Das Erbe des Bösen
gleich ordentlich in Schwung gekommen, und mit dreißig hatte er sein eigenes Ingenieurbüro gegründet.
Jetzt meldete sich Markku in Südamerika, wo er geschäftlich unterwegs war. Rolf lenkte das Gespräch ohne Umschweife auf Robert, ohne auch nur einen Moment zu vergessen, dass Hoffmann mithörte.
»Woher soll ich wissen, wo sich Roope herumtreibt?«, fragte Markku. Er klang gestresst und leicht verärgert. »Und warum eigentlich? Was ist mit ihm?«
»Ich muss mit ihm reden.«
»Mit Roope reden?«, fragte Markku verdutzt.
Rolf lieferte keine Erklärung, und Markku drang nicht weiter in ihn.
»Vielleicht ist er wieder mal auf dem Land, in unserem Ferienhaus. In letzter Zeit hat er es öfter mit seinen Freunden in Beschlag genommen. Ist ja an sich auch nicht schlecht, wenn sich jemand um die Hütte kümmert.«
»Wo liegt denn das Haus genau?«
Auf dem Weg zum Frühstücksraum des Hotels Askanischer Hof durchquerte Erik die Empfangshalle. Sie war mit schweren alten Möbeln bestückt. Andere Gäste waren nicht zu sehen, auch niemand |154| vom Personal. Die dicken Teppiche und schweren Vorhänge dämpften die Schritte. Man hörte nur das Blubbern aus dem Aquarium. Der nächtliche Zwischenfall bereitete Erik Kopfzerbrechen.
Warum hatte jemand versucht, in das Zimmer einzudringen, in dem eigentlich er hätte schlafen sollen? War er in Gefahr? Oder hatte der Eindringling nur in seinen Sachen wühlen wollen, so wie er es beim Gepäck seines Vaters getan hatte?
Was suchte dieser Jemand?
Erik hatte veranlasst, dass die Polizei gerufen wurde, aber die Streife hatte natürlich nichts tun können.
Nach dem Frühstück würde er den Zwischenfall auf der Polizeiwache in der Bismarckstraße melden, wo er auch schon das Verschwinden seines Vaters angezeigt hatte.
|155| 21
Jani fuhr mit dem schwarz glänzenden Volvo XC9 0-Offroader seines Vaters auf der Stadtautobahn von Espoo in Richtung Helsinki Zentrum. Er hielt sich genau an die Geschwindigkeitsbeschränkungen und vermied jeden unnötigen Spurwechsel, weshalb er selbst von Lieferwagen ständig rechts und links überholt wurde.
Es handelte sich hier wieder einmal um eine »unerlaubte Fahrzeugnutzung«, aber zum Glück war Janis Vater beruflich in Tampere – und in seliger Unwissenheit. Schon die kleinste Schramme an dem funkelnagelneuen Gefährt würde ihn zum Ausflippen bringen, aber das war nicht Janis größte Sorge.
Allein der Gedanke, die Polizei könnte ihn aus irgendeinem Grund anhalten und sogar das Auto durchsuchen, war vollkommen absurd, und trotzdem hatte er genau davor Angst, auch dann noch, als er schon in der Innenstadt in die Tiefgarage am Hauptbahnhof fuhr. Er fand einen freien Platz ganz in der Nähe des Übergangs zu den Schließfächern im Untergeschoss des Bahnhofs und stellte den dumpf brummenden Dieselmotor ab. Dann holte er nervös die kleine, aber schwere grüne Tasche aus dem hinteren Fußraum, stieg aus und schloss den Volvo mit der Zentralverriegelung ab.
Vor ihm lagen nur noch wenige Treppenstufen bis zu den Schließfächern. Nummer 72, unterste Reihe, rechts neben der Wand. Das Fach war genau die maximal erlaubten vierundzwanzig Stunden benutzt worden.
Jani steckte zwei Euro in den Schlitz und öffnete die schwere Metalltür. Im Schließfach lag bereits eine Tasche, wahrscheinlich gehörte sie Roope.
|156| Er tauschte die Taschen aus, wobei er sich einschärfte, sich nicht verstohlen umzublicken. Ein lauter, vermutlich somalischer Wortwechsel in einem anderen Gang zwischen den Schließfächern ließ ihn zusammenfahren.
Aber niemand hatte ihn gesehen, außer zwei Mädchen im Teenageralter unten an der Treppe. Selbst der Beamte, der für die Kontrolle der Schließfächer zuständig war, sah gerade in eine andere Richtung, als Jani an der Tür zur Tiefgarage den Code von seinem Parkschein ablas und in die elektronische Durchgangskontrolle eintippte.
Erleichtert stieg Jani in den Wagen. Von der Tasche würde man nicht einmal Fingerabdrücke nehmen können, vom Bleibehälter waren sie abgewischt worden und am Griff der Schließfachtür konnte ebenfalls nichts zurückgeblieben sein.
Er entfernte die unauffälligen Klebestreifen von seinen Fingerspitzen erst, als er das Parkhaus verlassen hatte. Vor der Hauptpost hielt er kurz an und schickte Roope eine SMS, dass alles okay war. Bald würde es am Bahnhof vor Polizisten wimmeln, aber es war sicherlich nicht sinnvoll, sich das anzuschauen.
Noch nie in seinem Leben war Roope so
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