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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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Mörder. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er meinen Bruder erschossen und mir nach wochenlanger Gefangenschaft unter elendigen Bedingungen den Finger abgeschnitten. Und trotzdem. Der Schmuck gehört rechtlich ihm, das habe ich jetzt eingesehen, und aus diesem Grund habe ich dir, Schönemann, den Schatz zugestanden; weil du im Recht warst und meine Familie nicht … nur deshalb. Trotzdem fühlte Andreas eine große innerliche Erleichterung, diesen Ballast los zu sein. Wut und Hass waren gewichen, was blieb, war Wehmut; jetzt vermisste er einfach nur noch seinen Bruder.
    Seufzend zerstreute er seine Gedanken und verließ die Villa. Er würde hier viel verändern müssen, wenn Claire und er sich in diesem Haus wohlfühlen wollten.
     

Kapitel 38
     
    Anne spazierte mit Paula durch die Weinberge. Dies war eine schreckliche Zeit für sie beide. Es fühlte sich an, wie in einem dunklen Tunnel. Ein dunkler Tunnel ohne erkennbares Ende. Ohne Ausgang. Einfach nur Schwärze und Nichts.
    Anne meinte, überhaupt nicht mehr richtig zu leben.
    Wie in einem bösen Traum erlebte sie alles in unwirklichen, irrealen Szenen. Ein Albtraum, in dem sie nun seit drei Wochen gefangen war.
    Sie verrichtete ihre Alltagsgeschäfte mechanisch, ohne darüber nachzudenken. Die normalen Dinge des Lebens hatten ihre Bedeutung verloren.
    Auch Paula schien ähnlich zu empfinden. Lustlos streifte sie durch den Weinberg, schnüffelte teilnahmslos mal hier, mal dort. Paula trauerte.
    Anne kümmerte sich viel um die sensible Hündin, die ihr Herrchen schmerzlich vermisste.
    Kein Wunder, dass sie verstört ist, dachte Anne. Ganze zwei Tage hatte Paula in Hannes‘ Auto verbracht, damals, nach dieser schrecklichen Nacht.
    Erst dann hatte man sie aufgefunden, ausgetrocknet und apathisch. Sie war daraufhin zum Tierarzt gebracht worden, und Anne hatte sie schließlich mit nach Hause nehmen dürfen. Sie war nach Bekond gezogen. Paula zuliebe, aber auch, weil Anne sich hier Hannes am nächsten fühlte.
    Auf der Intensivstation aber spürte Anne momentan die reale Welt.
    Hier konnte sie Hannes sehen, durfte ihn streicheln, mit ihm sprechen. Auch wenn er kein Wort davon mitbekam. Aber der Pfleger hatte ihr erzählt, dass solche Patienten sehr wohl etwas wahrnehmen könnten, das hätten Studien bewiesen. Also, so tröstete sich Anne, kann es sein, dass Hannes meinen Duft riecht, meine Berührungen spürt und meine Stimme hört. Vielleicht, vielleicht verleiht ihm das die nötige Kraft. Die Kraft, wieder ins Leben zurückzufinden.
    Seit drei Wochen lebte Hannes nun durch Maschinen, war zur Stabilisierung seines Zustands in eine tiefe Narkose versetzt worden. Anne wartete seitdem sehnsüchtig auf den erlösenden Moment, wo die Ärzte ihr Okay für einen Aufwachversuch gäben. Doch bisher schien er nicht auf die Therapie anzusprechen. Wenn sie ihn so betrachtete und beobachtete, wie sein Brustkorb sich hob und senkte, konnte sie kaum glauben, dass er das nicht mehr selbst schaffte.
    Ob er wohl jemals wieder aufwachen wird?
    Niemand konnte ihr diese Frage beantworten.
    Auch nicht, wie oder besser gesagt, wer er dann sein würde. Sein Hirn konnte irreversibel geschädigt sein, hatten ihr die Ärzte erklärt. Das hieß, niemand konnte Anne sagen, welche bleibenden Schäden Hannes davontragen würde. Falls er überlebt und überhaupt nochmal aufwacht, überlegte Anne bitter. Ob er dann noch weiß, wer ich bin?
    Hannes‘ Gesicht und Zunge waren wenigstens nicht mehr so schrecklich entstellend geschwollen und blau verfärbt wie in den ersten Tagen. Anne hatte ihn anfangs kaum wiedererkannt. Dies war die Folge des venösen Rückstaus, wie die Ärzte ihr erläutert hatten. Das Blut hatte durch die Strangulation nicht mehr aus dem Hirn abfließen können, hatte sich gestaut und war letztlich in das Gewebe übergetreten. Hannes hatte ausgesehen wie ein viel zu stark aufgeblasener Luftballon. Völlig grotesk.
    Es grenzt überhaupt an ein Wunder, dass Hannes überlebt hat!, dachte Anne. Laut Aussage der Ärzte verdankte er dies wohl zwei glücklichen Umständen; einerseits hatten dichte Äste den freien Fall verhindert, andererseits hatte die Kälte der regenreichen Sturmnacht zu einer Verlangsamung von Hannes‘ Stoffwechsel geführt, sodass die lebenswichtigen Organfunktionen mit deutlich weniger Sauerstoff ausgekommen waren. Dennoch war sein jetziger Zustand die Folge einer sogenannten Hypoxie mit nachfolgendem Hirnödem.
    Anne seufzte.
    Nachts wurde sie von den

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