Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
Männer schrittweise erobert worden. Da waren im Jahre 1887 der Schiffsleutnant Caron und die in jeder Hinsicht großartige Forschungsunternehmung des Kapitän Binger, 1889 der Marineleutnant Jaime, 1890 Dr. Crozat, 1891 Kapitän Monteil, wozu noch 1893 das ruhmreiche Ende des Leutnants Aube und des Obersten Bonnier sowie die Einnahme von Timbuktu durch Leutnant Boiteux kam, zu dem bald auch noch Commandant Joffre stieß. Da waren ferner noch im gleichen Jahr 1894 und dann 1895 Kapitän Toutée und Leutnant Targe, 1896 Marineleutnant Hourst und 1898 Oberst Audéoud, der sich Kongs bemächtigte und Samorys Macht ein gewaltsames Ende setzte. Von da an verdient der westliche Sudan das Epithet ›wild‹ nicht mehr; die Verwaltung folgt der Eroberung auf dem Fuß, die Posten vermehren sich und sichern auf eine immer zuverlässigere Weise die heilbringende französische Herrschaft über dieses Gebiet.
In dem Augenblick, in dem die außerparlamentarische Abordnung ihrerseits in diese Gegenden vordrang, war die Befriedung noch nicht gänzlich vollendet, doch schon herrschte größere Sicherheit und bestand berechtigter Anlaß zu glauben, daß die Reise, wenn auch vielleicht nicht ohne jeden Zwischenfall, so doch wenigstens ohne Unfall verlaufen und daß alles sich auf eine gemächliche Promenade unter friedlichen Völkerschaften beschränken werde, die Barsac als reif dafür erachtete, die Freuden einer parlamentarischen Politik zu genießen.
Der Aufbruch war auf den 1. Dezember festgesetzt.
Am Vorabend der Abreise sollte ein offizielles Bankett ein letztes Mal alle Mitglieder der Expedition an der Tafel des Gouverneurs versammeln. Im Anschluß an dieses Bankett sollten wie üblich Festansprachen, unter der obligaten Begleitung durch die Nationalhymne, ausgetauscht und letzte Segenswünsche für den Erfolg des Unternehmens und den Ruhm der Republik ausgesprochen werden.
An diesem Tage nun war Barsac, ermüdet von einem Rundgang durch Konakry unter der glühenden Sonne, in sein Zimmer zurückgekehrt. Er fächelte sich dort genußvoll Kühlung zu, während er auf die Stunde wartete, zu der er sich in seinen schwarzen Frack zu werfen hatte – ein Zwang, von dem keine Temperatur imstande war eine offizielle Persönlichkeit in Ausübung ihrer Amtspflichten zu entbinden – als die Ordonnanz vom Dienst, ein Kapitulant der Kolonialarmee, der die hiesigen Verhältnisse der Region ›bis in die kleinsten Winkel‹ kannte, ihm die Meldung überbrachte, daß zwei Personen von ihm empfangen zu werden wünschten.
»Was für Personen?« fragte Barsac.
Die Ordonnanz gab durch ein Zeichen zu verstehen, daß er keine Ahnung habe.
»Ein Mann und eine Dame, die zu ihm gehört«, erklärte er einfach.
»Kolonisten?«
»Würde ich meinen, ihrem Gehaben nach«, antwortete die Ordonnanz. »Der Mann ist groß und hat nur wenig Gras auf der Kuppe.«
»Gras auf der Kuppe? …«
»Er ist so kahl, wie nur einer sein kann. Mit einem strohblonden Backenbart und Augen wie dicke Knöpfe.«
»Sie benutzen da wirklich Vergleiche! …« sagte Barsac. »Und die Frau?«
»Die Frau?«
»Ja. Wie ist sie? … Jung?«
»Ziemlich.«
»Hübsch?«
»Ja, und hübsch aufgemacht! …«
Barsac zwirbelte mechanisch seinen Schnurrbart.
»Lassen Sie sie eintreten«, sagte er.
Während er diesen Befehl erteilte, sandte er unbewußt einen Blick in den Spiegel, der ihm sein beleibtes Porträt entgegenhielt. Hätte er seine Gedanken nicht anderswo gehabt, würde er haben feststellen können, daß die Standuhr auf sechs Uhr zeigte. Infolge der Unterschiede in den Längengraden war dies gerade der Zeitpunkt, zu dem der Angriff auf die Filiale DK der Central Bank begann, der den Gegenstand des ersten Kapitels dieser Erzählung gebildet hat.
Die Besucher, ein Mann in den Vierzigern, dem ein junges Mädchen von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren folgte, wurden in das Zimmer geführt, in dem Barsac den Zauber des Farniente genoß, bevor er sich den Mühsalen eines offiziellen Diners aussetzte.
Der Mann war in der Tat groß. Ein Paar endlos langer Beine trug einen verhältnismäßig schmächtigen Oberkörper, der in einen langen, knochigen Hals mündete, welcher seinerseits einem langen, schmalen Kopf als Untersatz diente. Wenn die Augen auch nicht gerade – dem Ausspruch der in überspitzten Vergleichen schwelgenden Ordonnanz entsprechend – wie ›dicke Knöpfe‹ wirkten, konnte man doch nicht bestreiten, daß sie etwas aus dem Kopf hervorquollen, noch daß
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