Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
haben. Wenn auch sein Mund zu einem grausamen Grinsen verzerrt ist, zeigt sich doch auch flüchtig etwas wie Vergnügen in seinem Blick, den er auf das noch immer vor Entrüstung bebende Mädchen geheftet hält.
    »Sieh da, sieh da! …« bemerkt er in fast gutmütigem Ton. »Es hat also Blut in den Adern, dieses junge Füllen.«
    Dann schiebt er mit dem Fuß die Überreste des unglücklichen Negers beiseite.
    »Das da aber …«, sagt er. »Wegen solcher Geringfügigkeiten muß man sich nicht aufregen, kleines Fräulein.«
    Er steigt nun hinab, man schleppt uns hinter ihm her und führt uns wieder in den so üppig mit einem Tisch und einer einzigen Sitzgelegenheit möblierten großen Raum, den ich im Hinblick auf diese Ausstattung künftighin den Thronsaal nennen werde. Harry Killer setzt sich auf den besagten Thron und sieht uns an.
    Ich habe gesagt, er sieht uns an … aber in Wirklichkeit beachtet er einzig Mademoiselle Mornas. Er hält auch weiterhin seine furchterregenden Blicke, in denen nach und nach ein bösartiges Glitzern erscheint, auf sie geheftet.
    »Sie kennen jetzt meine Macht«, sagt er schließlich, »und ich habe Ihnen bewiesen, daß meine Angebote nicht zu verachten sind. Ich erneuere sie zum letzten Mal. Ich habe gehört, es gebe unter Ihnen einen Abgeordneten, einen Arzt, einen Journalisten und zwei Dummköpfe …«
    Was Monsieur Poncin anbelangt … also meinetwegen! Aber dem armen Saint-Bérain gegenüber ist das denn doch eine Ungerechtigkeit.
    »Der Abgeordnete wird gegebenenfalls die Unterhandlungen mit Frankreich führen, für den Arzt werde ich ein Krankenhaus bauen lassen, und der Journalist wird sich in ›Blackland’s Thunder‹ betätigen. Für die beiden übrigen werde ich ebenfalls eine nützliche Beschäftigung finden. Bleibt noch die Kleine übrig. Sie gefällt mir … Ich heirate sie.«
    Man kann sich denken, daß wir aus allen Wolken fielen, als wir diesen unerwarteten Beschluß aus seinem Munde vernahmen. Aber natürlich, bei einem Wahnsinnigen …!
    »Nichts von alledem wird sich verwirklichen«, antwortet ihm Monsieur Barsac in entschiedenem Ton. »Die grauenhaften Verbrechen, deren Zeugen wir geworden sind, haben unseren Standpunkt nicht erschüttert, sondern das Gegenteil bewirkt. Wir werden Gewalt ertragen, solange es nötig ist, aber niemals werden wir, was auch geschehen mag, etwas anderes als Ihre Gefangenen oder Ihre Opfer sein. Was Mademoiselle Mornas anbelangt …«
    »Aha! Mornas also heißt meine Zukünftige?« fällt ihm Harry Killer ins Wort.
    »Ob ich nun Mornas oder sonst irgendwie heiße«, ruft unsere Gefährtin, fast von Sinnen vor Zorn, ihm zu, »jedenfalls müssen Sie wissen, daß ich Sie als ein wildes Tier betrachte, als ein verworfenes, abstoßendes Subjekt, und daß ich Ihren Vorschlag als die gemeinste, schmählichste Beleidigung betrachte, die …«
    Die Stimme versagt Mademoiselle Mornas, sie bricht in krampfhaftes Schluchzen aus. Was Harry Killer betrifft, so lacht er nur. Er neigt jetzt entschieden zur Milde.
    »Gut … gut! …« bemerkt er nur. »Es eilt ja alles nicht. Ich gebe Ihnen einen Monat Bedenkzeit.«
    Dann aber fällt das Barometer ganz plötzlich, mit dem Tauwetter ist es aus. Er erhebt sich und wendet sich an die Wächter.
    »Führt sie hinaus!« ruft er mit donnernder Stimme.
    Monsieur Barsac leistet einen Augenblick den Wachen, die ihn fortschleppen wollen, noch Widerstand.
    »Und was werden Sie in einem Monat mit uns machen?« fragt er Harry Killer.
    Schon wieder hat sich bei diesem der Wind gedreht. Der Despot kümmert sich nicht weiter um uns, sondern hebt mit zitternder Hand einen tüchtigen Schluck Alkohol, den er sich eingegossen hat, an die Lippen. Auf Monsieur Barsacs Frage hin behält er das Glas in der Hand, ohne daß man ihm irgend etwas von Zorn anmerkt.
    »Ich weiß noch nicht so recht …« antwortet er in unentschiedenem Ton, während sein Blick zur Zimmerdecke schweift. »Vielleicht knüpfe ich Sie alle auf …«
Fußnoten
    1 ›Nimmt man dem Menschen seine Unabhängigkeit, so nimmt man ihm die Freiheit.‹
     

IV.
Vom 26. März bis zum 8. April
    So wie Amédée Florence es in seinen Aufzeichnungen geschildert hat, kehrten die sechs Gefangenen tief erschüttert von ihrer Unterredung mit Harry Killer zurück. Der Tod der beiden unglücklichen Neger, zumal das schreckliche Ende des zweiten, hatte sie im Innersten entsetzt. War es denn möglich, daß es Wesen gab, die so entmenscht waren, daß sie ohne Grund, nur aus

Weitere Kostenlose Bücher