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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dass es schwer gewesen wäre, sich ohne GPS zu orientieren, zumal fast ununterbrochen dunkler Nadelwald die Straße säumte.
    Sie fuhren inzwischen auf der kleinen Straße nach Salmenpohja, die nach einer Biegung schlagartig schmaler wurde. Bald wischte Gras über den Unterboden des Autos.
    »Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte Utabar.
    »Ich nicht, aber Fräulein Garmin«, gab Malek tonlos zurück.
    Utabar war ein Fitnessstudio-Besitzer aus Hannover und selbst ein ziemliches Muskelpaket. Seine sorgfältig geschnittenen Haare |162| und die Augenbrauen hatte er gefärbt, sodass sie nicht mehr ganz schwarz, sondern bräunlich waren. Auch die Augen hatte er durch Kontaktlinsen aufgehellt, damit der Name Manfred nicht allzu sehr im Widerspruch zu seinem Aussehen stand.
     
    LALLI befand sich in Startposition, fast senkrecht an die aus Rohren zusammengeschweißte Abschussrampe gelehnt. Die grüne Abdeckplane war entfernt worden.
    Roope betrachtete die Rakete stolz – aber auch ein bisschen traurig, weil sie bald zerstört sein würde.
    Er blickte auf die Uhr am oberen Bildschirmrand seines Laptops. 10:42.
    Seine Handflächen schwitzten, obwohl er sich einredete, vollkommen ruhig zu sein. Teemu und Raine wirkten ebenso nervös, auch wenn sie es mit Witzeleien zu überspielen versuchten.
    »Fertig zum Start«, sagte Roope.
    Die anderen sagten nichts, sondern schritten zur Tat.
     
    Vorsichtig näherte sich Malek dem Holzhaus, das hinter den Bäumen am Seeufer stand. Es schien leer zu sein.
    Das Gefühl der Enttäuschung durchflutete ihn. War die Vermutung Markku Plöggers über den Aufenthaltsort seines Sohnes doch falsch gewesen?
    Malek wollte schon umkehren, sah sich aber noch einmal genau um.
    Seine Aufmerksamkeit heftete sich auf einen Weg, der von dem Platz vor dem Haus wegführte. Er verlief zum Teil über Gras, zum Teil über Sand, und im Sand waren reichlich Reifenspuren zu erkennen.
    Malek ging näher heran. Einige Reifenspuren kamen von diesem Platz, andere von dem größeren Zufahrtsweg. Malek ging langsam weiter.
    Plötzlich hörte man hinter den Bäumen ein dunkles Grollen. Malek blieb stehen. Das Geräusch wurde stärker, es schien jetzt fast direkt über ihm zu sein und erfüllte die Luft.
    |163| Im selben Moment stieg ein raketenähnlicher Gegenstand hinter den Bäumen auf. Die Heckflamme leuchtete hell wie bei einem Schweißgerät, bis das Ding in hohem Bogen am blauen Himmel verschwand.
    Fassungslos starrte Malek nach oben. Sein Gehirn wollte die Information, die ihm Augen und Ohren übermittelten, einfach nicht verarbeiten.
    War da wirklich gerade eine Art Flugkörper in den Himmel gestiegen? Hatte das etwas mit dem verschwundenen Uran zu tun?, schoss es Malek durch den Kopf.
    Er drehte sich abrupt um und rannte zum Wagen zurück.

|164| 23
    Erik blickte nach oben und las mit einem unangenehmen Kribbeln auf der Haut, was auf dem Schild stand.
    IN DIESEM GEBÄUDE BEFAND SICH VON 1927   BIS 1945   DAS KAISER-WILHELM-INSTITUT FÜR ANTHROPOLOGIE, MENSCHLICHE ERBLEHRE UND EUGENIK.   DIE DIREKTOREN . . .
    Erik verspürte eine fast physische Übelkeit, und er musste ein paarmal tief durchatmen. Dann fasste er sich, ging die wenigen Stufen hinauf, öffnete die Tür und hörte, wie seine Schritte im Treppenhaus widerhallten. Einige Studenten unterhielten sich vor dem in beide Richtungen abzweigenden Flur. Cargohosen, langes Haar, Rucksäcke. Studenten der Politik, nicht der Medizin und nicht der Biologie.
    Erik ging weiter. Er registrierte die abgetretene Steintreppe, die altmodischen Heizkörper, die hellen Wände, die einen Anstrich vertragen konnten. Wären das Kopiergerät, das Schwarze Brett mit den bunten Zetteln und das Plakat, das für das WLA N-Netz auf dem Campus der Freien Universität warb, nicht gewesen, hätte man nicht sagen können, ob man sich am Anfang des 21.   Jahrhunderts oder in den 1940er-Jahren befand.
    Hatte seine Mutter in diesem Gebäude ihre wissenschaftliche Laufbahn begonnen? War sie mit ihren Kollegen diese Treppe hinaufgeeilt . . . in die Labors, wo . . .?
    Erik hielt es hier nicht länger aus, er drehte sich um und stürzte aus dem Gebäude, ohne sich um die neugierigen Blicke der Studenten zu kümmern. Auf der Straße wischte er sich atemlos den Schweiß von der Stirn und versuchte, zur Ruhe zu kommen. Er war schon sehr früh am Morgen bei der Polizei gewesen |165| und hatte seiner vorliegenden Vermisstenmeldung die Informationen über den nächtlichen

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