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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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den schützenden Hunsrückwald zu erreichen.
    Selbst wenn er mich nicht erkannt haben würde, er würde im Dorf Fragen stellen. Und sie alle würden Rede und Antwort stehen: der Gastwirt, die Schankmagd, der Bauer, der Fischer. Alle hatten mich gesehen. Alle konnten beschreiben, wie ich aussah, welche Kleidung ich trug; alle wussten von meinem Beutel, den ich nie ablegte, dass ich humpelte und ein Krüppel war.
    In Zukunft müsste ich vorsichtiger sein. Denn eines war gewiss: Boltera würde bald erfahren, dass ich nun auf der anderen Moselseite unterwegs war.
     
    Mein Bein erstarrte in grausamen Krämpfen, als ich endlich, endlich den schützenden Wald erreichte. Dennoch musste ich weiter hinein. Hinein in seine schützende Dunkelheit und Sicherheit. Irgendwann gelangte ich an eine Lichtung, durchflossen von einem glitzernden Bach und umsäumt von großen mächtigen, uralten Buchen.
    Gierig trank ich von dem frischen Wasser und konnte mich endlich niederlassen.
    Endlose Weinberge hatte ich mich heraufgekämpft, stetig die Angst im Nacken.
    Mein Magen knurrte, aber ich war erschöpft ob all der Anstrengung, all der Pein. Nicht mal ein Stückchen Brot vermochte ich zu verschlingen. Alsbald schlief ich ein, obschon es ein heller Sonnentag war.
    Erst in der Dunkelheit erwachte ich und labte mich an Brot, Fisch und Käse. Die Nacht war kalt und ich fröstelte. Ich zog den Dragonerrock über mein wollenes Wams. In der Nacht konnte ich nicht weiterwandern. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand, nicht die leiseste Vorstellung, in welche Richtung ich ziehen sollte. Bis morgen früh musste ich warten, bis die Sonne aufginge. Denn daran musste ich mich halten. Ich würde gen Osten ziehen. Irgendwo dort, hinter den Bergen des Hunsrücks, lag mein Ziel. Die Stadt der Edelsteine. Auch wenn dort diese Steine nicht geschürft wurden, die ich in meinem Beutel verbarg. Dennoch, hier würden sich sicher jene Menschen finden lassen, die wussten, wie ich die Schmucksteine gewinnbringend veräußern könnte.
    Ich musste eingeschlafen sein, denn als ich mit den Augen in die strahlende Sonne blinzelte, war es tagheller Morgen. Ich packte meinen Beutel und marschierte mit neuem Mut immer der Sonne nach. Sie stand noch tief am Horizont, somit war noch nicht die Mittagsstunde angebrochen. Also wanderte ich gen Osten.
    Irgendwann ging es bergab. Ich erreichte eine Ansammlung von Hütten. Dort gab es eine Mühle, und das Wasserrad drehte brav seine Runden. Der Müller, weiß bestäubt vom Mehl, musterte mich argwöhnisch, als ich einen Teil des Mehls kaufen wollte. Ein edler und feiner Mann sei gestern bei ihm gewesen, erzählte er mir. Er hätte sich nach einem Kerl erkundigt, der humpelnd durch die Gegend zog. Dieser Mann sei ein Räuber und Mörder, und eine Belohnung sei auf dessen Ergreifung ausgesetzt. Ich trollte mich, so schnell ich konnte. Dieser verdammte Boltera! Er verfolgte meinen Weg und war mir nun sogar schon voraus. Ich würde mich zukünftig vor den Menschen hüten, ich musste die Ortschaften meiden. Ich war ganz auf mich allein gestellt. Wie sollte ich nun genügend zu Essen auftreiben können?
    Ich spann einen irrsinnigen Plan. Wenn ich überleben wollte, so musste ich Boltera zuerst finden.
    Ich wanderte nur noch abseits der Wege. Ich suchte mir Pfade quer durch den Wald, immer und immer wieder behindert durch dichtes Gebüsch und undurchdringliche Dickungen. Mehrfach lief ich im Kreis und wusste alsbald nicht mehr, in welche Richtung ich mich bewegte. Ich merkte schnell, so kam ich nicht weiter. Meine Vorräte waren schon lange aufgezehrt. Zudem hatte ich Angst vor Räubern und Gesetzlosen. Und dann waren da noch die Wölfe, die ich jede Nacht heulen hörte.
    Dennoch kämpfte ich mich weiter durch das Dickicht. Es dämmerte zur Abendzeit. Noch diesen letzten Hügel wollte ich erklimmen und dann mein Nachtlager einrichten.
    Aber als ich die Hügelkuppe bezwungen hatte, erkannte ich, dass für mich noch nicht Zeit zum Rasten war, denn durch das nächste Tal zog ein kleiner Trupp Soldaten. Mein Herz jubelte. Dies könnte meine Rettung sein! Welch Glück, dass ich die Uniform behalten hatte! Aber bevor ich mich ihnen anschließen konnte, hatte ich noch einiges zu tun. Schließlich benötigte ich meine Mütze zur Uniform. Als Beutel hatte sie wohl vorerst ausgedient. Leise schlich ich also dem Trupp hinterher und wartete, bis die Männer sich zur Nachtruhe niederlassen würden. In naher Entfernung wartete ich. Ich zog mein

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