Das ermordete Haus
dem Vorschlaghammer kleinzuhauen! Und in den Flammen lagen schon Teile vom Backtrog!‹«
Die Clorinde Dormeur preßte die Hand auf den Mund, denn sie konnte sich das Gemetzel, das da an den Möbeln angerichtet wurde, nur zu gut vorstellen, und es tat ihr weh, fast als ob es ihre eigenen wären.
Marie war oben in ihrem Zimmer, vor dem offenen Fenster. Sie staubte nacheinander die hohen Vasen aus Meißner Porzellan ab, die sie von ihrer Patin zur Kommunion geschenkt bekommen hatte. Und beim Staubwischen dachte sie nach. Schon seit längerem ging ihr dieser Séraphin nicht mehr aus dem Sinn. Aufgefallen war er ihr, als sie auf ihrem triporteur, ihrem Lieferdreirad, nach Paillerol gefahren war, um Brot auszuliefern. Mit nacktem Oberkörper hatte er mit seiner Spitzhacke ausgeholt, um sie auf den verwitterten Felsblock an der Böschung niedersausen zu lassen, und alle seine Muskeln waren vor Anstrengung hervorgetreten.
Schon seit einiger Zeit sagte sie sich: »Wenn ich mich dem nicht an den Hals werfe, wird die Rose Sépulcre ihn sich schnappen, diese Schlampe. Die ist zu allem fähig, mit ihrem Namen, bei dem es einem kalt den Rücken herunterläuft. Die Bessolote hat mir schon erzählt, daß sie sie neulich abends bei Séraphin gesehen hat.«
Deshalb fuhr Marie jetzt zusammen, als sie den Namen Séraphin hörte. Die Angst vor dem Frevel, den zu begehen er offenbar im Begriff stand, ließ sie in wilder Hast und ohne nachzudenken die Wendeltreppe hinunterstürzen. Mit einem Satz durchquerte sie den Laden und tauchte draußen vor ihrer Mutter und der Tricanote auf, die wie versteinert dastanden. Wie ein Pfeil schnellte sie an ihnen vorbei zu ihrem triporteur, der an der Wand stand, wendete ihn in Richtung Straße und stieg auf.
»Marie!« schrie Clorinde. »Was machst du da? Wo willst du denn hin?«
Aber Marie verschwand bereits hinter der nächsten Kuppe. Die Clorinde wandte sich der Alten wieder zu, der es inzwischen gelungen war, ihre Ziegen in den Stall zu treiben.
»Aber wo will sie nur hin?« fragte die Tricanote neugierig.
»Mein Gott, wer soll das wissen? Dieses Mädchen ist völlig verrückt! Die bringt mich noch unter den Boden!«
Marie fuhr, so schnell sie konnte, die kurvige Straße nach La Burlière hinab, wo der Schornstein rauchte. Wie eine Besessene trat sie in die Pedale ihres schwankenden Rades. Diese Tätigkeit hatte ihr, vor allem bei den häufigen Bergfahrten von Peyruis nach Lurs, zu makellos festen Schenkeln verholfen.
Es ist schwer, Möbel zu verbrennen, die eine Geschichte haben. Die Brottruhe gab als erste nach, nur der Deckel hielt stand. Sie war von Holzwürmern durchlöchert, die Füße bestanden nur noch aus Holzstaub, und doch stöhnte sie wie ein lebendiges Wesen, als Séraphin sie mit seinem Hammer zerschlug. Es war, als habe er mit einem Schlag den Ursprung dieses warnenden Knarrens zerstört, das sie ihr ganzes Leben, mehr als hundert Jahre lang, hatte ertönen lassen, auch dann noch, als sie so lange einsam in diesem kalten Bauernhaus hatte ausharren müssen, daß sogar der Brotgeruch, der sich in den Holzwurmlöchern festgesetzt hatte, schließlich verflogen war. Lange noch weinte diese Truhe in dem Feuer, das sie langsam verzehrte.
Der Tisch leistete Widerstand. Die Tischplatte war sechs Zentimeter dick, und da sie dazu noch vier Meter lang war, konnte Séraphin sie nicht in einem Stück in den Kamin schieben. Es gelang ihm nicht einmal, die Spur, die im Tisch zurückgeblieben war, nachdem der Spieß den Körper seines Vaters durchbohrt hatte, mit seinen Hammerschlägen zu tilgen. Er nahm den Salzbehälter von der Wand und warf ihn ins Feuer. Das festgebackene Salz, das noch darin gewesen war, verbrannte in grünen Flammen, die sich noch lange störend unter die roten des Kaminfeuers mischten. Séraphin achtete nicht darauf. Er starrte auf die Spuren rings um den jetzt leeren Fleck, auf die der alte Burle ihn hingewiesen hatte. Die Blutflecken waren in die gekalkte Wand eingezogen, waren mit ihr gealtert, doch war ihre Farbe nie eins mit derjenigen der Wand geworden. Nachdem der Salzbehälter nun verschwunden war, konnte man an den Handabdrücken rund um die leere Stelle mit dem frischer aussehenden Kalk erkennen, daß der Sterbende noch versucht haben mußte, den Behälter abzunehmen.
Séraphin erhob sich seufzend. Er entdeckte die Uhr, die sich ängstlich in den hintersten Winkel zu ducken schien. Mit zwei Hammerschlägen hatte er dem Gehäuse aus Weichholz den Garaus
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