Das Erbe des Bösen
macht?« In Hoffmanns Stimme lagen Wut und Frustration. »Aber Sie sind weiterhin dafür verantwortlich, dass wir das Uran finden werden. Rufen Sie Robert Plögger an und finden Sie heraus, wo er sich aufhält. Vereinbaren Sie ein Treffen mit ihm! Und wecken Sie keinen Verdacht! Sie agieren allein als Privatperson, vergessen Sie das nicht.«
»Ich habe noch nie mit diesem Robert gesprochen . . .«
»Jetzt werden Sie es tun.«
Hoffmann gab ihm das Handy zurück, das er ihm zuvor abgenommen hatte.
»Es ist spät . . .«
»Hören Sie auf mit dem Gequatsche! Anrufen! Und reden Sie Deutsch, damit wir es verstehen.«
Unter keinen Umständen durfte Rolf einen wie Hoffmann zu Hans’ Enkel führen, aber was hatte er denn für eine Alternative?
»Ich kann doch um diese Zeit nicht mehr anrufen, es ist mitten in der Nacht.«
Hoffmann schwieg und tippte in Rolfs Handy eine Nummer ein, die er vom Display seines eigenen Telefons ablas. »Sie haben die Nummer von Robert Plögger . . .«, staunte Rolf.
»Wie gesagt, wir wussten, dass er die Tagebücher hat. Aber wir hätten nicht gedacht, dass die Kritzeleien seines Großvaters ihn zum Handeln animieren könnten.«
Rolf war vollkommen verblüfft. Wie hatte Hoffmann wissen können, dass die Tagebücher bei Robert waren?
Hoffmann schaltete die Lautsprecherfunktion ein und gab Rolf das Handy.
Rolf überlegte fieberhaft, was er sagen sollte. Er wusste von |146| Robert – oder »Roope«, wie Markku seinen Sohn nannte – nur, dass er an der Technischen Hochschule studierte.
»Hallo«, meldete sich die Stimme eines jungen Mannes trotz nachtschlafender Zeit putzmunter.
»Hallo Robert, hier ist Rolf Narva. Ich bin ein alter Freund deines Großvaters. Und ich kenne auch deinen Vater.«
Rolf versuchte so sympathisch und ruhig zu klingen wie möglich, war sich aber keineswegs sicher, ob ihm das gelang.
Am anderen Ende war es eine Zeitlang still.
»Ein Freund von Opa?«, fragte eine unsichere Stimme. Roberts Deutsch klang ein wenig steif, er benutzte es offenbar nicht sehr häufig. »Kann sein, dass mein Vater Sie mal erwähnt hat.«
Robert konnte sich offenbar nicht an Rolf erinnern, klang aber dennoch interessiert.
»Entschuldige, wenn ich dich um diese Zeit wecke.«
»Sie haben mich nicht . . . das macht nichts«, lachte Robert etwas gezwungen.
»Wo bist du gerade?«
»Ich? Ich bin . . . im Urlaub.«
»In Deutschland?«, fragte Rolf.
»Nein, in Finnland. Warum?«
Hoffmann trieb Rolf mit einer Handbewegung zur Eile an.
Rolf räusperte sich. »Ich würde mich gern mit dir treffen.«
»Ich bin nicht in Helsinki, sondern . . . auf dem Land.«
Hoffmann machte erneut eine Geste, die Rolf zur Eile antreiben sollte.
»Ich muss dich in einer wichtigen Angelegenheit sprechen. Es hat mit dem Grab von Wolfgang von Klingenberg zu tun. Ich war seinerzeit . . . dort. Mit deinem Großvater.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte gespannte Stille.
»Am Telefon kann ich darüber nicht reden«, fügte Rolf bestimmter als zuvor hinzu. »Wir müssen uns unbedingt treffen. Morgen noch.«
»Morgen geht es überhaupt nicht . . .«
|147| »Es ist wichtig. Ich rufe dich morgen früh an. Dann sehen wir weiter.«
Rolf unterbrach die Verbindung und gab Hoffmann das Handy zurück. »Am besten rufe ich ihn morgen früh von Helsinki aus an und vereinbare dann mit ihm Zeit und Ort.«
»Sie werden ihn anrufen, aber nicht von Helsinki aus«, sagte Hoffmann. »Sie bleiben in Deutschland.«
Irritiert steckte Roope das Handy ein.
»Wer war das?«, fragte Raine.
Ohne seinen Freund eines Blickes zu würdigen, ging Roope aus dem Haus. Sein Kopf schwirrte.
Sie hatten sich schließlich dazu durchgerungen, die Scheune zu verlassen und zum Ferienhaus zu fahren, denn irgendwann musste sie ja auch ein bisschen schlafen.
Die Nacht war klar und kühl, der Mond schien. Roope zog sich die Kapuze über und stellte den Kragen seines Sakkos auf.
Rolf Narva. Ein Kollege seines Großvaters aus Kriegszeiten. Den hatte er in seinen Tagebüchern mehrfach erwähnt.
Roope versuchte den Grund für den Anruf einzuschätzen. Der alte Mann hatte extrem ernst und angespannt geklungen. Er hatte auf das Uran in von Klingenbergs Grab angespielt, das war eindeutig. Aber wie konnte der alte Mann wissen, dass
er
, Roope, das Versteck kannte?
Roope hätte gern seinen Vater angerufen und ihn nach Rolf Narva gefragt, aber sein Vater musste jetzt aus allem herausgehalten werden. Außerdem hätte er ihn ohnehin nicht
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