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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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seine neuen Herren verraten? Ich mache auf der Stelle Tchoumouki gegenüber entsprechende Andeutungen und erwähne dabei eine so große Summe, daß er sein ganzes restliches Dasein in süßem Farniente verbringen könnte, wenn er sie bekäme. Der Schelm macht zwar ein Gesicht, als ob er den Vorschlag durchaus natürlich finde, schüttelt aber den Kopf wie jemand, der keine Möglichkeit sieht, diesen Schatz zu heben.
    »Nicht möglich fortgehen von hier«, erklärt er mir. »Viele, viele Soldaten, viele Sachen toubab, viele hohe Mauern.«
    Er setzt noch hinzu, daß die Stadt ringsum von der Wüste umschlossen ist, die zu durchmessen für uns unmöglich wäre. Das stimmt allerdings, wie ich mich auf unserem Weg durch die Luft überzeugen konnte. Sind wir dann also verdammt dazu, bis ans Ende unserer Tage hier zu bleiben?
    Als die Mahlzeit beendet ist, zieht sich Tchoumouki zurück, und ich beschließe den Tag in Einsamkeit.
    Am Abend bringt er mir mein Nachtmahl – (die Verpflegung ist alles in allem durchaus ausreichend) –, dann jedoch, in dem Augenblick, in dem meine Uhr ein paar Minuten nach neun zeigt, geht plötzlich die elektrische Lampe aus. Ich suche tastend mein Lager auf.
    Nach einer, wie ich bereits sagte, ausgezeichnet verbrachten Nacht erhebe ich mich am 25. März und stelle unter diesem Datum die Notizen zusammen, in denen die näheren Umstände unserer Entführung und unserer Luftfahrt berichtet werden. Der Tag nimmt einen friedlichen Verlauf. Ich sehe niemanden außer Tchoumouki, der mir regelmäßig meine Mahlzeiten bringt. Durch Erfahrung gewitzigt, gehe ich früher zu Bett und habe allen Grund, mich zu dem Entschluß zu beglückwünschen. Zur gleichen Stunde wie gestern wird das Licht abgeschaltet. Offenbar ist das hier im Hause die Regel.
    Zweite ausgezeichnete Nacht, ich bin heute morgen, am 26. März, frisch und gut aufgelegt, aber leider immer noch ein Gefangener. Diese Situation ist völlig sinnlos, denn was will man schließlich von uns? Wann werde ich auch nur jemanden sehen, den ich danach fragen kann?
    AM GLEICHEN TAGE, ABENDS. – Meine Wünsche sind erhört worden. Wir haben Seine Majestät Harry Killer zu Gesicht bekommen, und unsere Lage hat sich seit dieser Begegnung, die mich im Innersten erregt und zitternd zurückgelassen hat, wesentlich verändert.
    Es mochte drei Uhr nachmittags sein, als meine Tür sich öffnete. Diesmal erschien dahinter nicht Tchoumouki, sondern ein anderer unserer alten Bekannten, Moriliré, um ihn nicht anders zu nennen. Moriliré hat etwa zwanzig Neger bei sich, die er zu befehligen scheint. Inmitten dieser Truppe bemerke ich meine Reisegefährten, unter ihnen auch Mademoiselle Mornas, nicht jedoch Saint-Bérain, der sich, wie seine junge Tante mir sagt, noch immer nicht rühren kann. Ich schließe mich ihnen in der Vorstellung an, daß unsere letzte Stunde gekommen ist und daß man uns zur Hinrichtung führt.
    Dem ist jedoch nicht so. Wir durchwandern eine Reihe von Korridoren und gelangen schließlich zu einem ziemlich großen Raum, in den wir eintreten, während unsere Wachmannschaft auf der Schwelle zurückbleibt.
    Der Raum enthält als einziges Mobiliar einen Sessel aus Palmfibern und einen Tisch; auf diesem stehen ein Glas und eine halbvolle Flasche, der Alkoholgeruch entströmt. Der Sessel befindet sich hinter dem Tisch und auf ihm sitzt ein Mann. Unser aller Blicke richten sich auf ihn. Es ist der Mühe wert.
    Seine Majestät Harry Killer muß wohl vierzig bis fünfundvierzig Jahre alt sein, wiewohl er in gewisser Hinsicht älter erscheinen könnte. So weit man es beurteilen kann, ist er groß von Gestalt, und seine Schulterbreite, seine riesigen Hände, seine stämmigen, muskulösen Glieder verraten eine außergewöhnliche, um nicht zu sagen herkulische Kraft.
    Besonders aber fesselt der Kopf die Aufmerksamkeit. Das Gesicht ist bartlos, von unbestimmbarem Ausdruck, da es zugleich Machtbewußtsein und Schlaffheit erkennen läßt. Es wird gekrönt von einem ungepflegten, ergrauenden Haarschopf, einer regelrechten Mähne, die seit undenklichen Zeiten mit keinem Kamm in Berührung gekommen zu sein scheint. Die freiliegende Stirn ist breit und verrät Intelligenz, aber die hervortretenden Kieferknochen, das schwere, vierkantige Kinn weisen auf derbe, heftige Leidenschaften hin. Die stark gebräunten Wangen mit den hervorspringenden Backenknochen sind oben etwas ausgehöhlt, fallen aber darunter schlaff in zwei schweren Säcken herab. Sie sind von

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