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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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. . . Ingrid wäre da jetzt gut gewesen. Sie hatte die verschiedenen menschlichen Rassen wirklich gekannt.
    Rolf musste unwillkürlich schmunzeln, als er sich an die junge Frau zurückerinnerte, die voller Eifer erklärte: »Letztendlich ist |159| es gar nicht so schwer, die verschiedenen Rassen zu identifizieren, wenn man etwas Übung hat. Im Grunde ist es wie bei einem Ornithologen, der Vogelarten bestimmt. Ein Kollege von mir, Doktor Quelprud, ist zum Beispiel in der Lage, eine Menschenrasse nach den Ohrläppchen zu bestimmen.«
    »Jetzt übertreibst du aber«, widersprach Rolf.
    »Doch, doch«, fuhr Ingrid mit glühenden Wangen fort. »Es gibt eine Menge einfacher Grundregeln, die da Aufschluss geben. Beispielsweise wird die weiße Großrasse eindeutig dunkler, wenn man von Nord nach Süd und in Richtung Osten geht. Vergleich doch einfach mal Griechen und Türken, Türken und Perserr, Perser und Afghanen. Je weiter man nach Britisch-Indien kommt, umso dunkler wird es. Die Draviden in Südindien werden sogar manchmal der schwarzen Großrasse zugeordnet. Auch die Nasenform verrät normalerweise vieles, ebenso natürlich die Haare, aber auch die Wangenknochen, das Kinn, überhaupt die Schädelform . . .«
    Manchmal hatte Ingrid sich in der Stille des Schlafzimmers sogar zu einer Analyse der Rasseeigenschaften des »Führers« aufgeschwungen: »Auch in Deutschland – ich würde sogar sagen
gerade
in Deutschland – kreuzen sich die nordische Rasse, die Alpenrasse und die ostbaltische Rasse in sehr erstaunlicher Weise. Das sieht man auch an der Schädelform des Führers. Und Himmler erst . . . ein so durch und durch alpenrassiges Milchgesicht findet man in Deutschland kaum ein zweites Mal.«
    »Großer Gott, könnten wir jetzt bitte schlafen?«
    »Wir könnten schon, aber du willst doch sicher zuerst noch wissen, wie es bei
dir
um den Anteil der nordischen Rasse steht?«
    »Die nötigen Schädelvermessungen kannst du morgen vornehmen, aber jetzt würde ich gerne schlafen.«
    »Nein, ich sage es dir gleich. Ich habe gerade erst mit Doktor Schumann darüber gesprochen, der ein Buch zu diesem Thema schreibt. Nur deinetwegen habe ich ihn mal nach den Finnen gefragt. Also: du bist so westfinnisch, dass der schwedische Rasseneinfluss bei dir deutlich zu erkennen ist. Die Mehrheit der finnischen |160| Bevölkerung gehört ja eindeutig mehr zur breitschädligen ostbaltischen Rasse. Aber in Finnland ist es angeblich so, dass nach Norden und Osten hin die durchschnittliche Körpergröße der Bevölkerung zurückgeht, der Schädel breiter wird, die Haarfarbe dunkler ausfällt und in die ansonsten für euch Finnen typische Blau- und Grauäugigkeit eine ungefähr zehnprozentige Braunäugigkeit hineinkommt. Außerdem erkennt man jemanden aus dem Norden Ostbottniens oder einen Kvenländer einfach am auffallend runden Kopf . . .«
    »Ich schlafe eigentlich schon, aber darf ich dich trotzdem fragen, was wäre, wenn ich braune Augen hätte?«
    »Dann würde ich dich natürlich mit braunen Augen lieben.«
    Unweigerlich traten Rolf auf der Matratze in seinem düsteren Gefängnis die Tränen in die Augen. Sie hatten auch gute Zeiten gehabt, er und Ingrid. Und als Erik auf die Welt kam . . . Wo mochte Erik jetzt sein? War er bereits auf den Spuren seines verschwundenen Vaters in Berlin angekommen? Was mochte er alles wissen?
    Und vor allem: Würde Erik, falls er die Wahrheit über Rolf Narva erführe, seinen Vater überhaupt noch sehen wollen?

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    Malek Bahrami, der den Namen »Hoffmann« benutzte, blickte auf das farbige Display des Navigators, der an der Windschutzscheibe angebracht war. Der Umgang damit war ihm vertraut, denn er besaß in Berlin eine kleine Kurier- und Transportfirma.
    Den Namen Hoffmann hatte er sich ausgesucht, weil ein Mann namens Dietrich Hoffmann vor gut zwanzig Jahren in Hamburg-Altona sein Lehrer in der Grundschule gewesen war. Ein sympathischer Mann, kein bisschen rassistisch. Maleks Eltern waren aus Teheran nach Deutschland gekommen, als ihr Sohn fünf Jahre alt war.
    Utabar, der unter dem Namen »Manfred« auftrat, saß neben Malek. Sie hatten am Flughafen Helsinki-Vantaa einen kleinen Peugeot gemietet und waren damit in Richtung Imatra nahe der russischen Grenze gefahren.
    Die Stimmung im Wagen war gedrückt, und die dunklen Wolken am Himmel sorgten auch nicht gerade für eine gute Atmosphäre. Nach Imatra waren sie in Richtung Puumala und Savonlinna weitergefahren. Die Namen waren so kompliziert,

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