Das Erbe des Zitronenkraemers
Geräuschen verfolgt. Das pumpende Brummen des Beatmungsgerätes, das ständige Piepsen irgendwelcher Alarmfunktionen, die Spritzen und Infusionen, die das Zurneigegehen akustisch anmeldeten, ließen sie kaum zur Ruhe kommen.
Das einzige Fernsehprogramm, das Anne noch kannte, waren die Anzeigen der Vitalfunktionen auf Hannes‘ Überwachungsmonitor.
Langsam machte Anne sich mit Paula wieder auf den Heimweg. Sie wollte noch ins Krankenhaus.
Anton Schönemann ist der einzige Gewinner in dieser Geschichte, resümierte Anne. Ob er das wohl geahnt hat, als er mit all dem anfing? Das würde sie wohl nie in Erfahrung bringen.
Auf jeden Fall ist er jetzt der rechtmäßige Besitzer des antiken Carove-Schmucks, er hat sein Ziel erreicht. Auch wenn er immer noch in der Psychiatrie sitzt, irgendwann wird er wieder rauskommen und dann seinen geliebten Schmuck endlich in den Händen halten. Andreas hat ihm ja alles geschenkt.
Schönemann hatte nicht gezögert und großzügig alle Exponate leihweise der Trierer Kunstgesellschaft für die Konstantin-Ausstellung zur Verfügung gestellt.
Robin verbüßte ebenfalls seine Strafe hinter Schloss und Riegel ab, während Andreas Steinmetz seinen Frieden gefunden hatte und derzeit, zusammen mit Claire, auf Mauritius sein neues Leben feierte.
Nach seiner Auszeit wollte er frisch gestärkt die Geschäfte der Steinmetz-Juwelierkette weiter-führen.
Und Hannes? Und ich? Wo bleiben wir in der ganzen Geschichte? Wir beide waren eigentlich Außenstehende gewesen, am wenigsten beteiligt an der ganzen Sache und sind doch so schwer getroffen. Tränen stiegen ihr in die Augen. Im Grunde hatten sie nur helfen wollen. Damals, als Andreas entführt und Claire bei ihnen aufgetaucht war. Resigniert nahm Anne Paula an die Leine und streichelte ihr zärtlich über den Kopf. Sie betete zu Gott. Zum tausendsten Mal.
Das Handy klingelte in ihrer Hosentasche. Anne schaute ängstlich auf das Display. Es war tatsächlich die Nummer der Intensivstation.
Ihr „Hallo“ klang ängstlich.
Es war der Pfleger. Er bat Anne, sofort zu kommen.
Kapitel 39
Marie Leuchtbach, Barbaras Tochter, nutzte den schönen und ersten regenfreien Herbsttag, um mit den Reitschülern einen Ausritt zu machen. Kinder und Pferde waren dankbar für die Abwechslung und das Abenteuer. In einem leichten Galopp fegte die ganze Abteilung den Waldweg hinauf. Die Kinder hatten zum Ziel das Zitronenkrämerkreuz gewählt. Sie wollten die mysteriöse Schatztruhe sehen.
Oben angekommen war die Aufregung groß.
Marie drängte zum baldigen Aufbruch, es wurde bereits früh dämmerig um diese Jahreszeit.
Die Mädchen wühlten freudig und wild durcheinanderschnatternd in der Plastikkiste.
Aufgeregt kam eines von ihnen zu Marie gerannt, die die Pferde hielt. Es hielt ihr mit gerötetem Gesicht ein golden glänzendes Medaillon mit einem grünen Stein in Pferdekopfform unter die Nase.
„Sieh mal, was ich gefunden habe! Meinst du, ich kann das behalten?“
Marie lachte. „Klar, Lisa, da ist eh nur wertloses Zeugs darin, du musst aber irgendetwas anderes dafür hineinlegen“, bestimmte die Reitlehrerin.
Lisa wühlte in ihren Taschen. Sie „bezahlte“ den Schatz mit einem Kaugummi.
Auf dem Rückweg wog das Ding schwer und unangenehm in der Tasche der Reithose. Das Mädchen überlegte, ob es diesen komischen schweren Stein Anne schenken sollte, dann dürfte es vielleicht mal die süße Pammy dafür reiten.
*
Pam hatte sich im Schlamm gesuhlt und sah aus wie ein zu dick paniertes Schnitzel. Anne verdächtigte ihre lebenserfahrene Stute tatsächlich, dies aus Arglist zu tun, damit sie nicht geritten werden konnte. Schon mehr als einmal hatte Pam mit dieser Taktik Erfolg gehabt. Seit einer halben Stunde mühte sich Anne bereits mit einer harten Stahlbürste an ihr ab, als das Mädchen freudig um die Ecke gelaufen kam.
Lisa hielt Anne glücklich ein Schmuckstück unter die Nase. „Schau mal, dieses tolle Ding habe ich extra für dich aus der Schatztruhe genommen; darf ich dafür einmal auf Pammy reiten?
Anne blieb der Atem weg. Hört denn das nie auf? Mit zitternden Händen nahm sie den Stein entgegen und drückte dem Mädchen im Gegenzug die Bürste in die Hand. „Erst mal ist Putzen angesagt“, kommandierte sie geistesabwesend und ließ den Stein wie eine sehr heiße Kartoffel zu Boden fallen, nachdem sie die Rückseite betrachtet hatte. Dort waren zwei Buchstaben eingraviert: A und G. Ambrosius und Giulia. Anne überlegte
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