Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
stört. Ich mische mich demgemäß ein.
»Verzeihung, mein bester Herr«, melde ich mich ausgesucht höflich zu Worte, »aber ich möchte doch gern wissen, weshalb Sie sich die Mühe gemacht haben, uns hierher zu bringen, anstatt uns ganz einfach totzuschlagen. Ihr Hauptmann Edward Rufus und seine Leute hatten doch leichtes Spiel, wir waren wehrlos, und das wäre doch das beste Mittel gewesen, sich unserer zu entledigen.«
Mit gerunzelten Brauen schaut Harry Killer mich verachtungsvoll an. Was ist das für ein Pygmäe, der ihn da anzusprechen wagt? Er geruht indessen doch, mir eine Antwort zu geben.
»Um einer Untersuchung durch die französischen Behörden zu entgehen, die eine Niedermetzelung einer französischen Expedition bestimmt auf den Plan gerufen hätte.«
Ich bin zum Teil zufriedengestellt. Aber doch nicht ganz.
»Es scheint mir«, wende ich ein, »daß unser Verschwinden das gleiche Ergebnis haben wird.«
»Offenbar«, gibt Harry Killer zu, der diesmal ein beträchtliches Maß an gesundem Menschenverstand beweist. »Daher wäre mir auch lieber gewesen, Sie hätten auf Ihre Reise verzichtet. Einzig Ihre Hartnäckigkeit hat mich gezwungen, Sie hierher bringen zu lassen.«
Der Gegner kommt mir ein klein wenig entgegen. Ich muß schleunigst die Gelegenheit nutzen.
»Noch läßt sich alles in die Reihe bringen«, sage ich. »Da Sie ja jetzt wissen, daß wir durchaus nicht mehr bis zum Niger wollen, brauchen Sie uns nur da absetzen zu lassen, wo Sie uns aufgegriffen haben. Es wird dann keine Rede mehr davon sein …«
»Damit Sie überall erzählen, was Sie erfahren haben? Damit Sie die Existenz dieser Stadt bekanntgeben, von der die ganze übrige Welt nichts weiß?« fällt Harry Killer mir heftig ins Wort. »Nein, dafür ist es zu spät. Wer einmal nach Blackland gekommen ist, kommt niemals wieder heraus.«
Soll er sich doch die Lungen ausschreien, soviel er will! Ich für meine Person fange an, mich an seine Ausbrüche zu gewöhnen. Ich rege mich also nicht weiter auf, sondern bleibe beim Thema.
»Dann findet die bewußte Untersuchung also statt?«
»Wahrscheinlich«, antwortet Harry Killer, dessen Barometerstand schon wieder auf Beständig zurückgegangen ist, »aber meine Position wird jetzt wesentlich besser sein. Wenn ich entdeckt bin und es schließlich zum Kampf kommt, werde ich doch etwas mehr besitzen, als wenn Sie nicht mehr am Leben wären …«
»Und das wäre?«
»Geiseln«, antwortet er.
Nicht übel, dieser Potentat. Er hat vollkommen recht. Aber auch ich habe recht gehabt, ihn zu interviewen, da ja aus seinen Antworten hervorgeht, daß er nicht die Absicht hat, uns vom Leben zum Tode zu befördern. Das ist immerhin angenehm zu erfahren.
Harry Killer hat wieder an seinem Tisch im Sessel Platz genommen. Er ist wirklich ein Individuum, das einen aus der Fassung bringen kann. Jetzt wirkt er vollkommen ruhig und beherrscht.
»Stellen wir doch die Situation einmal vollkommen klar«, sagt er in einem eisigen Ton, der für uns eine Neuheit ist. »Sie sind in Blackland und werden es nicht mehr verlassen, und zwar keiner von Ihnen. Was Ihre Existenz betrifft, so wird sie sein, was Sie selbst aus ihr machen. Ich habe niemandem Rechenschaft abzulegen. Ich kann Sie ins Gefängnis werfen oder umbringen, wenn es mir paßt, Ihnen aber ebensogut die Freiheit lassen, die ich selber in den Grenzen meines Imperiums genieße.«
Schon wieder dieser Ausdruck. Es ist wirklich zum Lachen.
»Das hängt ganz von Ihnen ab«, fährt Harry Killer fort, wobei er sich speziell an Monsieur Barsac wendet, den er offenbar als unseren Flügelmann betrachtet. »Sie werden mir als Geiseln dienen oder …«
Harry Killer hält vielsagend inne. Monsieur Barsac sieht ihn mit einer Verwunderung an, die ich verstehe. Was könnten wir wohl sonst noch sein?
»Als Mitarbeiter«, vollendet Harry Killer kalten Blutes seinen Satz.
Wenn ich sagte, Harry Killers Vorschlag habe uns in Erstaunen versetzt, so wäre der Ausdruck zu schwach. Wir sind einfach ›platt‹.
In dem gleichen kühlen Ton fährt er jedoch in seiner Rede fort.
»Man darf nicht annehmen, daß ich mir etwa über das Vordringen der französischen Truppen Illusionen mache. Wenn man von meiner Existenz noch nichts weiß, so wird man doch über kurz oder lang von ihr erfahren. An diesem Tage dann heißt es sich schlagen oder aber verhandeln. Bilden Sie sich nicht ein, ich fürchtete den Kampf. Ich bin in der Lage, mich zu verteidigen. Aber Krieg ist nicht
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