festgeschraubt, an denen Ziffern, Signallampen und kleine Monitore leuchteten. Auf einem Monitor war ohne Ton die CN N-Übertragung zu sehen: Iranische Militärfahrzeuge zogen Raketen durch die Wüste.
    »Ich habe die Nachricht erhalten. Das Spielzeug ist fertig, Craig«, sagte der Mann in breitem amerikanischem Englisch in das Mikrofon, das auf einem biegsamen Schwanenhals aus dem Armaturenbrett ragte.
    »Craig hat verstanden«, hieß es im Kopfhörerr.
    Nervös wischte sich der Mann vor den Armaturen mit einem Papiertaschentuch über die Stirn. Durch die vielen Instrumente war es eng in dem Renault-Lieferwagen, und die Luftzirkulation funktionierte auch nicht richtig.
    Das Fahrzeug stand in der Ellison Road im Londoner Stadtteil Streatham. An den Seiten prangten die Werbeaufschriften einer Installationsfirma. Nichts verriet den wahren Inhalt des Laderaums.

|393| 54
    Erik näherte sich der Kreuzung Raynes Park im Süden von London. Er folgte dem Verkehr intuitiv, seine gesamte Aufmerksamkeit war auf die Stimme seines Vaters gerichtet, die aus der Stereoanlage drang.
     
    »Ich bin nie einer von ihnen gewesen. So habe ich es mir selbst eingeredet, als ich auf mein Verhör im Stützpunkt der Amerikaner wartete. Ich war Finne, kein Deutscher. Meiner Meinung nach hatte ich die Naziideologie nie im eigentlichen Sinn unterstützt, schließlich war ich in der Praxis ja auch ein Fremdarbeiter. Auf der ›falschen‹ Seite, aber aus Unwissenheit und durch die Umstände dazu gezwungen. Wie hätte ich denn anders handeln sollen? Was hätte ich tun können? Eine Pistole ins Institut schmuggeln und den Führer erschießen, als ich an der Reihe war, ihm die Hand zu geben?«
     
    Erik unterdrückte ein Stöhnen. Sein Vater hatte Hitler die Hand gegeben? Wie nahe konnte man damals diesen Verbrechen kommen – und ahnungslos bleiben?
     
    »Den Amerikanern, die mich verhörten, sagte ich, ich hätte mich während des Krieges keiner kriminellen Handlung schuldig gemacht. Außerdem hätte ich mich nie als ›Teil des Naziregimes‹ gesehen, sondern ausschließlich als Wissenschaftler, wegen meiner Jugend überdies weit unten in der Hierarchie, und als Ausländer sozusagen das Anhängsel.
|394|
Ich kann mich noch gut an die spöttische Antwort von einem der Amerikaner erinnern: ›Wissen Sie, in diesem Land gibt es heute Millionen von Leuten wie Sie, die einfach die Befehle von oben befolgt haben, ganz egal, was sie zum Inhalt hatten. Sie haben einfach gehorcht, ohne Fragen zu stellen, und erst recht, ohne etwas zu hinterfragen‹.«
     
    Genau, dachte Erik und warf einen Blick auf den Zettel mit der Adresse von Parviz Jafra. Nach kurzem Zaudern setzte er den Blinker und bog rechts in Richtung Streatham ab. Er beschloss, sich das Haus anzusehen, denn das war die einzige Chance, den Mann anzutreffen, der mit seinem Vater bei Katharina Kleve gewesen war – von Griffin war ja keine großartige Hilfe zu erwarten.
     
    »›Warum sind Sie eigentlich nicht nach Finnland zurückgekehrt?‹, fragte mich der amerikanische Major. Und diese Frage brachte mich ernsthaft zum Nachdenken. Das hatte bis dahin noch niemand von mir wissen wollen. Ich antwortete, es sei damals für mich einfach nicht daran zu denken gewesen. Meine Doktorarbeit war fast fertig, mein ganzes Leben spielte sich in Berlin ab.«
     
    Erik wunderte sich immer mehr, warum sein Vater so gut wie nichts über seine Mutter sagte. Einerseits verstand er es angesichts der schweren Scheidung, aber es wäre ihm wichtig gewesen, zu hören, was sein Vater von der Arbeit der Mutter hielt.
     
    »Auch die folgende Frage des Majors berührte einen wunden Punkt: ›Hielten Sie Ihr Handeln für moralisch gerechtfertigt? Was wäre gewesen, wenn Deutschland es tatsächlich geschafft hätte, unter Ihrer Mitwirkung eine Atombombe zu entwickeln und sie zum Beispiel gegen London oder

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