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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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anrufen können. Es war zwei Uhr nachts in Finnland, der Vater war auf Geschäftsreise in Uruguay und hätte sich viel zu sehr gewundert.
    Roope blickte auf den dunklen Saimaa und holte tief Luft. Er konnte Rolf Narva und dessen Bitte um ein Treffen nicht einfach ignorieren, aber der Zeitpunkt war extrem schlecht. Der Abschuss von LALLI durfte auf keinen Fall aufgeschoben werden.
    Andererseits hatte es so geklungen, als stünde Narva tatsächlich unter Zeitdruck. Was steckte dahinter?
    |148| Plötzlich bereute Roope aus tiefstem Herzen den blöden Zettel, den er im Uranversteck hinterlassen hatte. War er Narva in die Hände geraten? Bei der Suche nach dem Versteck? Aber warum hätte der alte Mann nach so langer Zeit danach suchen sollen?
    Roope machte kreisende Bewegungen mit den Armen, um das Blut in den Muskeln und im Gehirn zum Zirkulieren zu bringen. Er durfte jetzt gedanklich nicht abschweifen, er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren. Denn jetzt war alles bereit. Und das war das Entscheidende.
    Er hörte Schritte hinter sich und drehte sich um. Teemu und Raine kamen auf ihn zu.
    »Was ist?«, fragte Roope so entspannt wie möglich. »Könnt ihr nicht schlafen, oder was?«
    Raine sah ganz und gar nicht entspannt aus. »Wer hat da gerade angerufen?«
    Roope lachte kurz auf, merkte aber selbst, wie unnatürlich es klang. »Wozu willst du das wissen?«
    »Hör doch auf. Du hast schlechte Nachrichten gekriegt. Wir sitzen im selben Boot, du kannst nicht irgendwas vor uns verheimlichen.«
    »Das waren reine Privatangelegenheiten, die haben nichts mit unserem Ding hier zu tun«, sagte Roope stur und ging allein zum Ufer.
    In gewisser Weise hatte er die Wahrheit gesagt.
    Sein Großvater Hans, der im Frühling in Deutschland gestorben war, war für Roope immer eine mystische Gestalt gewesen. Als junger Mann musste der Großvater ziemlich clever gewesen sein – er hatte als Wissenschaftler bei Siemens gearbeitet. Roope hatte ihn ab und zu mit seinen Eltern in Berlin besucht, aber sein Vater hatte aus irgendeinem Grund keinen besonders engen Kontakt zum Großvater halten mögen. Er erzählte auch nicht viel von ihm, obwohl Roope manchmal versuchte, Fragen zu stellen. Auch jetzt, nach dem Tod des Großvaters, hatte Roopes Vater nur ein paar Fotoalben aus der Berliner Wohnung geholt und |149| alles andere an einen Trödler gegeben. Einfach so. Die ganzen Sachen. Dabei hatte Roope seinem Vater gesagt, dass er gern etwas davon hatte haben wollen. Zumindest den absolut coolen Ledersessel aus den Siebzigerjahren.
    Darum war Roope zu dem Händler gefahren, der die Möbel gekauft hatte. Und dort hatte er etwas entdeckt, was wesentlich interessanter war als der Ledersessel.
    Dort hatte er den »Kick« entdeckt.
    Roope blickte auf den ruhigen See im Mondschein.
    Wenn LALLI in St. Petersburg einschlug, würde sie damit einen ziemlichen Medienrummel auslösen. Aber genügte das? Natürlich nicht. Das würde erst der Anfang sein. Ihr Ziel bestand nicht allein darin, Aufmerksamkeit zu erregen: Sie wollten wirklich etwas erreichen. Ganz konkret.
    Und mit dem »Kick« würde das gelingen.

|150| 20
    In der Glasfront am Flughafen Helsinki-Vantaa spiegelte sich die Morgensonne, die immer wieder hinter den schnell ziehenden Wolken aufblitzte. Hoffmann und der Mann, den Hoffmann immer »Manfred« nannte, verließen den Lufthansa-Airbus und gingen nebeneinander über die Gangway ins Terminal. Beide trugen dunkle Hosen mit Bügelfalten und dazu Baumwolljacken. In der Nacht waren sie vom Thüringer Wald nach Berlin gefahren und hatten Narva dort gelassen. Es wäre zu riskant gewesen, den alten Mann mit nach Finnland zu nehmen.
    Die überraschende Wendung der Ereignisse beunruhigte Hoffmann schwer. Jetzt mussten er und Manfred in einem fremden Land agieren, wo zu allem Überfluss auch noch eine total unverständliche Sprache gesprochen wurde.
    Der blitzsaubere kleine Flughafen war fast menschenleer. Sie gingen an den Gepäckbändern vorbei hinaus und zu einer Stelle unter einer Betonbrücke, wo niemand sie hören konnte. Es war windig an diesem Morgen. Von der anderen Seite des Terminalgebäudes drang das Donnern einer startenden Maschine herüber.
    Hoffmann rief in Berlin an und gab Narva Anweisungen. Der alte Mann wehrte sich, war aber in einer schlechten Verhandlungsposition. Hoffmann ließ die Leitung offen und eröffnete ein Konferenzgespräch mit Robert Plöggers Nummer.
     
    Rolf saß mit dem Telefon am Ohr in einem spartanisch

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