Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
Sklavin«, sagt er. »Wieviel?«
Bravo, Monsieur Barsac! Eine gute Idee!
Der Neger sieht eine Gelegenheit für ein vorteilhaftes Geschäft und wird besserer Laune. Er verlangt einen Esel, ein Gewehr und fünfzig Francs.
»Fünfzig Stockschläge!« antwortet Monsieur Barsac. »Das ist alles, was du verdienst.«
Sie beginnen zu handeln. Schließlich gibt der Schelm seine Sklavin für ein Steinschloßgewehr, ein Stück Stoff und fünfundzwanzig Francs her. Das ist wahrhaftig geschenkt.
Während diese Diskussion stattfand, hatte Mademoiselle Mornas Malik vom Boden aufgehoben und ihre Wunden mit Schibutter behandelt. Nachdem das Geschäft zustandegekommen war, führte sie sie in unser Lager, bekleidete sie mit einem weißen Kittel und gab ihr etwas Geld in die Hand.
»Jetzt bist du keine Sklavin mehr«, sagte sie zu ihr. »Ich schenke dir die Freiheit.«
Da aber bricht Malik in Tränen aus! Sie steht allein auf der Welt und will ›so gute Weiße‹ nicht verlassen. Sie will als Jungfer bei ihr bleiben und ihr lebenslänglich dienen. Sie weint, sie fleht.
»Behalte sie, Mädchen«, mischt Saint-Bérain sich ein. »Sie wird dir sicher von Nutzen sein und dir all die tausend kleinen Dienste erweisen, auf die eine Frau, selbst wenn sie ein Mann ist, nicht verzichten kann.«
Mademoiselle Mornas gab um so lieber nach, als sie selbst ganz versessen auf diese Lösung war. Malik, die nicht wußte, wie sie Saint-Bérain, der für sie eingetreten war, ihre Dankbarkeit bezeigen sollte, fiel ihm um den Hals und küßte ihn auf beide Wangen. Saint-Bérain gestand mir am nächsten Tag, daß nichts im Leben ihm jemals so unangenehm gewesen sei.
Ich brauche wohl nicht erst hinzuzufügen, daß Mademoiselle Mornas es für besser hielt, es nicht noch ein drittes Mal mit der Gastfreundschaft der Eingeborenen zu versuchen. Man stellte ein Zelt für sie auf, in dem denn auch nichts mehr ihren Schlaf störte.
So verlief unser erster Tag.
Die folgenden werden ihm sicherlich weitgehend ähnlich sein. Daher werde ich über sie nicht im einzelnen berichten, und bis das Gegenteil angezeigt scheint, möge stillschweigend der Spruch gelten: ›Ab uno disce omnes.‹
AMÉDÉE FLORENCE
V.
Zweiter Artikel von Monsieur Amédée Florence
Der zweite Artikel von Monsieur Amédée Florence erschien in der ›Expansion française‹ vom 18. Januar. Man findet ihn hier im vollen Wortlaut abgedruckt.
Die Expedition Barsac
(Depesche unseres Spezialkorrespondenten)
Ein Tag folgt dem anderen. – Ich habe einen Gast. – Ballett! – Ich bin indiskret. – Monsieur de Saint-Bérains wunderbarer Fischzug. – Boronya. Eine Ehrung für mich. – Timbo! Achtundvierzig Stunden Rast. Büffet. – Alles rosig im Schwarzen Erdteil. – Hat Monsieur Barsac doch am Ende recht. – Ich bin ratlos.
DAOUHÉRICO, 16. Dezember. – Seit meiner letzten Depesche, die ich am Abend unserer Abreise mitten im Busch beim flackernden Licht einer Laterne verfaßt habe, ist unsere Reise glücklich verlaufen und infolgedessen nichts Besonderes zu berichten.
Am 2. Dezember brechen wir um fünf Uhr morgens unsere Zelte ab, und unsere um eine Einheit – oder soll ich wagen, von einer halben Einheit zu sprechen, da eine Weiße zwei Schwarze aufwiegt – vermehrte Karawane setzt sich in Bewegung.
Man hat einen Esel entladen und die Ballen, die er trug, auf die anderen verteilt, um ihn Malik zu geben. Wie ein Kind, das sie ja ist, scheint die kleine Negerin das vergangene Leid vergessen zu haben. Ein glückliches Naturell!
Seither verfolgen wir immer die gleiche Straße, die auch weiterhin gut und leicht passierbar ist, und wären nicht die Farbe der Bevölkerung, die uns umgibt, sowie die Kargheit der Landschaft, könnten wir uns einbilden, wir hätten Frankreich überhaupt nicht verlassen.
Die Landschaft ist nämlich nicht schön. Wir durchqueren ein flaches oder doch nur schwach gewelltes Terrain mit hier und da mäßigen Erhebungen am nördlichen Horizont. So weit das Auge reicht, erblicken wir nur jene verkümmerte Vegetation, eine Mischung aus Gestrüpp und zwei bis drei Meter hohen Gräsern, die man unter dem Gattungsnamen ›Busch‹ zusammenfaßt. Von Zeit zu Zeit taucht ein kleines Waldstück auf, das kümmerlich erscheint infolge der periodisch auftretenden Brände, die während der trockenen Jahreszeit diese Savannen verwüsten; zuweilen begegnet man auch bebauten Feldern, ›lougans‹, wie die Eingeborenen sie nennen, und darauf meist auch recht
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