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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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machen.
    Jedoch, geistesgegenwärtig schwang ich mich von hinten auf den Kutschbock. Nie hätte ich meinem verletzten Bein eine solche Schnelligkeit zugetraut.
    Doch ich verspürte keinen Schmerz; schnell ergriff ich die Peitsche und brüllte wie ein Stier. Das Pferd lief, als wüsste es, dass ihm der leibhaftige Tod auf den Fersen war. Ich hörte die Männer hinter mir fluchen, der Beute beraubt. All ihr Tun war vergebens gewesen, ihr Morden umsonst.
    Ambrosius hatte ihnen ihre Bluttat nicht mit Gold aufgewogen.
    Ich fuhr immer weiter, immer den Weg entlang, von dem ich nicht wusste, wohin er mich führen würde. Ich konnte kaum etwas sehen, so viele Tränen verschleierten meinen Blick, ich schmeckte das salzige Wasser in meinem Mund. Mittlerweile galoppierte das Pferd ruhig und sicher. Immer vorwärts; ich ließ es laufen. Nur fort von diesem entsetzlichen Ort.
     
    „Wie diese Geschichte weitergeht … habt Ihr bereits gehört.“ Jacob weinte nun bitterlich. Nach all den Jahren des Schweigens.
    Er bat den Künstler, die Sitzung für heute zu beenden, er fühle sich nicht wohl und müsse an die frische Luft.
    „Daher seid Ihr so betrübt, Euer Leben lang?“, fragte der Maler gerührt.
    „Ja“, erwiderte Jacob, „ich weiß bis zum heutigen Tage nicht, ob es rechtens war. Ich habe Ambrosius nicht retten, ihm nicht helfen können. Ich habe in meiner Aufgabe als sein Diener und sein Beschützer versagt. Auch weiß ich nicht, ob ich den Schmuck nicht zurück zu seinem Weib und seinem Sohn hätte bringen müssen. In seinem Testament hatte er verfügt, dass alles seinen Nachfahren gehören sollte, nicht mir, dem Finder und Stiefsohn.“ Mein Vater weinte leise. De Largillière überlegte lange. „Ich hätte ebenso gehandelt. Genau wie Ihr“, antwortete er schließlich überzeugt. Aber er spürte, dass Jacob nun Ruhe brauchte. Er willigte ein, die Arbeit für heute zu beenden, aber nicht, ohne noch einige schnelle Pinselstriche auszuführen. Morgen früh würden sie fortfahren.
     

Kapitel 22
     
    Anton Schönemann wusste nicht mehr ein noch aus. Er lief in seinem Zimmer unruhig auf und ab wie ein Zirkustiger in seinem Käfig. Was treibt dieser Kerl nur da draußen? Er hatte ihn zurückpfeifen wollen, da seine Hilfe nicht mehr vonnöten war. Irgendetwas hat der vor. Nur, was? Schönemann zermarterte sich das Hirn. Schon seit über einer Woche war sein Besuch nun überfällig. Er ließ sich nicht mehr blicken. Aber Schönemann musste ihn stoppen, war doch nun alles so, wie es sein sollte. Aber er kam nicht mehr. Der spielt nun sein eigenes Spiel, dachte Schönemann zutiefst beunruhigt.
    Vor ein paar Tagen hatte noch alles so gut ausgesehen. Erst hatte er es gar nicht glauben wollen; es war einfach zu schön, um wahr zu sein. Aber Andreas Steinmetz meinte es ernst. Das hatte er ihm versichert. Und Schönemann hatte darauf vertraut. Jetzt, so nah am Ziel, macht mir dieser Verrückte noch alles kaputt! Der Mann war mir von Anfang an suspekt gewesen. Aber was hätte ich sonst tun sollen? Mir blieb doch keine andere Wahl! Und dieser Bekloppte kam wie ein Retter aus heiterem Himmel. Schönemann biss sich auf die Lippen und starrte verzweifelt zum Fenster hinaus. Nun war alles anders, alles hinfällig, sogar seinem Therapeuten hatte er seine derzeitige Verwirrung eingestehen müssen, allerdings, ohne ihm den wahren Grund zu nennen. Seine meisterhaft aufgebaute schauspielerische Fassade begann, ganz gegen seinen Willen, zu bröckeln.
    Vor ein paar Tagen hatte sich Andreas noch bei ihm im Namen der Familie Steinmetz entschuldigt. Für all das, was ihr Vorfahr Jacob seinem Vorfahren Ambrosius Carove angetan hatte. Er hatte Schönemann den Schmuck versprochen, sobald er ihn habe, er wollte damit seine Familienschuld begleichen. Schönemann hatte mit Tränen in den Augen angenommen. Er hatte Andreas‘ Hand sanft geschüttelt und ihm dankbar in die Augen geblickt; so gerührt war er. Endlich Gerechtigkeit, endlich Erlösung. Damit war sein Eid erfüllt: Er hatte den Mord an seinem Vorfahren gerächt und das Familienvermögen zurückgewonnen. Für ein paar Tage war Anton Schönemann glücklich, selig, geheilt.
    Dann war die Polizei gekommen. Um ihn zu verhören. Wieder einmal. Aber dieses Mal, diesmal traute er seinen Ohren kaum.
    Er sollte einen Killer engagiert, von hier drinnen aus alles organisiert und die Fäden in der Hand gehalten haben. Jetzt sei Schluss mit lustig, hatte der Polizist gedroht, jetzt gehe es für ihn

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