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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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könnt Ihr wohl. Aber ich porträtiere dennoch nicht jeden, der einfach nur Geld besitzt. Was es mit Euch auf sich hat, möchte ich wissen. Erzählt mir alles, von Anfang an.“
    Abwartend hielt er mit dem Pinsel vor der Leinwand inne.
    Jacob seufzte tief. „Nun denn, wenn es so sein soll …“
     
    Er ergab sich dem Künstler.
     
    Moselhöhenweg, 1687
     
    Mein Dienstherr und Ziehvater, Ambrosius Carove, Kaufmann aus Trier, ward nun nicht mehr am Leben. Und ich, Jacob Steinmetz, daher auf mich allein gestellt. Mittlerweile gemächlich und im Schritt ließ ich den braunen Wallach den schweren Karren ziehen. Das arme Tier hatte noch immer Schaumkronen zwischen den Hinterläufen, lange hätte es den wilden Galopp nicht mehr durchhalten können. Ich hatte es fast zu Schanden gequält. Mit der langen Peitsche hatte ich es getrieben, wie ein Besessener, als wäre sprichwörtlich der Leibhaftige hinter uns her. Außer mir, wie von Sinnen, so sehr wollte ich fort von diesem schrecklichen Ort. So rasch und so weit entfernt wie nur irgend möglich. Nun fuhr ich den Moselhöhenweg entlang. Mein Pferd schnaubte gelegentlich und schien endlich wieder zu Atem zu kommen. Dennoch, bald würde es rasten müssen.
    Damals hatte ich meine Heimatstadt Trier verlassen, und ich sollte sie niemals wiedersehen.
    Die Last auf dem Wagen wog schwer; wir hatten Weinfässer geladen, eines davon enthielt allerdings keinen Moselwein. In einem dieser Fässer war ein Schatz versteckt. Ein uralter Schatz aus römischer Zeit. Schmuckstücke und Münzen von unschätzbarem Wert. Ich war es, der einst diesen Schatz entdeckt hatte. Es war mein Schatz. Ehemals war ich ein Steinmetzgehilfe und hatte bei der Errichtung von Ambrosius‘ Haus mitgeholfen. Damals, im Jahre 1656. Ich war durch eine geheime Kammer gebrochen, und nur durch mein Unglück und Ungeschick konnte der Schmuck in der Kammer überhaupt erst gefunden werden. Seit der Römerzeit hatte er dort gelegen und einen tiefen Schlaf des Vergessens geschlummert. Allein durch mich war er entdeckt worden, jedoch, die Schöffen hatten den großen Schatz allein dem Ambrosius zugesprochen, denn er war der rechtmäßige Besitzer des Grund und Bodens gewesen.
    Bei meinem Sturz hatte ich mir das Bein gebrochen, eine Verletzung, die niemals richtig verheilen sollte. Noch heute kann ich nur humpeln. Verurteilt, ein Krüppel zu sein.
    Ein Steinmetz hätte ich somit niemals mehr werden können. Also war ich gezwungen, die Zunft, mein Zuhause, zu verlassen. Die Zunft meines schon verstorbenen Vaters. Bei der Verrichtung seiner Arbeit, der Ausbesserung des Trierer Doms zu Ehren der Heilig-Rock-Schauung, war er vom Turme gestürzt. Der Herr, unser Gott, war grausam zu jener Zeit. Hatte er mir doch zuvor schon die Mutter genommen, und ich war nun eine Vollwaise. Ambrosius hatte Erbarmen mit mir und nahm mich bei sich auf. Als seinen Diener.
    Und nun musste ich mich und den Schatz in Sicherheit bringen. Wie so oft zu jener Zeit wurde Trier auf ein Neues von französischen Truppen belagert. Es gingen Gerüchte, die alte Römerstadt solle endgültig gebrandschatzt und dem Erdboden gleichgemacht werden.
    Nur deshalb war ich nun auf dieser Reise. Ambrosius hatte den Schmuck in seine Heimat bringen wollen, nach Lenno am Comer See in Italien. Nur er und ich hatten uns auf den langen Weg gemacht. Ich wusste weder, wo ich mich nun befand, noch welchen Weg ich nehmen sollte. Sollte ich weiter gen Koblenz fahren, mich auf dem Rhein einschiffen und nach Basel segeln, dann weiter über die Alpen ziehen bis nach Italien, bis nach Lenno? Aber was sollte ich dort? Nein, nun war der Schatz mein. Ich musste ein anderes Ziel für mich finden.
    Mein brauner Wallach zog den schweren Karren mit müdem Schritt, aber brav die alte römische Handelsstraße entlang. Ich fuhr durch dichten Wald, hin und wieder unterbrochen durch einen Blick hinab zu den Windungen der Mosel und auf weitläufige, fast senkrecht herabfallende Weinberge. Ich fuhr einfach weiter, immer entlang des Weges. Irgendwo musste ich meinem treuen Tier eine Rast gönnen. Inzwischen müsste ich weit genug entfernt sein. Ob Ambrosius Leichnam wohl mittlerweile gefunden worden war? Ich fand weder einen geeigneten Ort noch die nötige Ruhe für eine Rast. Im Gegenteil. Ich fühlte mich getrieben. Ich verspürte eine innere Hast, die mein Herz in meinem wie zugeschnürten Brustkorb wild klopfen ließ, ich fühlte die Anspannung in meinem Bauch. Es war unheimlich; alles wirkte

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