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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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weitere Rauchwolke emporpilzte.
    »Es heißt, unter den Spitzhornbergen erstrecken sich die Stollen vieler Zwergenminen«, sagte sie leise, und ihre Lippen zuckten. »Ich schätze, die kleinen Burschen erleben gerade ihr blaues Wunder.«
    Esk erinnerte sich an den grünen Glanz des Feuerballs und fragte sich, warum das Wunder ausgerechnet blau sein sollte. Aber sie erhob keine Einwände und schwieg.
    Die alte Hexe beobachtete mißbilligend eine kleine Pfütze aus abkühlendem Eisen. »Schade um den Kaminschirm«, sagt sie betrübt. »Er war mit gußeisernen Eulen geschmückt, weißt du.«
    Mit zitternder Hand strich sie sich übers angesengte Haar. »Ich glaube, jetzt könnten wir ein anständiges Glas … kaltes Wasser vertragen.«
    Eskarina warf einen verwirrten Blick auf ihre Finger.
    »Echte Magie«, brachte sie hervor. »Und ich habe sie beschworen.«
    »Eine Art von echter Magie«, berichtigte Granny. »Vergiß das nicht! Außerdem rate ich dir, eine solche Vorstellung nicht zu wiederholen. Sonst sieht die Welt bald wie ein durchlöcherter Käse aus. Du mußt erst noch lernen, die magische Energie zu beherrschen.«
    »Kannst du mir dabei helfen?«
    »Ich? Nein!«
    »Aber wie soll ich es lernen, wenn mir niemand zeigt, worauf es dabei ankommt?«
    »Du mußt dorthin gehen, wo man über solche Dinge Bescheid weiß. Ich halte eine Zauberschule für angebracht.«
    »Aber du hast doch gesagt …«
    Granny ließ den Krug sinken, mit dem sie gerade ein Glas Wasser gefüllt hatte.
    »Ja, ja«, erwiderte sie müde und winkte ab, »vergiß meine Mahnungen! Und hör auch nicht auf die Stimme des gesunden Menschenverstands. Manchmal muß man die Dinge so nehmen, wie sie sind. Ich befürchte, du hast gar keine andere Wahl, als eine solche Schule zu besuchen.«
    Esk dachte darüber nach.
    »Du meinst, es sei mein Schicksal?«, vergewisserte sie sich. Granny hob die Schultern. »So ungefähr. Vielleicht. Wer weiß?«
    Als Eskarina zu Bett gegangen war, setzte Granny ihren Hut auf, zündete eine Kerze an, räumte den Tisch ab und holte eine hölzerne Kiste aus einem geheimen Fach des Kleiderschranks. Sie enthielt ein Fläschchen mit Tinte, einen alten Federkiel und mehrere Blätter Papier.
    Oma Wetterwachs fühlte sich nicht besonders wohl, wenn sie mit der Welt der Buchstaben konfrontiert wurde. Ihre Augen traten vor. Die Zunge führte ein seltsames Eigenleben zwischen den Lippen. Schweiß perlte auf Grannys Stirn. Doch die Spitze des Federkiels kratzte gehorsam übers Pergament, begleitet von gelegentlichen Bemerkungen wie: »Verflixt!«, und »Zum Teufel damit!«
    Der unten stehenden Version des Briefes mangelt es an den fürs Original typischen Wachstropfen, Flecken und durchgestrichenen Stellen. In dieser Hinsicht sind der Phantasie des Lesers keine Grenzen gesetzt.
     
    Granny hielt das Blatt ins Kerzenlicht und prüfte den Text kritisch. Ein guter Brief, fand sie. Der Ausdruck ›diwers‹ stammte aus dem Almanach, den sie jeden Abend las: Er kündigte immerzu ›diwerse Seuchen‹ und ›diwerses Unglück‹ an. Oma Wetterwachs wußte nicht genau, was damit gemeint war, aber ihr gefiel der Klang des Wortes.
    Sie versiegelte die Botschaft mit Kerzenwachs und legte sie auf den Schrank. Morgen wollte sie ins Dorf gehen, um sich einen neuen Kessel zu besorgen, und bei dieser Gelegenheit konnte sie das Schreiben für den nächsten Kurier hinterlegen.
     
    Am folgenden Morgen suchte Granny ihre Kleidung mit besonderer Sorgfalt aus. Sie wählte ein schwarzes Gewand mit Frosch- und Fledermausmuster, einen schwarzen Samtmantel (den sie schon seit dreißig Jahren benutzte, was niemand übersehen konnte) und ihren schwarzen Hexenhut, den sie mit langen Nadeln zierte.
    Sie brach zusammen mit Eskarina auf, wandte sich zunächst an den Steinmetz und bestellte einen neuen Kamin. Dann stattete sie dem Schmied einen Besuch ab.
    Bei der dortigen Unterredung ging es ziemlich hitzig zu. Schon nach kurzer Zeit verließ Esk das Haus, kletterte in den Apfelbaum und nahm in ihrer Lieblings-Astgabel Platz. Mit halbem Ohr lauschte sie dem wütenden Gebrüll ihres Vaters und dem Schluchzen ihrer Mutter. Ab und zu herrschte Stille, was bedeutete, daß Oma Wetterwachs mit ihrer Keine-Widerrede-Stimme einen Diskussionsbeitrag leistete. Manchmal konnte die alte Frau erstaunlich ruhig und gelassen sprechen, was ihren Worten einen noch größeren Nachdruck verlieh. Sie benutzte dann einen Tonfall, den der Schöpfer verwendet haben mochte, als er das

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