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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Konstellationen verbanden, mit jener Zeit, die ganze Völker in Aufruhr versetzt hatte, und deren Zeuge er gewesen war.
    Das Auto kam näher. Einen Meter noch . . . Der befreiende, allumfassende Gedanke von der Möglichkeit der Sühne und des Verzeihens bemächtigte sich seiner. Er holte tief Luft und sog ein letztes Mal gierig die Lungen voll Sauerstoff. Mit einem Schlag erfasste die Kühlerhaube ihn – und seine Welt erlosch.
     
    Das Auto hielt an. Der Körper des alten Mannes war mehrere Meter weit geschleudert worden. Der Fahrer stieg aus. Er ging neben dem Alten in die Hocke, stand aber gleich wieder auf und setzte sich ans Steuer.
    Der Fahrer beschleunigte heftig, bald war der Wagen hinter |198| der Backsteinmauer verschwunden und nahm den Weg zur Straße zurück.
    Stille legte sich über das Gelände. Zwischen den am Himmel vorbeieilenden Wolken blitzte ein Sonnenstrahl hervor und brachte die Pfütze neben dem Toten zum Glitzern. Auf einem Ast der Eiche hinter der Ruine saß regungslos ein Eichhörnchen und blickte auf den Hof. Da sich dort nichts mehr regte, sprang das Tier mit einem langen Satz auf den nächsten Ast.

|199| 29
    In einem vierstöckigen roten Klinkerbau im Studentendorf der TU in Espoo-Otaniemi ging ein junger Mann über den Gang im ersten Stock, betrat das Apartment ganz am Ende und zog die Tür hinter sich zu.
    Er war kreidebleich im Gesicht.
    »Was ist denn los?«, fragte Teemu erschrocken, als er das Gesicht des Ankömmlings sah.
    Raine starrte vor sich hin, als hätte er die Frage nicht verstanden, dann sagte er leise: »Roope ist tot. Sie haben ihn umgebracht.«
    Die Worte kamen tonlos und ohne Gefühl von seinen trockenen, blutleeren Lippen. Er wirkte vollkommen paralysiert. Teemu sah ihn erschrocken an.
    »Die Polizei hat seinen Vater angerufen«, fuhr Raine fort. »Sie haben die Leiche irgendwo in Espoo neben dem Auto gefunden. Man hat ihn mit einem schweren Gegenstand niedergeschlagen.«
    Einen Moment lang sagten beide nichts.
    »Was machen wir jetzt?«, flüsterte Teemu. »Wissen die anderen schon Bescheid?«
    Raine schüttelte den Kopf. »Wir müssen uns sofort treffen und überlegen, was wir jetzt tun.«
    »Da gibt es nichts zu überlegen. Wir machen gar nichts. Alles geht weiter wie bisher.« Teemus Stimme klang schroff.
    »Der Mord hat mit LALLI zu tun«, sagte Raine panisch, als wäre ihm der Ernst der Lage gerade erst klar geworden. »Das kann gar nicht anders sein. Wir sind alle in Gefahr. Was weißt du über das Uran?«
    |200| »Nur das, was Roope erzählt hat. Dass er eine Probe von einigen Gramm nach Finnland mitgebracht hat und der Rest noch in Deutschland ist. LALLI 2 ist doch bloß ein Bluff. Niemand kann Roope wegen einer nicht existierenden schmutzigen Bombe umgebracht haben.«
    Raine nickte. Aber er wirkte keineswegs überzeugt.
     
    Erik war auf dem Weg zu dem großen Internetcafé in der Nähe des Bahnhofs Zoo. Ein Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts hatte ihm Hinweise gegeben, wie er auf der Suche nach Informationen über ehemalige Studenten des Kaiser-Wilhelm-Instituts vorgehen sollte.
    Plötzlich klingelte sein Handy. Bestimmt Kohonen, dachte Erik. Ob der Historiker etwas über seine Mutter herausgefunden hatte?
    Er meldete sich, aber am anderen Ende blieb es still.
    »Hallo«, sagte Erik noch einmal.
    »Wer sind Sie?«, fragte eine tiefe Stimme auf Deutsch.
    Erik erschrak über diese Frage, die in dem Moment schmerzlich genau den entscheidenden Punkt traf. Denn in der Tat musste er sich diese Frage nun wohl neu stellen – wenn seine Eltern nicht die waren, für die er sie sein ganzes Leben lang gehalten hatte.
    Der Regen wurde stärker, und die Leute fingen an zu rennen, um sich irgendwo unterzustellen. Erik sah auf das Display seines Handys, und es verschlug ihm die Sprache.
    VATER, stand da. Rasch nahm er das Telefon wieder ans Ohr.
    »Vater . . .«, sagte er auf Englisch.
    Am anderen Ende war es still. Dann fragte die tiefe Stimme auf Englisch mit deutschem Akzent: »Würden Sie mir bitte Ihren Namen sagen?«
    »Ich bin Erik Narva. Und wer sind Sie? Warum rufen Sie mich vom Handy meines Vaters an?« Erik gab sich Mühe, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, um den Schreck zu verbergen.
    |201| Am anderen Ende hörte man ein schweres Seufzen. Dann wurde auf Deutsch weitergesprochen. »Ich bin Polizeihauptmeister Wieger aus Luckenwalde. Wir haben festgestellt, dass von diesem Handy aus zuletzt Ihre Nummer angerufen worden ist. Darum haben wir

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