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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich aus dem Streifen ein Fleck bildete, der rasch in die Breite wuchs und schließlich einen großen schwarzen Kontinent bildete, der ihnen entgegenzurasen schien.
    Für den Hauch eines Augenblicks ritten sie auf dem Wellenkamm des Morgengrauens, das mit einem lautlosen Donnern übers Land gischtete. Kein Surfer hatte jemals eine solche Woge bezwungen. Der Hexenbesen tauchte einfach durch das Brodeln aus Licht und glitt mühelos durch kühle Finsternis.
    Granny ließ den angehaltenen Atem langsam entweichen.
    Die Dunkelheit kam einer Medizin gleich, die den Schrecken des Fluges ein wenig linderte. Und sie bedeutete auch, daß der Besen die Reise mit Hilfe seiner eigenen altersschwachen Magie fortsetzen konnte, wenn Esk plötzlich die Lust verlor.
    »!«, sagte Granny und räusperte sich. Ihre Kehle war knochentrocken. »Esk?«
    »Macht Spaß, nicht wahr? Wie ich das wohl fertiggebracht habe?«
    »Ja, ein ausgesprochen vergnügsamer Flug«, erwiderte Granny unsicher. »Aber hättest du was dagegen, wenn ich jetzt wieder das Steuer übernehme? Ich möchte vermeiden, daß wir über den Rand hinausrasen. Bitte?«
    »Stimmt es, daß ein gewaltiger Wasserfall über die Kante der Welt spritzt?«, fragte Eskarina. »Und wenn man dort in die Tiefe blickt – kann man dann Sterne beobachten?«
    »Ja. Ich schlage vor, wir fliegen jetzt etwas langsamer.«
    »Das sähe ich mir gern an.«
    »Nein! Ich meine, nicht jetzt. Bei einer anderen Gelegenheit.«
    Der Besen wurde langsamer, und die Regenbogenblase platzte mit einem deutlich hörbaren Plopp. Oma Wetterwachs fühlte nicht den geringsten Ruck, nicht einmal ein leichtes Zittern, als der Stiel den Flug wesentlich langsamer fortsetzte.
    Granny legte schon seit vielen Jahren großen Wert auf den Ruf, die Antworten auf alle möglichen Fragen zu wissen. Daher kam es für sie einer bemerkenswerten Leistung gleich, sich selbst so etwas wie Verwirrung einzugestehen. Die Würmer der Neugier fraßen sich in den (symbolisch faulen) Apfel ihres Bewußtseins.
    »Wie hast du das fertiggebracht?«, stieß sie schließlich hervor.
    Eine Zeitlang herrschte hinter ihr nachdenkliche Stille. Dann erwiderte Esk: »Ich weiß es nicht. Ich wollte es einfach nur und entwickelte eine entsprechende Vorstellung. Es ist so, als versuche man, sich an etwas zu erinnern, das man vergessen hat.«
     
    »Keine Ahnung. Vor meinem inneren Auge formte sich ein Bild, das die Dinge zeigte, wie ich sie mir wünschte. Und ich … ich wurde irgendwie Teil dieses Bildes.«
    Granny starrte in die Nacht. Von einer derartigen Magie hörte sie jetzt zum erstenmal, aber sie klang mächtig – und möglicherweise tödlich. Teil eines Bildes werden! In einem Punkt bestand kein Zweifel: Jede Magie veränderte die Welt in gewisser Weise. Zauberer hielten das für völlig normal: Es kam ihnen gar nicht in den Sinn, die Welt so zu lassen, wie sie war. und statt dessen die auf ihr lebenden Menschen zu verändern. Aber Esks Hinweis schien wortwörtlich gemeint zu sein. Oma Wetterwachs entschied, eingehend darüber nachzudenken. Mit festem Boden unter den Füßen.
    Zum erstenmal in ihrem Leben fragte sich Granny, ob jene Bücher, die sich seit einiger Zeit immer größerer Beliebtheit erfreuten, nicht doch etwas Wertvolles enthielten – obgleich sie sich einige Zweifel in Hinsicht auf den moralischen Wert von dergleichen beschriftetem Papier bewahrte. Immerhin hieß es, einige Bücher seien von Toten verfaßt worden, und deshalb kam es fast Nekromantie gleich, solche Werke zu lesen. Es gab viele Dinge im Multiversum, die Granny verabscheute, und an erster Stelle dieser langen Liste standen Gespräche mit Toten, die im Grunde genommen genug eigene Probleme hatten.
    Aber nicht annähernd so viele wie sie – davon war Oma Wetterwachs fest überzeugt. Gedankenverloren blickte sie auf die dunkle Landschaft hinab und wunderte sich darüber, daß unter ihr Sterne leuchteten.
    Für einige Sekunden, die sie einem Herzinfarkt nahe brachten, befürchtete sie, daß sie tatsächlich über den Rand der Scheibenwelt hinweggeflogen waren. Dann stellte sie fest, daß die kleinen Punkte unter ihr in einem gelben Licht glühten und flackerten. Außerdem: Wer hatte jemals davon gehört, daß Sterne in so gleichmäßigen Mustern angeordnet waren?
    »Sehr hübsch«, meinte Esk. »Ist das eine Stadt?«
     
    Die aufsteigende Luft duftete nach Weihrauch, Korn, Gewürzen und Bier, aber die bestimmenden Gerüche stammten von einem hohen Grundwasserspiegel,

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