Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
niederlegen, als ich bei meiner Nachbarin noch sprechen hörte. Anstatt mir die Ohren zu verstopfen, lauschte ich. Das war das besagte Unrecht.
    Mademoiselle Mornas unterhielt sich mit ihrem Bedienten, Tongané, der ihr in einem ziemlich eigenwilligen Englisch antwortete, das ich Ihren Lesern zuliebe in korrektes Französisch zu übersetzen gedenke. Offenbar war das Gespräch schon eine Weile in Gang. Mademoiselle Mornas fragte Tongané nach seinem bisherigen Leben. In dem Augenblick, in dem ich die Ohren zu spitzen begann, fragte sie ihn gerade: »Wie kommt es, daß ein Aschanti wie du …«
    Sieh da! Tongané ist kein Bambara. Das ahnte ich freilich nicht.
    » … Senegalschütze geworden ist? Du hast es mir schon gesagt, als ich dich angestellt habe; ich erinnere mich aber nicht mehr.«
    Kommt es mir nur so vor, oder scheint es mir mit Recht so, als ob Mademoiselle Mornas hier nicht ganz aufrichtig ist?
    Tongané antwortet ihr.
    »Es war nach der Buxtonaffäre.«
    Buxton? … Den Namen habe ich doch schon gehört. Aber in welchem Zusammenhang? … Während ich weiter lausche, versuche ich mich zu erinnern.
    » … Ich war bei seiner Expedition«, fährt Tongané fort, »als die Engländer gekommen sind und auf uns geschossen haben.«
    »Weißt du, weshalb sie geschossen haben?« wünscht Mademoiselle zu wissen.
    »Weil Hauptmann Buxton sich empört, weil er geplündert und alles niedergemacht hat.«
    »Ist das wirklich wahr?«
    »Ganz wahr. Die Dörfer wurden in Brand gesteckt, die armen Neger, die Frauen, die kleinen Kinder getötet …«
    »Und hat tatsächlich Hauptmann Buxton diese Scheußlichkeiten angeordnet?« dringt Mademoiselle Mornas mit, wie mir scheint, veränderter Stimme, weiter in ihn.
    »Nein«, antwortet Tongané. »Man sah ihn nie. Seit der Ankunft eines anderen Weißen kam er nie mehr aus seinem Zelt. Dieser andere Weiße hat uns Befehle im Namen des Hauptmanns erteilt.«
    »Und dieser andere Weiße war schon lange bei euch?«
    »Sehr lange. Fünf oder sechs Monate, vielleicht sogar mehr.«
    »Wo habt ihr ihn getroffen?«
    »Im Busch.«
    »Und Hauptmann Buxton hatte ihn so ohne weiteres mit aufgenommen?«
    »Sie waren immer zusammen bis zu dem Tag, von dem an der Hauptmann sein Zelt nicht mehr verließ.«
    »Sicher haben von diesem Tage an erst die Grausamkeiten begonnen?«
    Tongané zögert.
    »Ich weiß nicht«, gesteht er.
    »Und der Weiße«, fragt Mademoiselle Mornas, »kannst du dich noch erinnern, wie er hieß?«
    In diesem Augenblick übertönt ein Geräusch von außen her Tonganés Stimme. Ich weiß nicht, was er geantwortet hat. Es kann mir ja schließlich auch gleichgültig sein. Auf jeden Fall ist diese ganze Geschichte nicht mehr aktuell und interessiert mich infolgedessen im Grunde nicht.
    Doch Mademoiselle Mornas fragt weiter.
    »Und was ist aus dir geworden, nachdem die Engländer auf euch geschossen hatten?«
    »Ich habe es Ihnen in Dakar gesagt, als Sie mich engagierten«, entgegnet Tongané. »Ich und viele andere haben Angst gehabt und sind durch den Busch geflüchtet. Dann bin ich zurückgekommen, aber es war niemand mehr an dem Ort, wo das Gefecht stattgefunden hatte. Es gab nur noch Tote. Ich habe ein paar von ihnen begraben, die, die meine Freunde waren, und auch den Chef, Hauptmann Buxton …«
    An dieser Stelle vernehme ich einen erstickten Ausruf.
    »Darauf«, fährt Tongané fort, »bin ich von Dorf zu Dorf geirrt, bis ich an den Niger gekommen bin. In einer gestohlenen Piroge bin ich stromaufwärts gefahren und in Timbuktu angekommen, als es gerade von den Franzosen in Besitz genommen wurde. Ich hatte fast fünf Jahre für die Reise gebraucht. In Timbuktu habe ich mich als Schütze anwerben lassen und bin, als ich entlassen wurde, nach Senegal gegangen, wo Sie mich angetroffen haben.«
    Nach kurzem Schweigen fragt Mademoiselle Mornas:
    »Hauptmann Buxton war also tot?«
    »Ja, Herrin.«
    »Und du hast ihn begraben?«
    »Ja, Herrin.«
    »Und du weißt, wo sein Grab ist?«
    Tongané lacht.
    »Aber sicherlich. Ich würde es mit geschlossenen Augen finden.«
    Wieder tritt Stille ein. Dann höre ich:
    »Gute Nacht, Tongané.«
    »Gute Nacht, Herrin«, antwortet der Neger, der das Zelt verläßt und sich entfernt.
    Mademoiselle Mornas geht schlafen, und ich tue, ohne mich noch lange zu verweilen, das gleiche.
    Buxton? … Aber natürlich weiß ich Bescheid! Wo habe ich nur meinen Kopf gehabt? Was für eine fabelhafte Reportage habe ich damals versäumt!
    Ich war zu jener,

Weitere Kostenlose Bücher